Rechte Polizisten - durch Beamtenstatus geschützt?
Wenn Polizeibeamte mit rechter Gesinnung auffallen, würde man meinen, dass sie ihre Arbeit nicht mehr ausüben dürfen. Sie sind gesetzlich verpflichtet, aktiv für die Demokratie und ihre Werte einzustehen. Recherchen von Panorama 3 zeigen, sie sind durch den Beamtenstatus geschützt.
Simon Neumeyer war Polizeischüler. Seine Ausbildung zum Polizisten hat er jedoch abgebrochen, weil er die offen rassistischen Nachrichten seiner Mitschüler an der Polizeischule in Leipzig nicht mehr ertragen konnte. Es waren Nachrichten wie: "Wir sind aus Cottbus und nicht aus Ghana, wir hassen alle Afrikaner!"
"Das geht nicht, wir sind Polizeibeamte"
"Ich bin die einzige Person gewesen, die sich offen dagegen ausgesprochen hat, solche fremdenfeindlichen Sätze in den Mund zu nehmen und gesagt hat: Das geht nicht, wir sind Polizeibeamte", erzählt Neumeyer. Doch nicht nur die Polizeischüler hätten so gesprochen, sondern auch die Ausbilder. Die Polizei Sachsen erklärt auf Panorama 3-Nachfrage, sie habe "keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von rassistischen und antisemitischen Tendenzen" beim Lehrpersonal feststellen können. Simon Neumeyer ist sich aber sicher, was er gehört hat. Er vermutet allerdings ein größeres, ein strukturelles Problem.
Den Angestellten wird sofort gekündigt
Panorama 3 hat in den norddeutschen Bundesländern gefragt, wie viele Fälle von mutmaßlich rechtsextremen Polizisten es in den Landespolizeien gibt. Seit Mitte 2014 sind mindestens 54 Fälle registriert. Die Zahl ist nicht verlässlich, denn dabei handelt es sich nur um die dokumentierten, noch nicht gelöschten Fälle. Bei einfachen Vergehen muss der Eintrag bereits nach einem Jahr gelöscht werden. Wie hoch die Dunkelziffer ist, bleibt unklar.
Doch es macht einen großen Unterschied, ob die Polizisten angestellt oder verbeamtet sind. Von den 50 auffälligen Beamten wurden nur vier entlassen. Die auffälligen Angestellten dagegen wurden sofort gekündigt - bei vergleichbaren Taten. Nur ein Fall eines Angestellten ist so frisch, dass darüber noch nicht entschieden wurde.
Beamtenstatus kann vor harter Strafe schützen
Der Grund für diesen Unterschied liegt im Beamtenrecht, sagt der Kieler Anwalt Prof. Josef Konrad Rogosch. "Dann greift ein althergebrachter Grundsatz: die Fürsorgepflicht. Die gebietet Schutz für den Beamten durch den Dienstherrn", sagt Rogosch. Einem Angestellten könne man auch auf Verdacht kündigen. Beamte dagegen können nur wegen besonders heftiger Vergehen entlassen werden, rechte Sprüche gehören meistens nicht dazu.
Wenn Polizisten mit rechtem Gedankengut auffallen, ist der Ablauf immer der gleiche: Es wird ein internes Disziplinarverfahren eingeleitet - und immer auch ein Strafverfahren. So lange das Strafverfahren läuft, ruht das Disziplinarverfahren. Dieser Prozess kann sich über Monate ziehen und sich positiv für den Betroffenen auswirken. Denn häufig gilt: je länger das Verfahren, desto milder das Urteil.
Hinzu kommt, dass das Strafverfahren häufig ohne Ergebnis eingestellt wird, weil beispielsweise Rassismus allein keine Straftat ist. Dies mildert auch das Ergebnis des Disziplinarverfahrens, obwohl jenes eigentlich Rassismus bestrafen könnte. "Das heißt, man wird nicht gleich dann aus dem Beamtenverhältnis entfernt, sondern es kommt vielleicht zu einer Gehaltskürzung oder einer Maßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis", erklärt Beamtenrechtler Rogosch.
Besonderer Status - kaum Pflichten?
Dabei haben Beamte laut Gesetz eigentlich besondere Pflichten gegenüber dem Staat. Sie müssen durch ihr gesamtes Verhalten aktiv für die Demokratie und ihre Werte einstehen. Etwas, das Rechtsextreme nicht erfüllen könnten, sagt Prof. Rogosch.
Die Hamburger Polizei hat sich ein neues Programm gegen Rechte in den eigenen Reihen überlegt. Ein Teil richtet sich an Schüler und Studierende der Akademie. Der zweite Teil richtet sich an die Kollegen, die schon viele Jahre im Dienst sind. Für den Leiter der Akademie, Thomas Model, ist das ein erster Schritt, denn er will ein "Klima der Lauten" schaffen: "Wichtig ist, dass wir gemeinsam deutlich machen: Das wird an keiner Stelle geduldet. Nicht ich als Chef, sondern wir insgesamt. Wir Polizistinnen und Polizisten wollen das nicht."