"Stahlnetz: Dieser Fall ist wahr!"
Hoch-Zeit für Krimifans
"Stahlnetz" wurde in unregelmäßigen Abständen gesendet, gleichwohl blieb das Publikum der Serie treu. Ganz offensichtlich trafen Menge und Roland mit ihren Filmen den Zeitgeist. Krimis standen im Kino und Fernsehen der 1960er-Jahre hoch im Kurs. So liebten die Zuschauer die Fernsehfilme "Der Andere" und "Das Halstuch" von Francis Durbridge ebenso wie die für Kino und Fernsehen verfilmten Kriminalromane "Gestatten, mein Name ist Cox" von Malcolm F. Browne - ein Pseudonym, hinter dem sich das Schriftstellerehepaar Rolf und Alexandra Becker verbarg. Auch amerikanische und britische Krimis waren in den deutschen Fernsehprogrammen regelmäßig zu sehen. Eine regelrechte "Krimiwelle" rollte über die bundesrepublikanische Fernsehlandschaft, wie der Medienhistoriker Knut Hickethier konstatierte. Und die Zuschauer urteilten:
Kein Wunder also, dass "Stahlnetz" schnell zum Erfolg wurde. Rolands Anspruch, "echte" Fälle zu bieten, ging auf. Die Informationen für seine Fernsehkrimis bezog der Fernsehmacher von verschiedenen, ihm persönlich bekannten Kriminalpolizisten aus der ganzen Bundesrepublik.
Doch so viele reale Bezüge es in "Stahlnetz" zu echten Ermittlern und Verbrechen auch gegeben haben mag, ändert dies nichts an der Tatsache, dass Roland die Fälle für das Fernsehen aufbereitete und mit künstlerischen Mitteln inszenierte. Die Filme konnten also nie deckungsgleich mit der Realität sein, schon allein aus rechtlichen Gründen nicht. Persönlichkeitsrechte von Dritten mussten stets gewahrt bleiben. Jede Folge begann mit der Ankündigung: "Dieser Fall ist wahr! Er hat sich so zugetragen wie wir es zeigen. Nur Namen von Personen, Orten und Daten wurden verändert, um Unschuldige und Zeugen zu schützen".
Auf Spurensuche
Roland war Ende der 1960er-Jahre auf einem regelrechten Erfolgskurs. Immer neue Formate wurden für seine Krimigeschichten entwickelt, darunter ein Krimi-Rätsel unter dem Titel "Dem Täter auf der Spur". Das unterhaltende Format zielte auf die Lust zu kriminalistischer Spurensuche. Diese Vorliebe vieler Fernsehzuschauer griff auch die Programmzeitschrift "Hör zu!" auf. Dazu drehte sie sogar den Spieß einmal um und nahm im Oktober 1969 einen Fall genauer unter die Lupe. "Jürgen Roland hat in seinem letzten Fernsehkrimi 17 Fehler gemacht", zitierte die "Hör zu!" den Münchner Kripobeamten Hermann Schmitt. Damit unterstrich die Zeitschrift das, was den Reiz der Filme ausmachte, nämlich Fakt und Fiktion für das kriminalistische Genre zu verbinden.
"Mr. Stahlnetz ist tot" überschrieb das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" 2007 den Nachruf auf den Hamburger Filmemacher Jürgen Roland. Die frühe Krimireihe bildet einen Meilenstein in Rolands Schaffen, der dem Krimigenre ein Leben lang treu blieb. Vom "Polizeibericht meldet" über "Stahlnetz" führte sein Weg zu mehreren "Tatort"-Folgen und zu den zahlreichen Einsätzen des "Großstadtrevier"-Teams.
- Teil 1: "Echte Kriminalfälle" fürs Fernsehen
- Teil 2: "Die scharfe Waffe Fernsehen"
- Teil 3: Hoch-Zeit für Krimifans