Stand: 11.03.2014 13:09 Uhr

Brief an Panorama

Der Panorama Beitrag zur systematischen Benachteiligung von Familien in der Rentenversicherung hat hohe Wellen geschlagen und für eine lebhafte Diskussion gesorgt. Auch eine unserer Interviewpartnerinnen, Anja Uhling, ist mit der Darstellung in Panorama nicht einverstanden. Sie hat sich auf Ihrer Webseite ausführlich zu Wort gemeldet. Panorama dokumentiert Ihren Brief, sowie die Antwort des zuständigen Redakteurs Thomas Berbner. Panorama hat Frau Uhlig angeboten, das ungeschnittene Interview auf unserer Webseite zu veröffentlichen.

Die Buchautorin Anja Uhlig. © NDR/ARD
Buchautorin Anja Uhlig.

Hallo Herr Berbner,

dass ich entsetzt bin über das, wofür Sie mich da missbraucht haben, muss ich Ihnen sicher nicht mitteilen. Aber ich möchte Ihnen sagen, dass ich es sehr schade finde, dass ein so komplexes Thema - zu dem ich wirklich mehr mitgeteilt habe, als die beiden Zitate vermuten lassen - auf ein solches Niveau heruntergedimmt wird. Das hat das Thema nicht verdient.

Ich hatte mich intensiv auf das Thema vorbereitet, Zahlen und Zusammenhänge recherchiert zur Familienförderung, zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung, zum demographischen Wandel, zu Geburtenraten im Wandel der letzten 130 Jahre, zur volkswirtschaftlichen Notwendigkeit der Gleichzeitigkeit von Elternschaft und Kinderlosigkeit, zu den ganzen komplexen Zusammenhängen; mir war wichtig klarzustellen, dass die Linien für die allermeisten Kinderlosen und auch für die allermeisten Eltern nicht zwischen Familien und Kinderlosen verlaufen, dass ich die Armut, in der hier viele Kinder leben, unerträglich finde, dass niemand Fronten will…

Eine halbe Stunde (!) habe ich genau zu alledem gesprochen und immer wieder gesagt, dass das eine komplexe Debatte ist und dass ich mir nicht anmaße, sie entscheiden zu können, sie aber seriös führen möchte – und Ihr Ziel war wohl von vornherein, mich als maximal egozentrisch und völlig desinteressiert am Wohlergehen von Familien und Kindern darzustellen.Damit hatte ich nicht gerechnet. Und “Panorama” hatte ich so etwas nicht zugetraut – ich dachte, es gehe um beide Enden der Debatte, und ich sei am einen Ende eingeplant. Damit hätte ich gut leben können, wenn überhaupt Argumente von mir gebracht worden wären. Meine gründliche Befassung mit den Zahlen und meine Fragen und Abwägungen zum Thema wurden mit größter Konsequenz herausgeschnitten. Seriöser Journalismus ist etwas anderes. Und menschlich akzeptabler Umgang sowieso.

Unser Buch haben wir übrigens genau gegen polarisierende und herabsetzende Haltungen wie Ihre geschrieben. Aber Sie hatten ja nicht die Größe, hineinzuschauen.

Dass in dem Beitrag tatsächlich das Wort “parasitär” vorkommt (auch wenn Sie es nicht selbst verwendet, sondern durch ein Zitat von Schreiber eingebracht haben), macht mir Angst. Wenn Sie das ernst meinen: Was sind dann für Sie zum Beispiel schwerbehinderte Menschen, die ja meist erstens kinderlos bleiben und zweitens auch nie in die Rentenkassen einzahlen? Sind Sie sich eigentlich der Geschichte und der Konsequenzen solcher Ausdrücke, angewendet auf Menschen, bewusst?

Erfreulicherweise wird die Diskussion in den Zuschauer_innen-Kommentaren auf der Panorama-Website differenzierter geführt, als es Ihnen möglich war.

Ich bitte Sie, mir eine DVD mit dem kompletten aufgezeichneten Interview aus dem „Odyssee“ zukommen zu lassen und mir zu gestatten, es auf unserer Website und/oder auf Youtube zu veröffentlichen.

Gruß,

Anja Uhling

 

Weitere Informationen

Die Antwort von Thomas Berbner.

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Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 06.03.2014 | 22:00 Uhr

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