Träume von fernen Ländern - "Zwischen Hamburg und Haiti"
Nur wenige Jahre nach Kriegsende ahnte der Journalist Werner Baecker, welche Träume der Hörer zwischen den Trümmerlandschaften und der Behelfswohnheime gestillt werden mussten. Die Sehnsüchte richteten sich auf ferne Länder: einmal an den Gardasee, ans Mittelmeer, in die Karibik reisen. Doch wer hatte in den fünfziger Jahren schon Geld für Reisen? Und wer Geld hatte, konnte als Deutscher in viele Länder nur mit einem Visum reisen, was weitgehend nur Geschäftsleuten, Politikern oder Journalisten vorbehalten war.
Werner Baecker hatte 1950 nach Einführung der Ultrakurzwelle (UKW) der NWDR-Leitungsebene einen Vorschlag für ein Reisemagazin am Sonntagvormittag gemacht. Dr. Walter Hilpert, in den fünfziger Jahren im Hamburger Funkhaus als Leiter der Abteilung "Wort" tätig, fand das Sendekonzept von Werner Baecker für ein unterhaltsames Reisemagazin am Sonntagmorgen sehr gut und so wurde "Zwischen Hamburg und Haiti" am 16. Mai 1951 erstmalig ausgestrahlt.
Verantwortlich für die Live-Ausstrahlung der Sendung aus dem Hamburger Funkhaus war Werner Baecker. Regisseur Wolfgang Schwade, die Sprecher und Techniker sowie Redakteur Baecker trafen sich am Sonntagmorgen bereits gegen 9 Uhr und waren mit den Vorbereitungen und einer technischen Probe bis viertel vor 11 Uhr beschäftigt. Dann holten alle tief Luft und um 11 Uhr ging es los.
Von Anfang an ein besonderes Markenzeichen
"Zwischen Hamburg und Haiti", das enorme Einschaltquoten verzeichnete, wurde schnell zu einem besonderen Markenzeichen des Rundfunks, es öffnete ein Fenster zur Welt. Werner Baecker betreute die Sendereihe allerdings nur ein Jahr, ihn zog es zum Fernsehen, wo er später als Leiter der "Aktuellen Schaubude" und später als Korrespondent in New York mit seiner legendären Sendereihe "New York, New York" Karriere machte.
Von 1952 bis 1964 übernahm die Redakteurin Ursula Klamroth das erfolgreiche Sendekonzept. An der redaktionellen Zielrichtung änderte sich nichts: Kurzbeiträge aus aller Welt in unterhaltsamer Form, in denen Politik nur am Rande vorkam, dafür aber interessante Beschreibungen von Land und Leuten aus fernen Ländern. Allerdings wurde unter Klamroths Leitung "Zwischen Hamburg und Haiti" nicht mehr als Live-Sendung, sondern vom Band gesendet.
Reiseimpressionen aus aller Welt
Der Sendeplatz am Sonntagmorgen, zur ruhigen Frühstückszeit, galt als ideal und machte "Zwischen Hamburg und Haiti" außerordentlich populär. Namhafte Autoren wie Peter von Zahn, Max Helmut Rehbein, Elef Sossidi, Susanne von Paczensky oder Hermann Rockmann schrieben für das beliebte Reisemagazin. Ursula Klamroth entsprach 1956 dem vielfachen Wunsch von Hörern, die Sendebeiträge in Buchform zu veröffentlichen. Im Schlösser-Verlag erschien im selben Jahr das Buch: "Zwischen Hamburg und Haiti - Weltenbummler erzählen".
Es sind reizvolle Reiseimpressionen aus aller Welt, die aus dem besonderen Blickwinkel der fünfziger Jahre geschrieben wurden und es ist zu spüren: Die Journalisten und Schriftsteller im Nachkriegsdeutschland waren voller Neugier und Dankbarkeit, in die fernen Länder reisen zu dürfen. Heute ist das zu einer Selbstverständlichkeit geworden, nahezu alle Reiseziele stehen uns offen.
Der stille Herr Asche
Nachdem Ursula Klamroth 1964 zum Fernsehen nach Lokstedt wechselte, übergab sie die Leitung von "Zwischen Hamburg und Haiti" an Wilhelm Asche, der zuvor in der Redaktion "Kulturelles Wort" im Funkhaus Hannover tätig war. Asche war ein Mann der stillen Töne. Er war sehr sensibel, hatte sehr gute kulturelle Grundkenntnisse, liebte das Feuilleton. Das hektische Funkhaus in Hamburg widersprach eigentlich seiner Natur, gern hätte er einen Redakteursstuhl im Feuilleton einer Zeitung gehabt.
Seine Sekretärin Ruth Jung wusste das und schirmte ihn so gut es ging von den Aufregungen eines Funkhauses ab. Der Producer Hans-Joachim Richter sorgte stets für gute Stimmung, brachte den stillen Redakteur auch manchmal zum Lachen. Mit Redakteur Harro Torneck und Rahmensprecherin Verena Wiet verband Asche eine lange Freundschaft.
Ein eingespieltes Team
In der redaktionellen Verantwortung von Wilhelm Asche war das "Zwischen Hamburg und Haiti"-Team von 1964 bis 1977 ein nahezu geschlossener Kreis von altbewährten Mitarbeitern. Bewährt hatte sich auch die Vorspann-Musik der Sendung: Am Anfang kam immer "Fiesta in Belo Horizonte" von Martin Böttcher, am Schluss "Conchita Ole" von Gerd Schmidt. Inhaltlich waren es immer fünf Kurzbeiträge aus aller Welt. Nur an den Feiertagen gab es Feature-Sendungen.
Wilhelm Asche sehnte sich im Kollegenkreis nach Harmonie, bekam sie aber in einem turbulenten Funkhaus nicht täglich und litt daher an schwankenden Stimmungen. Trotzdem: Dieser stille Redakteur war bei vielen im Hamburger Funkhaus sehr beliebt. Umso größer war der Paukenschlag, als 1977 ein schrecklicher Unfall auf der Autobahn diesen sehr sensiblen Mann aus dem Leben riss. Viele fragten damals: Warum gerade er?
Ungebrochene Beliebtheit
Harro Torneck, Freund und langjähriger Kollege, übernahm 1977 die Leitung von "Zwischen Hamburg und Haiti". Torneck war ein stets gutgelaunter Funk-Mann. Er hatte jahrzehntelang Beiträge für "Zwischen Hamburg und Haiti" realisiert. Sowohl bei Ursula Klamroth als auch bei Wilhelm Asche hatte er die redaktionelle Vertretung in der Urlaubszeit übernommen.
Torneck legte sehr viel Wert auf korrekte Kleidung, war im Funk äußerst kommunikativ, lachte gern im Kreis von Kollegen. Er liebte das Reisen, besuchte gern Konzerte und war ein emsiger Theatergänger.
Mit Wilhelm Asche verband ihn neben der erquicklichen Arbeit für "Zwischen Hamburg und Haiti" auch eine tiefe Freundschaft. So hielten sie auch privat einen engen Kontakt miteinander. Deshalb traf der plötzliche Tod seines Freundes Wilhelm Asche ihn besonders hart. Es war daher eine folgerichtige Entscheidung, dass der damalige Programmdirektor Wolfgang Jäger die redaktionelle Betreuung von "Zwischen Hamburg und Haiti" an Torneck übergab. Auch Harro Torneck änderte bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1980 am Sendekonzept des beliebten Reisemagazins nichts.