Ocean Race: Boris Herrmann erfüllt sich einen Kindheitstraum
Noch erholt sich Boris Herrmann in Hamburg von den Strapazen der Route du Rhum - und freut sich auf besinnliche Weihnachtstage mit seiner Familie. Doch das nächste Abenteuer wartet schon. Am 15. Januar startet "The Ocean Race". Die Weltumseglung ist legendär.
Boris Herrmann kann sich genau erinnern. An die Gänsehaut, die Emotionen, die Begeisterung, als die "Illbruck" in Kiel ankam. Als die Förde kochte, voller Boote war. Und er mittendrin. In einem Schlauchboot, ganz nah am Geschehen.
Als erstes deutsches Boot holte die "Illbruck" vor 20 Jahren den Gesamtsieg bei dem fordernden Rennen. Ein sagenhafter Triumph - und für den gebürtigen Oldenburger "eine Inspiration. Irgendwo ist mein Lebensweg da schon mal intensiv mit diesem Rennen in Berührung gekommen."
"Es war eine Festival-Atmosphäre, eine tolle Stimmung, Segel-Begeisterung. Ein Gänsehaut-Feeling." Boris Herrmann über Kiel 2002
Die "Schiff-Skipper-Beziehung" weiter vertiefen
Nun ist Herrmann selbst bei der wichtigsten Mannschaftsregatta des internationalen Segelsports dabei, zum ersten Mal in seinem Leben. Es ist die Erfüllung eines Kindheitstraums. Vier Weltumseglungen hat er schon hinter sich, nun folgt die fünfte. Mit der neuen "Malizia - Seaexplorer", mit der er den nächsten Schritt auf dem Weg zur Vendée Globe 2024 machen will.
Es geht darum, seinen noch jungen Neubau im laufenden Optimierungsprozess weiter zu testen und zu verbessern - aber auch Vertrauen aufzubauen. "Ich bin noch nicht so warm damit. Das dauert erst einmal. Mit dem alten Schiff war ich natürlich auch auf einem sehr hohen Niveau bei der Schiff-Skipper-Beziehung. Aber da waren wir auch vier Jahre unterwegs", sagte der 41-Jährige dem NDR.
Die jüngste Solo-Premiere mit der Hightech-Yacht beim Transatlantik-Klassiker Route du Rhum ließ noch Luft nach oben. Nach technischen Problemen an der Aufhängung eines Tragflügels ("Foil") und einer defensiven Taktik war Herrmann als 24. ins Ziel gesegelt, schaffte mit der Ankunft in Guadeloupe aber immerhin die Qualifikation für die Vendée Globe.
Beim Ocean Race "wieder offensiver rangehen"
"Mir ist es sehr wichtig, anzukommen und zuverlässig zu sein", erklärte der Hamburger. "Das Minimalziel habe ich erreicht. Nämlich diese Fahrt zuverlässig zu gestalten und die Qualifikation fürs Vendée Globe zu erfüllen. Und natürlich das Schiff in einem Zustand zu bewahren, dass wir das Ocean Race nach wie vor in Angriff nehmen können."
Bei der Hatz um den Globus in sieben Etappen wollen Herrmann und Co. aber "wieder offensiver rangehen". Mit Hochdruck wird in Alicante, wo die 14. Auflage des Rennens am 15. Januar beginnt, an der Malizia gearbeitet, verbessert, geprüft. Auch an Heiligabend und Silvester. "Das wird alles noch eine knappe Geschichte", sagte Herrmann, der täglich Kontakt nach Spanien hält: "Aber am Ende wird das gut werden."
"Es dauert einfach ein paar Jahre, bis alles perfekt ist. Und es ist nie alles perfekt. Es gibt immer noch etwas zu verbessern." Boris Herrmann
Diesmal kein Kampf gegen die Einsamkeit
Über 32.000 Seemeilen geht es einmal um den Erdball zum italienischen Zielhafen Genua. Der 41-Jährige ist froh, diesmal im Team zu segeln. Nicht mit der Einsamkeit zu kämpfen. Die Besatzung besteht aus vier Seglern und einem Reporter. "Es macht mehr Spaß und ich freue mich unheimlich drauf", sagte er. Aber leichter wird es damit auf der Malizia nicht, die in der Imoca-Klasse als eins von fünf Booten startet.
"In diesem Rennen erfolgreich zu sein, wird uns alles abverlangen. Wir müssen das Boot noch härter segeln, mit der Mannschaft wird es noch viel intensiver sein", erläuterte Herrmann, der zudem davon ausgeht, dass das Rennen auch an Land gewonnen wird. "Wegen der Zwischenstopps und der Notwendigkeit, das Boot immer wieder innerhalb kürzester Zeit instand zu setzen."
Ruhige Weihnachtszeit mit Frau und Tochter
Immerhin: Emotional wird es einfacher. "Ich bin nicht alleine und es ist eine überschaubare Zeit." Dennoch genießt der erfolgreiche Skipper die ruhige Weihnachtszeit mit seiner Frau Birte Herrmann-Lorenzen und Töchterchen Malou in vollen Zügen. "Ich bin einfach froh, zu Hause zu sein. Jetzt ist das Rennen ganz fern und das ist auch gut so. Nach Silvester steige ich voll ein und bin dann zwei Wochen in die Vorbereitung von A bis Z involviert. Und dann wird es schon noch aufregend genug werden."
Sicher auch am 9. Juni. Dann ist ist ein sogenanntes "Fly-By" der Flotte vor Kiel geplant. Bei Herrmann dürften dann Erinnerungen wach werden. An einen jungen Kerl in einem Schlauchboot.