Ossibashing durch Panorama?
Von Volker Steinhoff, Redaktionsleiter Panorama
Glaubt man einigen Zuschriften, hat Panorama ein großes Problem: pauschale Diffamierung von Ostdeutschen. "Ossis pauschal als Rassisten und Fremdenfeinde zu diffarmieren (sic), bringt wahrscheinlich mehr Quote", so etwa die Zuschrift eines FDP-Politikers aus Dresden. Daran ist nicht nur alles falsch - die Zuschrift weist zum eigentlichen Kern des Problems.
Aber der Reihe nach: Einen quotensteigernden Effekt solcher Beiträge (die Rassismus etc. an einem ostdeutschen Ort zeigten) konnten wir seit 1989 nie feststellen, obwohl uns die Minutenverlaufskurven vorliegen. Stimmt dann zumindest der Vorwurf, "Ossis pauschal als Rassisten und Fremdenfeinde zu diffarmieren (sic)"? Auslöser der FDP-Zuschrift ist dieser Beitrag:
Im Westen fühlt sich niemand pauschal beleidigt
Darin wird ein Ort in Sachsen nicht gerade von seiner besten Seite gezeigt: Freital. Solche Beiträge über einzelne Orte gibt es immer wieder in unseren Sendungen, etwa über Escheburg, Bückeburg, Dortmund oder im ländlichen Hessen.
Komisch, dass sich dort nach der Ausstrahlung niemand darüber beschwerte, Niedersachsen, Hessen oder Nordrhein-Westfalen würden pauschal verunglimpft. Liegt das vielleicht daran, dass alle genannten Orte im Westen liegen? Und dass die Verhältnisse nun mal so sind oder waren, wie sie dargestellt wurden? Dass man auf unseren Freital-Bericht auch ganz anders reagieren kann, zeigt übrigens dieser Kommentar. Und auch Sachsens Integrationsministerin "schämt sich für ihre Landsleute".
Wenn also die Fakten des FDP-Vorwurfs nicht stimmen, wo liegt dann das eigentliche Problem? In der Vermittlung des politisch-korrekten Klischees "West = Ost"! Genau wegen solcher Beschimpfungen wie der oben zitierten bemühen sich Journalisten nämlich seit Jahren, auch im Westen genauso schlimme braune Gewalt zu finden, genauso krassen Rassismus usw. - und produzieren dann entsprechende Beiträge. Wer aber oft vor Ort ist, weiß: Das ist nicht die Realität - auch statistisch nicht!
Wir waren in Freital und an anderen Orten
Mal ein Beispiel: Unsere Reporter waren sowohl bei einer Bürgerversammlung in Freital als auch im Hamburger Stadtteil Jenfeld. Während in Freital den wenigen "Flüchtlingsfreunden" in Anwesenheit des sächsischen Innenministers sogar das Mikrofon abgedreht (und uns der Dreh dieses Vorgangs verboten) wurde, äußerste sich bei der Versammlung in Jenfeld kaum ein "Flüchtlingsfeind" (trotz vorher berichteten Protesten), obwohl die Mikros allen offen standen.
Eine massiv unterschiedliche Atmosphäre, die nie berichtet wird - wegen des gutgemeinten West = Ost. Wir alle sollten aufhören damit und die Realität ungeschminkt zeigen! Also nochmal: Freital hat ein größeres Problem als Boostedt.