AfD-Spitzenkandidat handelt mit Hakenkreuzen
Eigentlich ist Rudolf Müller ein ganz normaler Bürger. Lehramtsstudium, Besitzer eines kleinen Antiquitätengeschäfts mitten in der Saarbrücker Altstadt. Er ist Spitzenkandidat der AfD im Saarland für die Landtagswahl 2017. Über den AfD-Landesverband Saarland wurde schon viel berichtet. Das Magazin "Stern" hatte im März aufgedeckt, dass die beiden AfD-Landesvorsitzenden Josef Dörr und Lutz Hecker intensive Kontakte zu Rechtsextremisten gepflegt hatten. Der Bundesvorstand der AfD wollte den Landesverband Saar daraufhin auflösen. Das Verfahren vor dem parteiinternen Schiedsgericht läuft noch.
Orden mit Hakenkreuz für 50 Euro
Als vermeintlicher Saubermann soll Rudolf Müller nun die AfD in den Wahlkampf führen. Er betont stets, dass man mit Rechtsextremisten nichts am Hut habe. Doch auch Müller hat ein Nazi-Problem. Das zeigen Recherchen des "Stern" und von Panorama. Der "Stern" hatte über einen Testkäufer herausgefunden, dass Rudolf Müller in seinem Antiquitätengeschäft Orden aus der Zeit des Nationalsozialismus verkauft, die mit Hakenkreuzen versehen sind. Auch ein Panorama-Reporter konnte bei Müller einen solchen Orden erwerben - für 50 Euro.
Dabei ist der Verkauf von Nazi-Orden mit Hakenkreuz laut Strafgesetzbuch, Paragraph 86a, in Deutschland verboten. Dort ist geregelt: "Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer (...) Kennzeichen [verfassungswidriger Organisationen] verbreitet (...)." Und auch im Gesetz über "Titel, Orden und Ehrenzeichen" heißt es unter Paragraph 6 (2): "Abzeichen mit nationalsozialistischen Emblemen (...) dürfen weder hergestellt noch angeboten, feilgehalten, verkauft oder sonst in Verkehr gebracht werden."
"Dann ergibt sich das"
Im Gespräch mit Panorama sagte Rudolf Müller, dass ihm dieses Verkaufsverbot nicht bekannt gewesen sei. Wenn dem so sei, wolle er sich zukünftig an das Verbot halten. Auf die Frage, warum er überhaupt mit Nazi-Orden handele, antwortete Müller: "Wissen Sie, zu mir kommen Leute, die leeren eine Kiste mit Schmuck, Modeschmuck oder sonst was aus. Und dann ist das Zeug eben dabei. Dann ergibt sich das." Ob sich der Verkauf von Nazi-Orden für einen AfD-Spitzenkandidaten zieme? Darauf räumte Müller ein: "Das ziemt sich nicht, nein." Warum er es trotzdem tue, konnte er nicht erklären.
Handel mit Geld aus Konzentrationslagern
Doch Rudolf Müller verkauft nicht nur Orden aus der Nazi-Zeit, sondern auch sogenanntes "Lagergeld" aus dem Konzentrationslager Theresienstadt aus dem Jahr 1943. Dabei handelte es sich um eine eigene Pseudo-Währung für die Gefangenen des Konzentrationslagers. Die Nationalsozialisten wollten mit den Geldscheinen einen geregelten Lageralltag vortäuschen, kaufen konnte man sich dafür jedoch kaum etwas. Noch dazu wurde das Judentum auf den Banknoten diffamierend dargestellt. Müller nimmt in seinem Geschäft 15 Euro pro Geldschein. Sowohl der "Stern" als auch Panorama konnten bei ihm mehrere Exemplare erstehen.
Ein moralisches Problem mit dem Verkauf von Geld aus Konzentrationslagern hat Müller nicht. Auf den Vorhalt, dass es ziemlich zynisch sei, mit dem Verkauf der Banknoten Geld zu verdienen, sagte Müller lediglich: "Ob es sich dabei um große Verdienste handelt, das möchte ich bestreiten. Es sind sehr kleine Beträge, die bei mir nebenher laufen, neben dem üblichen Handel."
Nach der Berichterstattung von "Stern" und Panorama ist auch die Staatsanwaltschaft Saarbrücken auf die Geschäfte von Müller aufmerksam geworden und hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Ein Sprecher teilte dem SR mit, dass der Anfangsverdacht einer Straftat nach Paragraph 86a Strafgesetzbuch bestehe.
AfD-Chef Jörg Meuthen kritisiert das Verhalten von Rudolf Müller, es sei "mit der Mitgliedschaft in der AfD nicht vereinbar".