VIDEO: Herrmann in Flaute, aber in guter Gesellschaft (1 Min)

Segel-Experte Kröger: Das ist noch drin für Boris Herrmann

Stand: 29.12.2024 13:25 Uhr

Das Südpolarmeer ist Vergangenheit bei der Vendée Globe 2024, die Top-Boote um Boris Herrmann sind wieder im Atlantik und bei der Weltumseglung quasi auf dem Heimweg. NDR Segel-Experte Tim Kröger sieht noch Chancen für den Hamburger, weiter nach vorne zu kommen, und eine enge Entscheidung um den Sieg.

von Matthias Heidrich

"Er wird in den Top Ten bleiben", prognostiziert Kröger, der selbst zweimal die Welt umsegelt hat. "Das Podium wird schwierig, aber es wäre gigantisch, wenn er es noch schaffen würde. Man darf Boris und auch das Boot nicht unterschätzen."

Nach der Rundung von Kap Hoorn mit Herrmann an siebter Position ist die Segel-Welt der Skipper bei der härtesten Einhand-Regatta im Segelsport eine andere. Das unwirtliche Südpolarmeer haben die Top Ten hinter sich gelassen und 70 Prozent des Rennens geschafft.

"Rennen verläuft extrem positiv für die Führungsgruppe"

"Herrmann war immer schnell, wenn die Bedingungen da waren. Dann hat er die PS der Malizia auf die Straße gebracht", bilanziert Kröger. Näher ran an die Spitze kam der Hamburger trotzdem nicht. "Das Problem ist, das dieses Rennen so extrem positiv für die Führungsgruppe verläuft, dass die sich immer wieder absetzen konnte. Das ist schon speziell."

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Atlantik wird strategische Herausforderung

Die Wettersysteme zur richtigen Zeit zu erwischen, sich richtig zu positionieren oder eben rechtzeitig auszuweichen, darauf kommt es an. Im Atlantik werden diese "strategischen Entscheidungen jetzt kleinteiliger", so Kröger. "Das Rennen ist noch lange nicht zu Ende. Die meisten Rennen werden wegen der unterschiedlichen Wettersysteme auf den Nord-Süd- oder Süd-Nord-Routen gewonnen oder verloren. Das ist anspruchsvoller als anderes."

"Wenn du die Ehe mit der Vendée Globe eingehst, musst du den Weg in guten wie in schlechten Zeiten gehen." NDR Segel-Experte Tim Kröger

Weiter Gas geben, kämpfen und dabei die Imoca-Hightechyachten zusammenhalten, lautet die Devise. "Die Boote werden müde. Das Konservieren des Bootes und der gesamten Ausrüstung, darauf kommt es jetzt an auf dem Rest des Weges", sagt Experte Kröger. Die Skipper müssten dabei ständig einen 360-Grad-Rundumblick haben, um proaktiv handeln zu können. "Wer ohne große Schäden durchkommt, wird das Rennen machen."

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Boris Herrmann © Team Malizia

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Wem fliegen zuerst "die Radkappen weg"?

Um den Sieg in Les Sables-d'Olonne segeln Yoann Richomme (Paprec Arkéa) und Charlie Dalin (MACIF Santé Prévoyance) zuvorderst und mit großem Vorsprung auf den Rest. "Beide sind absolut ebenbürtig und werden sich bis zum bitteren Ende batteln", prophezeit Kröger, der auch hier das Material als ein Zünglein an der Waage sieht. "Es wird spannend zu sehen sein, bei wem zuerst die Radkappen wegfliegen." Das mentale Mindset ist der zweite entscheidende Punkt. Kröger: "Die Jungs da vorne sind durch harte Schulen gegangen, die ziehen das beinhart durch."

"Jeder, der dieses Rennen segelt, bringt eine Leistung, die so viel beeindruckender ist als ein normaler Segler sich vorstellen kann." Tim Kröger

Für den drittplatzierten Sébastien Simon werde es dennoch schwer: "Der letzte Weg findet auf dem Steuerbord-Foil statt. Der Vorsprung kann schmelzen wie Butter in der Sonne." Bei dem französischen Skipper der Groupe Dubreuil war vor drei Wochen das Steuerbord-Foil zerbrochen.

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Boris Herrmann auf der Malizia - Seaexplorer © Boris Herrmann

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Inneren Schweinehund "aufs Schärfste bekämpfen"

Für alle Skipper gehe es darum, den inneren Schweinehund wieder und wieder "aufs Schärfste zu bekämpfen. Wenn man alleine segelt, ist das umso schwieriger", weiß Kröger. "Im Team geht das besser, da kriegst du einen Tritt in den Hintern und dann geht die Party weiter."

Zeit zum Durchschnaufen haben Richomme, Dalin oder auch Herrmann kaum. Der 43-Jährige freute sich hinter Kap Hoorn über die ersten Sonnenstrahlen, die er erleben durfte, seit er den Atlantik vor Wochen verlassen hatte. Doch sie geht immer weiter, die Segel-Hatz rund um den Globus. Und das sei auch allen bewusst, die sich in dieses Abenteuer stürzen, sagt Kröger: "Wenn du die Ehe mit der Vendée Globe eingehst, musst du den Weg in guten wie in schlechten Zeiten gehen."

 

Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 02.01.2025 | 13:00 Uhr

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