Bernd Rosemeyer: Draufgänger mit 545 PS
Mitte der 1930er-Jahre beginnt die Jagd nach Geschwindigkeitsrekorden. Auf der Autobahnstrecke Frankfurt - Darmstadt fährt Rosemeyer am 25. Oktober 1937 als erster Mensch auf einer öffentlichen Straße schneller als 400 km/h. Sein Auto ist ein wahres Monster: Der Motor hat 16 Zylinder und 545 PS. Exakt 406,32 km/h werden nach fliegendem Start gemessen. Der Niedersachse ist nun endgültig ein Superstar in Deutschland - und wegen seiner freundlichen, offenen Art überaus beliebt. Auch die Gesellschaftspresse bekommt ihre Schlagzeilen, als Rosemeyer am 13. Juli 1936 die berühmte Fliegerin Elly Beilhorn heiratet. Das "schnellste Ehepaar der Welt" werden die beiden genannt. Doch das Eheglück ist nur von kurzer Dauer.
"Ich bin doch nicht dein Schuljunge"
An jenem verhängnisvollen 28. Januar 1938 stehen sowohl Rosemeyer als auch Caracciola in Frankfurt bereit, um den Geschwindigkeitsrekord zu verbessern. Optimal sind die Bedingungen nicht. Es ist kalt, windig und auf der Strecke hat sich Raureif gebildet. Dennoch steigt Caracciola in sein Auto und erzielt unglaubliche 432,7 km/h über den fliegenden Kilometer. Ein Schock für Rosemeyer, der nach einer relativ schwachen Rennsaison ohnehin unter Druck steht. Er will sofort kontern, doch Caracciola warnt ihn vor den aufkommenden Winden. Auch Rosemeyers Mechaniker Ludwig Sebastian will seinen Chef davon überzeugen, nicht auf die Strecke zu gehen. Vergeblich. "Ich bin doch nicht dein Schuljunge und muss selbst wissen, was ich zu tun habe", entgegnet Rosemeyer und setzt sich hinters Steuer.
Um 11.46 Uhr startet Rosemeyers Fahrt in den Tod. Nach 8,6 Kilometern meldet sich der Streckenposten: "Durch!" Der Pilot fährt mit einer Geschwindigkeit von rund 430 km/h, als er von einer Windböe erfasst wird und die Ideallinie verliert. Der Wagen ist von Rosemeyer nicht mehr zu kontrollieren, kommt von der Strecke ab und überschlägt sich mehrere Male. Der 28-Jährige wird aus dem Auto geschleudert, erleidet einen Genickbruch und ist auf der Stelle tot.
Stilisierung zum Helden
Die Nationalsozialisten schlachten den Tod Rosemeyers gnadenlos aus. Der blonde Rennfahrer wird zum Helden stilisiert. "Nach seinem Todessturz steht Bernd Rosemeyer eine Zeitlang fast gleichwertig mit Horst Wessel vor den Augen der Volksfantasie", schreibt der berühmte Schriftsteller Victor Klemperer. Nicht unerwähnt bleibt bei der Legendenbildung natürlich Rosemeyers Mitgliedschaft in der SS. Seit spätestens Ende 1933 war der Rennfahrer Mitglied der NS-Eliteorganisation. Doch war er auch ein überzeugter Nazi mit völkisch-rassistischem Gedankengut? Experten sind sich einig, dass Rosemeyer Mitläufer war, der in die SS vor allem aus Karrieregründen eintrat. "Meine Eltern waren extrem unpolitische Menschen, die natürlich aufgrund ihrer Berufe und Erfolge mit den Regierenden Kontakte hatten", betont Bernd Rosemeyer junior.
Unter Motorsport-Experten gilt Rosemeyer als einer der besten deutschen Rennfahrer aller Zeiten. Auch wenn sein früher Tod zur Legendenbildung beitrug: Falsch ist diese Einschätzung sicherlich nicht.
- Teil 1: Sieger in zehn Grand-Prix-Rennen
- Teil 2: Rekordfahrt und tödlicher Unfall