Sükran Gencay: Werdende Mutter und Basketball-Trainerin

Stand: 19.08.2023 19:59 Uhr

Sükran Gencay war der erste weibliche Headcoach im professionellen Herren-Basketball. Seit der vergangenen Saison steht sie bei Regionalligist TSV Bargteheide Bees an der Seitenlinie - mit besonderer Verstärkung.

von Irina Gnep

"Meine Tochter ist ja quasi jetzt schon dabei", lacht Gencay und streicht sich unbewusst über den Bauch. Die anstehende Saison in der 1. Regionalliga Nord wird eine besondere für die Bees-Trainerin: Sie ist im siebten Monat schwanger.

Neben Schwangerschaft und Job: Trainerin aus Leidenschaft

"Natürlich habe ich drüber nachgedacht, ob und wie das überhaupt geht", erzählt die 37 Jahre alte B-Lizenz-Trainerin dem NDR, "aber ich war schon immer so, dass ich Sachen einfach ausprobiert habe, und ich hatte die Lust und die Energie, weiterzumachen." Gencay trainiert Bargteheide seit der vergangenen Saison, in der der Club erstmals in der 1. Regionalliga auf Korbjagd ging.

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"Ich verdiene mein Geld nicht mit Basketball, sodass das wirklich Leidenschaft ist", erzählt die Vollzeit-Wirtschaftsingenieurin, die drei Abende in der Woche in der Halle verbringt - plus die Spiele am Wochenende: "Das macht man nur, wenn das Umfeld stimmt. Ich fühle mich hier wirklich pudelwohl."

Über ihre Schwangerschaft informierte sie den Verein direkt - noch vor Ablauf der ersten drei Monate. "Mir war wichtig, dass sie planen können", sagt Gencay: "Ich wusste nicht, wo die Reise hingeht, aber ich wollte ihnen natürlich die Chance geben, zu reagieren und umzudisponieren." Der Verein reagierte: und zwar mit einer langfristigen Bindung an die werdende Mutter. "Das war ein super Gespräch und die Bereitschaft war sofort da, dass wir das zusammen machen."

"Sükran passt perfekt zu uns", sagt Sportdirektor Said Ghalamkarizadeh über die Zusammenarbeit: "Wir wollten unbedingt mit ihr weiterarbeiten und sind umso glücklicher, dass wir nun eine langfristige Perspektive haben."

Der eigene Mann übernimmt "Elternzeitvertretung"

Kurzfristig sind Spontanität und "Freestyle" gefragt: "Ich mache so lange weiter, wie es geht", sagt Gencay, "wenn ich irgendwann nicht mehr so richtig hochkomme, dann sind da zwei starke Männer, die in die Bresche springen." Die starken Männer sind Sportdirektor Ghalamkarizadeh, der die Bees bis zu Gencays Verpflichtung trainierte, und ihr Mann Manu, der ebenfalls Basketball-Coach ist. "Ich vertraue ihm da voll und ganz, er kennt die Jungs, da mache ich mir keine Sorgen", sagt Gencay über ihre "quasi Elternzeitvertretung".

Spätestens für die weiteren Auswärtsfahrten rund um den Stichtag im November wird diese dann benötigt: "Weil ich natürlich nicht möchte, dass meine kleine Tochter in irgendeinem Ort geboren wird, die soll schon in Hamburg zur Welt kommen", erzählt Gencay. Und nach der Geburt? "In meiner Welt bin ich natürlich sofort wieder fit", schmunzelt sie. In dem Fall spricht für Gencay nichts dagegen "die Kleine auch in die Halle mitzunehmen", das sei sie ja quasi jetzt schon: "Basketballgeräusche kennt sie."

1,60 m große Erfolgsfrau unter Basketball-Riesen

Kennen sich schon vom ETV: Marcel Hoppe und Sükran Gencay © IMAGO / Hanno Bode
Kennen sich schon vom ETV: Marcel Hoppe und Sükran Gencay.

All das natürlich unter der Voraussetzung, dass es Mutter und Kind gut geht. Eine neue Situation - auch für die Spieler. "So etwas hatte ich noch nicht", sagt Marcel Hoppe, "aber ich bin offen für jede Herausforderung und da wir eine gute Teamchemie haben, bin ich guter Dinge, dass wir das gemeinsam hinbekommen." Die Reaktionen der Spieler auf ihre Schwangerschaft seien durchweg positiv gewesen: "Die haben sich alle total für uns gefreut", sagt Gencay, "ihnen ist aber auch bewusst, dass dadurch noch einmal mehr auf sie zukommt."

Hoppe, der mit 485 Punkten in der vergangenen Saison erfolgreichster Werfer in der 1. Regionalliga Nord war, kennt Gencay schon lange. Beide wechselten 2022 vom Eimsbütteler TV nach Bargteheide. Mit dem Hamburger Verein schrieb Gencay eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte: Innerhalb von nur acht Jahren führte sie die Herren-Mannschaft von der untersten Liga in die 2. Bundesliga ProB - als erste Frau überhaupt trainierte sie eine Männermannschaft im Profibereich. Nach dem Abstieg aus der ProB wechselte sie in der vergangenen Saison zu den Schlewig-Holsteinern - und mit ihr mehrere ETV-Spieler.

Saisonziel: Platz sechs oder besser

"Als ich mich für Bargteheide entschieden habe, war Sükran auf jeden Fall ein Grund dafür", sagt Hoppe, der ihr basketballerisches Know-how unterstreicht, "aber sie legt auch großen Wert auf andere Werte wie Teamchemie und das Persönliche, das ist meiner Meinung nach auch sehr wichtig." In ihrer ersten Saison mit den Bees führte diese Kombination direkt zum Erfolg: Der Liga-Neuling wurde Sechster. "Das war ein starkes Ergebnis", sagt Gencay, "und wie das so ist, will man natürlich mehr. Wir wollen mindestens genauso erfolgreich sein."

Dafür hat sich der Regionalligist verstärkt; unter anderem erneut mit einem Profispieler aus den USA. Außerdem stoßen Spieler mit ProB-Erfahrung zum Kader. "Wir haben eine ganz starke Mannschaft zusammen, es macht richtig Spaß mit den Jungs", sagt Gencay, aber: "Gerade vor dieser Saison hat man natürlich Respekt - mit all den Umständen, die es da so gibt."

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