Sprecherin Karla Borger von Athleten Deutschland © picture alliance / Pressefoto Baumann Foto: Hansjürgen Britsch

Athleten-Sprecherin Borger: Sport-Sanktionen gegen Russland weiterhin richtig

Stand: 07.01.2023 12:29 Uhr

Dürfen russische und belarussische Athletinnen und Athleten bei Olympia 2024 in Paris an den Start gehen? Sprecherin Karla Borger von Athleten Deutschland hält dies für falsch. Nicht nur wegen des Angriffskrieges - das Thema Staatsdoping kommt ihr viel zu kurz.

Die Beachvolleyballerin äußerte im NDR Interview Verständnis für die Forderung der Betroffenen, die Sanktionen gegen sie bei Sport-Großveranstaltungen aufzuheben. Aber: "Der Völkerrechtsbruch, der da begangen wird, wiegt viel zu schwer", um einfach schnell wieder zur Tagesordnung überzugehen.

"Es geht um die Machtdemonstration im eigenen Land und um die Problematik, die da herrscht", sagte die 34-Jährige mit Blick auf Russland. Die Entscheidungen der Regierung seien "super problematisch". Und deshalb gehe es auch nicht nur um die Aktiven. "Es geht bei den Entscheidungen auch um die Geldgeber und Funktionäre. Und die sollten nicht an den Veranstaltungen teilnehmen dürfen", forderte die Vizeweltmeisterin von 2013.

"Viele ukrainische Sportler sind tot oder in Gefangenschaft"

Bei einem Olympia-Gipfel des IOC hatten die internationalen Sportverbände zuletzt grundsätzlich bekräftigt, dass die Strafmaßnahmen gegen Russland und Belarus vorerst bestehen bleiben sollen. Erleichterungen für die Sportlerinnen und Sportler sollen aber nun in weiteren Gesprächen auf IOC-Ebene mit Weltverbänden, Athletenvertretern und Nationalen Olympischen Komitees diskutiert werden.

Sehr zum Unverständnis der Ukrainer. "Viele ukrainische Sportler sind in diesem Krieg getötet worden. Viele von ihnen sind heute noch in russischer Gefangenschaft. Und gleichzeitig unterstützen russische Athleten und Athletinnen diesen Krieg und den Völkermord in der Ukraine", sagte beispielsweise Hochsprung-Europameisterin Jaroslawa Mahutschich zuletzt dem "Münchner Merkur".

Borger: Hoffentlich gibt es Veränderungen

Für Borger hat sich der Plan des IOC, die internationalen Sanktionen aufzuweichen, schon länger abgezeichnet. Dazu sei es allerdings noch nicht an der Zeit. Die Hessin unterstrich aber zugleich: "Wir vertreten die Meinung, dass wir diesen Punkt ständig prüfen sollten und eben unsere Position auch anpassen, sobald es dort Veränderungen gibt. Hoffentlich."

Zum Angriffskrieg Russlands kommt noch das Staatsdoping

Borger warnte aber auch davor, dass ob des Krieges in der Ukraine ein zweites Thema in Vergessenheit geraten könnte. Schließlich war in Russland im Jahr 2016 ein flächendeckendes Dopingsystem aufgedeckt worden.

"Wir wissen, dass Staatsdoping betrieben worden ist, und dass sie uns alle im Weltsport über sehr viele Jahre verarscht haben." Karla Borger

"Um das Thema geht es jetzt gefühlt gar nicht mehr. Davon lese ich nichts. Sie wurden ja schon vor dem Angriffskrieg gesperrt oder durften 'nur' unter neutraler Flagge bei den Olympischen Spielen teilnehmen. Und bei diesem Thema hat sich ja noch nicht so viel verändert", betonte die Athletensprecherin.

Es müsse sehr genau geprüft werden, ab wann es fair wäre, dass wieder alle Russinnen und Russen an den Olympischen Spielen und am Weltsport teilnehmen dürften. Ihr schwebt ein Zeitraum von einem Jahr regelmäßiger und zuverlässiger Tests vor.

Borger fordert Reaktionen des Sports in Iran-Frage

Während es in verschiedenen Sportarten - wie Tennis und Boxen - schon deutliche Aufweichungen der Sanktionen gegen Russland gebe, forderte Borger eine nachdrückliche Reaktion in der Iran-Frage. Das Regime in Teheran, das durch Drohnen-Lieferung an Russland sogar selbst ein Faktor im Angriffskrieg gegen die Ukraine ist, ließ im Innern Proteste gegen die Unterdrückung der Bevölkerung blutig niederschlagen. Und besonders die Situation der Frauen sei alarmierend.

"Ich bin zutiefst besorgt um die Sicherheit der iranischen Athletinnen, die sich systemkritisch geäußert haben", sagte Borger und fügte hinzu: "Ich bin der festen Überzeugung, dass alle Weltverbände und auch das IOC aufgefordert sind, Lösungen zu finden." Besonders dort, wo Regierungen und die Nationalen Olympischen Komitees derart verflochten sind wie im Iran, dürfe der Weltsport nicht wegsehen.

Athleten Deutschland habe schon in der Vergangenheit gefordert, dass allgemein gültige "rote Linien" definiert werden müssten. "Und es ist eben die Frage, ob Menschenrechtsverletzungen gegen Athletinnen stillschweigend toleriert werden können."

Dieses Thema im Programm:

Sport aktuell | 09.01.2023 | 08:17 Uhr

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