Merkels Vermächtnis: Wie ihre Gegner sie sehen
Hubert Sieweke aus Schwerte war sein ganzes Leben CDU Wähler. Doch was Angela Merkel angeht, hatte der ehemalige Steuerberater sehr früh Vorbehalte. Schon 2004, als er die damalige CDU-Vorsitzende bei einer Wahlkampfveranstaltung erlebte: "Frau Merkel kam als Nobody und hatte auch viel aus der deutschen Historie ausgeblendet. Wo soll das auch hergekommen sein? Und deswegen habe ich damals meine Zweifel gehabt, ob Frau Merkel, so wie sie sich gibt und mit so wenig wirtschaftswissenschaftlichem Hintergrund, den sie hatte, dass die eine gute Kanzlerin sein kann."
Hubert Sieweke hält sie bis heute für keine gute Kanzlerin, obwohl sie seit dreizehn Jahren das Land regiert.
Merkel blieb vielen suspekt
Es ist spürbare Entfremdung zwischen Teilen des bürgerlichen Milieus in Westdeutschland und der Bundeskanzlerin. Eine Ablehnung, die offenbar schon lange unterschwellig da war. Als Merkel 2005 Bundeskanzlerin wurde, passte sie nicht so recht ins konservative Weltbild. Im Osten aufgewachsen, kinderlos und dann auch noch eine Frau - Merkel blieb vielen zunächst einmal suspekt. Auch weil sie das Profil der CDU nach links verschob. Die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin schließlich stieß in Teilen der Partei auf regelrechte Ablehnung.
Der ehemalige Rechtsanwalt Ulrich Sauer aus Karlsruhe etwa schrieb Angela Merkel schon im Dezember 2015 einen Brief und forderte sie zum Rücktritt auf: "Offensichtlich haben Sie sich in ein anderes Land, 'Angela Wunderland', aufgemacht (...) - in ein Land, in dem Willkommenskultur für Migranten (...) als Staatsziel in der Verfassung verankert ist." Dass Angela Merkel nun den CDU Vorsitz abgeben will, reicht Sauer nicht. "Wenn es besser werden soll, dann muss Frau Merkel gehen." Auch als Bundeskanzlerin, so der Mann, der seit 58 Jahren Mitglied der CDU ist.
Kritik auch von der FDP
Dieser Meinung sind auch viele Liberale, etwa der FDP-Fraktionsvorsitzende in Baden-Württemberg, Hans-Ulrich Rülke. Bis heute gibt er Merkel die Hauptschuld für den Niedergang der FDP in der schwarz-gelben Koalition von 2009 bis 2013. Auch, wenn er zugibt, dass sich die FDP nicht ausreichend gewehrt habe. Doch Merkel sei als Machtpolitikerin einfach gnadenlos. "Da gibt es keine Linie der Überzeugung. Sondern was es gibt, ist eine Programmatik der Macht. Und dort, wo eine Veränderung der Position notwendig ist, um an der Macht zu bleiben, wird diese ohne längeres Nachdenken vollzogen und exekutiert."
Doch ist der unbedingte Wille zur Macht nicht etwas ganz Normales in der Politik? Und ist er vielleicht deswegen so besonders, weil es eine Frau ist, die ihre männlichen Widersacher an den Rand der Verzweiflung gebracht hat? "Es waren keine Kämpfer da", sagt Hubert Sieweke. "Merz wäre derjenige gewesen, der es hätte machen können. Aber er hat eben nicht gekämpft. Dann macht euren Mist alleine."
Merz taucht nach 13 Jahren wieder auf
Erst jetzt, wo Merkel freiwillig Platz macht, traut sich Merz wieder aus der Deckung. Nach 13 Jahren, die Angela Merkel regiert hat. Auf eine Art und Weise, die selbst ihren größten Kritikern dann doch irgendwie Respekt abnötigt. Hans-Ulrich Rülke: "Ich glaube auch nach wie vor, man kann von ihr lernen. Da sind auch sicherlich Techniken dabei, Judo-Griffe, die durchaus faszinierend sind. Es ist jetzt nicht so, dass ich mit Schaum vor dem Mund vor Frau Merkel davon laufe. Sondern sie ist nach wie vor ein interessantes Phänomen."