Schwenker-Rücktritt: Bitteres Ende einer Erfolgsgeschichte
Uwe Schwenker hatte bis zuletzt um seinen Arbeitsplatz beim THW Kiel gekämpft. Offenbar jedoch gelang es dem 50-Jährigen gegenüber den Gesellschaftern und dem Beirat des Clubs nicht, die gegen ihn erhobenen Manipulations-Vorwürfe zu entkräften. So dürften die Vereinsoberen dem Manager nach der Sitzung am Montagabend dringend nahegelegt haben, seinen Posten niederzulegen. Am Dienstag folgte dann der nach den Entwicklungen der vergangenen Wochen keineswegs mehr überraschende Rücktritt des früheren Nationalspielers. Auch wenn es in der offiziellen Mitteilung des THW heißt, dass es "keine belastbaren Beweise" gegen Schwenker gebe, hatten die Clubverantwortlichen ganz offensichtlich das Vertrauen in den Mann verloren, der seit 1992 in einem Atemzug mit dem Triumphzug der Schleswig-Holsteiner in Deutschland und Europa genannt wurde.
Viele Fragen bleiben offen
Der Rücktritt des gebürtigen Bremers mag die Kieler kurzzeitig aus der öffentlichen Schusslinie bringen. Eine Aufklärung des womöglich größten Skandals in der Handball-Geschichte scheint dennoch in weiter Ferne zu liegen. Viele Fragen sind weiter unbeantwortet. So zum Beispiel die, ob der in der Szene als knallharter Verhandlungspartner gefürchtete Schwenker nicht nur Teil eines Systems war, in dem die Zahlung von Bestechungsgeldern offenbar kein Einzelfall war. Geradezu verräterisch in diesem Zusammenhang ist ein Satz, den der zurückgetretene Manager nach Aussage von HSV-Präsident Andreas Rudolph geäußert haben soll: "Andreas, die Champions League werdet ihr nie gewinnen. Ich brauchte lange, um zu erfahren, dass dafür Schiedsrichter bestochen werden müssen." Schwenker will das zwar "so nicht gesagt haben", doch die Geständnisse von einigen Unparteiischen in den vergangenen Wochen lassen erahnen, wie tief der Sumpf ist, in dem sich der Handball befindet oder zumindest befand.
Elf Meistertitel seit 1994
Der langjährige Geschäftsführer der Kieler tritt nun - zumindest vorübergehend - von der Bühne ab. Es dürfte ihm mehr als schwer fallen. Schließlich war der Turnverein Hassee-Winterbek mehr als ein Arbeitsgeber für den Ex-Nationalspieler. Der THW war Schwenkers Lebenswerk. Als er den Posten des Geschäftsführers bei den "Zebras" 1992 antrat, gehörten die Norddeutschen zwar zur Erstliga-Spitze, hatten jedoch den Ruf des "ewigen Zweiten". In punkto Vermarktung und Sponsoring lagen ebenfalls noch große Ressourcen brach. Schwenker nahm sich der Dinge in Windeseile an, arbeitete besessen daran, die aus dem Gesamtverein ausgegliederte THW Kiel Handball-Bundesliga GmbH und Co. KG auf internationales Topniveau zu bringen. Mit der Verpflichtung von Trainer Zvonimir Serdarusic gelang dem umtriebigen Manager ein Glücksgriff. Insgesamt elf Meistertitel, drei Siege im EHF-Pokal, fünf Erfolge im DHB-Cup sowie der Gewinn der Champions League 2007 fallen in die Amtszeit des Duos. Kiel lag dem THW und damit auch Schwenker/Serdarusic zu Füßen.
Überraschender Bruch mit Serdarusic
Die langjährige Ehe der "Könige von Kiel" ("Spiegel") wurde im vergangenen Jahr jedoch nicht im Guten geschieden. Auch wenn es seinerzeit hieß, das Arbeitsverhältnis sei "einvernehmlich" aufgelöst worden, kursierten Gerüchte, dass private Differenzen des Duos ausschlaggebend für die Trennung gewesen sein. Das Image der heilen THW-Welt bekam erstmals Kratzer, auch wenn der rhetorisch bestens geschulte Schwenker stets den Bruch mit Serdarusic verneinte. Und weil dessen Nachfolger Alfred Gislason die "Zebras" in der Erfolgsspur hielt, verstummte die Kritik an dem Manager schnell. Alles schien an der Förde seinen gewohnten Gang zu gehen, bis erstmals von Seiten des Bundesliga-Rivalen Rhein-Neckar Löwen Vorwürfe laut wurden, Kiel hätte seit 2001 mindestens zehn Champions-League-Partien manipuliert. Der Verdacht lag nahe, dass Serdarusic, der bei den Mannheimern zur kommenden Serie das Traineramt übernehmen sollte, Interna aus seiner Amtszeit beim THW ausgeplaudert hatte. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen den gebürtigen Bosnier.
Ende einer erfolgreichen Ära
Der sonst so redselige Schwenker zog es von Beginn der Affäre an vor, in die Defensive zu gehen. Erst als die Vorwürfe immer detaillierter und von weiteren Personen geäußert wurden, nahm der 50-Jährige öffentlich Stellung. Mehr als einige Allgemeinplätze hatte der Geschäftsführer jedoch nicht parat, ganz zu schweigen von einem stichhaltigen Gegenbeweis. So lange die Staatsanwaltschaft jedoch keine Anklage gegen Schwenker erhebt, gilt natürlich auch für ihn die Unschuldsvermutung. Daran ändert auch sein Rücktritt nichts. Fakt ist in diesen Tagen nur: An der Förde ist eine außerordentlich erfolgreiche Ära zu Ende gegangen.