Zufriedene Zwischenbilanz beim THW Kiel - "Noch alles möglich"
Der THW Kiel ist mit einem Sieg in der Handball-Bundesliga in die WM-Pause gegangen - und mit einer großen Portion Optimismus. Geschäftsführer Viktor Szilagyi und Linksaußen Rune Dahmke rechnen sich in allen drei Wettbewerben noch einiges aus.
Mit dem 36:29-Sieg gegen GWD Minden zum Jahresabschluss haben die "Zebras" zumindest vorübergehend wieder die Tabellenführung in der HBL übernommen. Auch wenn in der Champions League nicht alles nach Plan läuft, sollte eine gute Ausgangsposition für das Achtelfinale kein Problem sein. Und im DHB-Pokal haben die Kieler in Bietigheim souverän das Viertelfinal-Ticket gelöst.
"Wir können noch alle unsere Ziele erreichen", sagte Manager Szilagyi dem NDR. Er habe ein gutes Gefühl. "Wir wussten, dass wir ein sehr schwieriges erstes Halbjahr vor uns haben, gerade mit den Langzeitverletzten. Insofern sind wir sehr zufrieden, dass wir jetzt auch für die zweite Saisonhälfte sagen können: Es ist noch alles möglich."
Szilagyi: "Minus 13 tut schon beim Aussprechen weh"
Im neunten Heimspiel der Bundesliga-Saison gelang am Montagabend der achte Sieg in eigener Halle. Acht Tage zuvor hatten die Kieler an derselben Stelle im Landesderby gegen die SG Flensburg-Handewitt eine herbe Niederlage (23:36) kassiert. Das tat weh. Und Szilagyi hing die Derby-Niederlage auch eine Woche später noch nach: "Dieses Minus 13 tut schon beim Aussprechen weh. Es fühlt sich nicht gut an, dass man Teil einer so historischen Niederlage war."
Und auch die eine oder andere Niederlage in der "Königsklasse" hat beim THW für schlechte Laune gesorgt. Schon das 36:38 in Celje im ersten Auswärtsspiel habe die direkte Qualifikation fürs Viertelfinale praktisch unmöglich gemacht, sagte Szilagyi. Der Österreicher geht aber davon aus, dass sich sein Team Rang drei oder vier in der Gruppe sichert - und wenn nicht neue Verletzungssorgen hinzukommen, der Sprung in die Runde der letzten Acht gelingen wird.
Auf die Corona-Krise folgt die Energiekrise
Derlei Erfolge sind auch nach dem Ende der Corona-Beschränkungen ungemein wichtig. "Wir hatten wie andere Clubs den Plan, die Budgets konstant zu erhöhen. Durch die Energiekrise ist es aber schon ein großer Kampf, diese Budgets gleich zu erhalten", erklärte Szilagyi.
"Durch die Energiekrise ist es ein großer Kampf, die Budgets gleich zu erhalten." THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi
Nicht nur deshalb ist die Champions League "elementar wichtig" für den THW. "Einerseits aus wirtschaftlicher Sicht, weil wir Top-Heimspiele haben. Und es ist ja auch kein Geheimnis, dass wir einen Großteil unseres Etats durch die Zuschauereinnahmen stellen", sagte der 44-Jährige. "Andererseits kommen die Spieler zu uns, weil sie Champions League spielen wollen - und das erfolgreich."
THW-Manager mit Neuzugängen sehr zufrieden
Dass sehr gute Spieler weiter den Weg an die Förde finden, war wegen der Abgänge der Weltstars Sander Sagosen und Niklas Landin zum Saisonende zukunftsweisend. Aber der THW hat seine Hausaufgaben gemacht. Sagosen-Nachfolger Eric Johansson ist längst da. Mit dem 20-jährigen Färinger Elias Ellefsen á Skipagøtu stößt zudem ein großes Talent (Szilagyi: "Vielleicht sogar das größte Talent auf Rückraum Mitte") im Sommer dazu.
Und der französische Olympiasieger Vincent Gerard von Saint-Raphaël Var Handball soll die große Lücke schließen, die Landin im Tor hinterlässt. "Gerard bringt eine große Erfahrung mit, er hat alle Titel gewonnen, die es zu gewinnen gibt. Er wird das schwierige Erbe auch mental gut verkraften", ist Szilagyi überzeugt.
Dahmke: Müssen vor allem gegen die Kleinen Punkte sammeln
Anders als in der Vergangenheit müssen sich die Kieler auch in der Bundesliga längst nicht mehr nur den Flensburgern erwehren. Die Meisterschaft des SC Magdeburg in der vergangenen Saison ist Warnung genug. Auch die Füchse Berlin und die Rhein-Neckar Löwen sprechen in dieser Saison ein Wörtchen um den Titel mit. Kiels Linksaußen Rune Dahmke betont zwar: In der deutschen Meisterschaft gehe es nicht darum, dass man die Topspiele nicht verliert, sondern darum, dass man all die Spiele gegen die vermeintlich Kleinen gewinnt. "Da müssen wir vor allem die Punkte sammeln."
In den Topspielen geht es aber längst nicht nur ums Prestige. Vor allem, wenn es in einer Saison so viele davon gibt. Dem 23:36 gegen Flensburg und dem 26:34 bei den Füchsen stehen das 32:29 gegen die Löwen und das 34:33 in Magdeburg gegenüber. Kiel verlor aber auch zu Hause gegen Lemgo (32:33).
Für Dahmkes Geschmack könnten es dann auch zwei Minuspunkte weniger sein. Aber: Man habe sich eine gute Position erspielt. Auch wenn es nicht immer gelungen sei, "den Standard, den wir eigentlich haben, konsequent auf die Platte zu bringen". Das soll sich im zweiten Saisonabschnitt ändern, wenn fast alle direkten Konkurrenten noch nach Kiel kommen. "Das ist ein Vorteil hin zum Ende der Saison. Da können wir jede Mannschaft schlagen, das haben wir schon bewiesen. Wir müssen dann nur wirklich liefern", unterstrich der deutsche Nationalspieler.
Kiel will auch künftig keine kleineren Brötchen backen
"Wir haben interessante Monate vor uns. Die Spannung ist riesengroß in der Liga", blickte Szilagyi voraus. "Wir haben auf Rückschläge immer gut reagiert. Die Mannschaft war innerhalb von ein paar Tagen bereit, ihre Leistung wieder abzurufen. Das hat ermöglicht, dass wir noch kein Ziel abhaken mussten."
Erst mal genossen die Kieler am zweiten Weihnachtstag aber einen "schönen Jahresabschluss mit den Fans" (Dahmke). Und überhaupt: Bevor es beim THW Anfang Februar wieder rundgeht, steht für den überwiegenden Teil des Kaders erst mal die WM in Polen und Schweden auf dem Programm. Es bleibt abzuwarten, in welcher Verfassung die Spieler danach nach Kiel zurückkehren. Für Szilagyi steht aber fest: "Wir wollen auch in Zukunft keine kleinen Brötchen backen müssen."