G20: Haftbefehl gegen Fabio V. aufgehoben
Der Haftbefehl gegen den im Zusammenhang mit den G20-Ausschreitungen angeklagten Italiener Fabio V. ist aufgehoben worden. Das Amtsgericht Altona traf diesen Beschluss am Mittwoch, wie ein Justizsprecher "Panorama" auf Anfrage bestätigte.
Seit Ende November war der Vollzug des Haftbefehls gegen den 19-Jährigen gegen harte Auflagen ausgesetzt gewesen. Der Angeklagte aus Norditalien musste 10.000 Euro Kaution hinterlegen, in Hamburg eine Wohnung nehmen und sich dreimal wöchentlich bei der Polizei melden. Diese Auflagen entfallen nun. Die Kaution muss dem Angeklagten zurückgezahlt werden. Die Hamburger Staatsanwaltschaft teilte Panorama auf Anfrage mit, dass sie keine Rechtsmittel gegen die Aufhebung des Haftbefehls einlegen wolle.
Verfahren gegen Fabio V. ist von besonderer Bedeutung
Fabio V. ist vor dem Amtsgericht Altona wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, versuchter schwerer Körperverletzung und schweren Landfriedensbruchs angeklagt. Panorama hat mehrfach über den Fall berichtet. Vom 07. Juli bis zum 27. November 2017 saß der junge Mann aus Norditalien in Untersuchungshaft. Die Polizei hatte ihn nach der gewaltsamen Auflösung einer Demonstration gegen den G20-Gipfel zusammen mit mehr als 70 Anderen festgenommen. Gegen all diese Demonstranten laufen Ermittlungsverfahren. Allein Fabio V. wurde bislang angeklagt.
Die Staatsanwaltschaft räumt ein, dass sie dem 19-Jährigen keine konkreten Gewalttaten zuordnen kann. Aus dem Protestzug, der insgesamt aus rund 200 Personen bestand, wurden laut Anklage 14 Steine und vier Brennfackeln in Richtung der Polizisten geworfen.
Das Verfahren gegen Fabio V. hat eine gewisse Präzendenzrolle für die juristische Aufarbeitung der G20-Gewalttaten: Nach Meinung des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG), das sich schon zweimal mit dem Fall befasst hat, ist jeder des Landfriedensbruchs schuldig, der an der besagten Demonstration teilgenommen hat, unabhängig von der Frage, ob er oder sie eigenhändig Gewalt ausgeübt hat. Das OLG beruft sich auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Mai 2017, in dem die obersten deutschen Strafrichter "ostentatives Mitmarschieren" in einer gewaltbereiten Gruppe als ausreichend für eine Verurteilung werteten. Dadurch leiste der Teilnehmer "psychische Beihilfe".
BGH urteilte über Hooligans
Allerdings handelte es sich bei dem Fall, der der BGH-Entscheidung zugrunde lag, um den gezielten Überfall von Fußball-Hooligans auf eine gegnerische Fangruppe. Einen solchen Fall grenzten die BGH-Richter ausdrücklich von einer "politischen Demonstration", bei der nicht alle Teilnehmer die von einzelnen begangenen Gewalttaten billigen. Daher versucht die Staatsanwaltschaft im Prozess gegen Fabio V. zu beweisen, dass es sich bei dem Aufzug an jenem 07. Juli nicht um eine politische Demonstration gehandelt habe, die die gemeinschaftliche Kundgebung von Meinungen zum Zweck hatte, sondern um eine Gruppe, die auf Gewalt aus war.