THW Kiel mit klarem Ziel: Zurück in die Champions League!
Nach einer enttäuschenden vergangenen Saison soll es für den Handball-Rekordmeister THW Kiel wieder besser laufen. Allerdings ist die personelle Lage etwas angespannt. Die "Zebras" starten am 5. September bei den Rhein-Neckar Löwen in die neue Bundesliga-Saison.
Die Sommersonne brütet über dem Ostseebad Damp. Jeder, der kann, sucht die Abkühlung im Meer oder im Schatten. Die Hitze des Nordens hält die Verantwortlichen des THW Kiel aber nicht davon ab, mit der abgelaufenen Saison cool abzurechnen und Tatendrang zu demonstrieren.
"Das letzte Jahr war schwierig und enttäuschend, und wir wollen gar nicht mehr zurückschauen", erklärt der Aufsichtsratsvorsitzende Marc Weinstock und stellt klar: "Wir haben uns massiv verstärkt - wir wollen zurück in die Champions League. Das heißt, in der Bundesliga Erster oder Zweiter zu werden. Und wir wollen in den anderen Wettbewerben das Final Four erreichen."
Hoffnungen ruhen auf zurückgekehrten Nationaltorwart Wolff
In der vergangenen Saison waren die "Zebras" von der "Königsklasse" weit entfernt. 15 Punkte lagen sie am Ende hinter dem deutschen Meister SC Magdeburg. Nach einer titellosen Saison muss man sich an der Kieler Förde nun mit der nicht ganz so renommierten European League befassen.
Für THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi stand fest: "Wir brauchen auch personelle Veränderungen, um neue Impulse in die Mannschaft zu bringen." Im Sommer glückte die Verpflichtung von Nationalkeeper Andreas Wolff - für viele ein Königstransfer.
Der 33-jährige Schlussmann spielte fünf Jahre lang im polnischen Kielce, absolvierte viele internationale Partien und gewann bei den Olympischen Spielen mit der DHB-Auswahl Silber. "Er ist erwachsener und etwas ruhiger geworden", findet THW-Kapitän Patrick Wiencek. Die beiden kennen sich bestens, denn Wolff stand schon von 2016 bis 2019 im Kieler Gehäuse.
"Ich will in meiner Karriere unbedingt noch einmal deutscher Meister werden." Andreas Wolff
"Wenn man Erfolg haben will, ist der THW auf Dauer die erste Adresse in Deutschland", erklärt der Torwart. "Ich will in meiner Karriere unbedingt noch einmal deutscher Meister werden." In seinen ersten drei THW-Jahren langte es bestenfalls zu Platz zwei. Jetzt hat er mit dem Franzosen Samir Bellahcene und dem Tschechen Tomas Mrkva gleich zwei Torhüterkollegen. Gut möglich aber, dass einer der beiden im Laufe der Saison sich für eine Wechsel-Option entscheiden wird, zumal der spanische Weltklasse-Keeper Gonzalo Perez de Vargas ab Juli 2025 unter Vertrag steht.
Derzeit fällt Tomas Mrkva nach einer Meniskus-OP am linken Knie voraussichtlich bis Ende September aus. Kein Einzelfall, denn die ohnehin wegen Olympia zusammengedampfte Vorbereitung erfährt einige Hindernisse. "Wir haben viele Verletzungen und Ausfälle", stöhnt THW-Coach Filip Jicha. Elias Ellefsen á Skipagötu und Nikola Bilyk fehlten über große Strecken der Testphase. Rune Dahmke und Hendrik Pekeler stören muskuläre Problemen. Eric Johansson ist nach seiner Knie-OP noch in der Reha-Phase. Und auf Harald Reinkind müssen die "Zebras" wegen einer Achillessehnen-Blessur wohl noch bis Februar verzichten.
Pabst soll Neuzugang Madsen unterstützen
Dadurch ist Neuzugang Emil Madsen im Moment der einzige Profi im rechten Rückraum. "Es ist schwer, das allein machen zu müssen, wenn man das Spielsystem noch nicht so gut kennt, diese Situation ist aber auch eine Chance", sagt der 23-jährige Däne, der für seinen Ex-Club GOG zum Goalgetter der Champions League avancierte. Er soll in den nächsten Monaten von Nachwuchsmann Henri Pabst oder einem der Rechtshänder unterstützt werden. Eine Nachverpflichtung ist laut Viktor Szilagyi "aktuell nicht geplant".
Insgesamt ist die rechte Seite des THW runderneuert. Neben Emil Madsen wirbeln Lukas Zerbe, der nach 23 Jahren seinen Heimatverein TBV Lemgo verließ, und Bence Imre. Der 21-jährige Ungar gilt als großes Talent im internationalen Handball, das sich die Kieler nach der Europameisterschaft im Januar sicherten. "Auf dem Spielfeld ist alles gut, aber daneben ist alles eine Herausforderung und alles neu", sagt der Linkshänder.
Veränderungen auch in der Organisation
Optimierungsbedarf sah der THW Kiel auch im Umfeld. Alisa Türck kümmert sich seit wenigen Wochen als zweite Geschäftsführerin um Marketing, Vertrieb, Marketing und Digitalisierung. "Der THW ist eine überragende Handball-Marke mit einem tollen Umfeld", sagt sie. Beim Ticketing und Merchandising sollen die ersten Stellschrauben gedreht werden. Laut dem Aufsichtsratsvorsitzenden Weinstock wurden die Dauerkarten gerade im höheren Preissegment deutlich erhöht, während für das jüngere Publikum ein neues Angebot geschnürt wird.
Bundesliga-Auftakt bei den Rhein-Neckar Löwen
Die Fans würden sich natürlich freuen, wenn ihr THW wieder ganz oben angreifen würde. "Wir sind der THW, haben frischen Wind und wollen natürlich oben dabei sein, sollten aber auch etwas demütig sein", meint Wiencek. Und Jicha sagt: "Unser Mindset ist es, dass wir uns verbessern wollen und nach oben schauen, schließlich haben wir die Mannschaft mit viel Qualität verstärkt."
Kurzfristig zeigt sich der Coach aber noch bescheiden: "Der erste Spieltag wird in dieser Situation für uns eine Herausforderung sein." Man darf gespannt sein, welches Aufgebot zum Bundesliga-Auftakt am kommenden Donnerstag um 20.30 Uhr bei den Rhein-Neckar Löwen zur Verfügung stehen wird.