Pleite gegen Barcelona: THW Kiel verpasst Champions-League-Finale
Der THW Kiel hat den Einzug ins Endspiel des Final Fours um die Champions League in Köln klar verpasst. Der deutsche Handball-Rekordmeister verlor sein Vorschlussrunden-Duell mit dem FC Barcelona am Samstagabend chancenlos mit 18:30 (9:15).
Die Mannschaft von Trainer Filip Jicha zeigte gegen den spanischen Serienmeister insbesondere in der Offensive eine schwache Leistung und war mit Ausnahme einer kurzen Phase im ersten Durchgang nicht in der Lage, mit den Katalanen auf Augenhöhe zu agieren. Somit endet die ohnehin ernüchternde Kieler Saison (Frühes Pokal-Aus und nur Rang vier in der Liga) titellos. "Es war ein sehr enttäuschender Abend für uns. Wir haben unsere Energie und Qualität nicht abrufen können. Wir waren ängstlich, 'Barca' war uns in allen Belangen überlegen. Deswegen haben wir eine solche Niederlage kassiert, die für mich sehr, sehr hart ist", sagte Jicha.
Am Sonntag (15 Uhr) kommt es für seine Mannschaft nun zum deutsch-deutschen Frustduell mit dem SC Magdeburg. Der Titelverteidiger hatte das erste Semifinale gegen Aalborg HB mit 26:28 (11:11) verloren.
THW mit schwacher Angriffsleistung
Nur neun Treffer in 30 Minuten - der THW zeigte im ersten Abschnitt eine erschreckend schwache Angriffsleistung. Die Wurfeffizienz der "Zebras" lag bei lediglich 38 Prozent, während Barcelona immerhin 68 Prozent seiner Abschlüsse erfolgreich verwandelte. Mehr Zielsicherheit vor dem gegnerischen Gehäuse sowie ein "Hexer" im eigenen Kasten führten zur Sechs-Tore-Führung des "Königsklassen"-Rekordchampions zur Halbzeit.
Denn der Däne Emil Nielsen brachte die Kieler Schützen mit diversen Glanzparaden schier zur Verzweiflung. Auf der Gegenseite waren weder Samir Bellahcene noch der später eingewechselte Tomáš Mrkva im ersten Durchgang ein nennenswerter Faktor für den Bundesligisten.
Kiel ermöglicht Barcelona viele Tempogegenstöße
Dabei zeigte das Jicha-Team eine sehr ansprechende Deckungsleistung. Der Mittelblock stand gut und hatte Barcelonas Kapitän und Shooter Dika Mem gut im Griff. Auch die Kreise von Melvyn Richardson, der mit Mem auf der halbrechten Seite ein kongeniales Duo bildet, konnten gut eingeengt werden. Aus dem Positionsspiel heraus mussten die Spanier viel investieren, um zu Torerfolgen zu kommen.
Doch Kiel ermöglichte dem Team des früheren Bundesliga-Trainers Carlos Ortega (TSV Hannover-Burgdorf) durch Ballverluste und Fehlwürfe eben etliche Gelegenheiten, im Tempogegenstoß zu Treffern zu kommen.
"Zebras" bleiben elf Minuten torlos
Dies deutete sich bereits in der Anfangsphase an, als Barcelona früh ein 3:0 herauswarf. Anschließend fand der THW im Angriff zwar einige Lösungen und konnte durch Eric Johansson erstmals in Führung gehen (5:4/11.). Hernach ließen es die Schleswig-Holsteiner in Ballbesitz aber an Entschlossenheit und Nervenstärke vermissen. Von der zwölften bis zur 23. Minute gelang dem deutschen Rekordmeister kein einziges Tor.
Die Katalanen zogen auf 10:6 davon und hätten sogar noch höher führen können, wenn sie die zweite Welle konzentrierter ausgespielt hätten. Aber auch so geriet ihr schon recht komfortabler Vorsprung, den sie bis zur Halbzeit sogar noch ausbauen konnten, zu keinem Zeitpunkt in Gefahr. Zu schwach war die Angriffsleistung des THW, zu gut Keeper Nielsen.
THW kommt nicht in den "Flow" - und unter die Räder
Es bedurfte also einer erheblichen Kieler Leistungssteigerung, beinahe schon einer Leistungsexplosion, um im zweiten Durchgang noch die Wende zu schaffen. Aber die Hoffnungen der vielen mit nach Köln gereisten THW-Fans bekamen rasch einen Dämpfer, als Barcelona kurz nach dem Seitenwechsel auf acht Treffer davonzog (17:9/33.). Zwar konnten die Norddeutschen anschließend auf 14:18 verkürzen (38.), in den "Flow" aber kam das Jicha-Team nicht.
Denn nach dem kurzen Zwischenhoch grüßte wieder das Murmeltier: Vorne ließ der Bundesligist Chance um Chance aus - und hinten verloren die Schleswig-Holsteiner nun auch noch zunehmend den Zugriff. Barcelona baute seinen Vorsprung erst auf zehn Treffer aus (24:14/48.) und zog dann sogar auf 13 Tore davon (30:17/55.). So wurde das Duell mit den Katalanen am Ende zu einer Demütigung für den THW.
"Wir hatten uns so viel vorgenommen. Wir hatten nichts zu verlieren beim Final Four, keiner hat mit uns gerechnet. Und eigentlich war das immer ein gutes Omen. Aber wir haben mal wieder dieselben Fehler wie das ganze Jahr gemacht. Wir müssen uns an die eigene Nase fassen", sagte Kiels Kreisläufer Patrick Wiencek im ARD-Interview mit Blick auf die vielen vergebenen Chancen.