Addy Menga - VfL-Torjäger mit Erziehungsauftrag
Im folgenden Jahr drückt Menga jeden Tag von 8 bis 15 Uhr in der VHS Osnabrück die Schulbank. Um 16 Uhr fährt sein Zug nach Oldenburg, wo der VfB um 18.30 Uhr trainiert. Der Fußball-Profi a.D. denkt an die Zeit danach, einen Ausbildungsplatz zum Erzieher hat er bereits sicher, blüht aber auch sportlich wieder auf. "Seine Rolle als Führungsspieler hat er zu 100 Prozent angenommen. Die Fakten sprechen für sich, aber er war in Oldenburg auch eine wertvolle Persönlichkeit", sagt Nouri NDR.de. "Als ehemaliger Bundesliga-Spieler hatte er keinerlei Allüren, es gab keine Distanz zu seinen Mitspielern. Er hat mit seiner Art einfach alle mitgenommen. Und nur so ging es: Wenn so viele verschiedene Individuen im Orchester sitzen, darf keiner falsche Töne anschlagen."
Lieber Profikarriere als Ausbildung
Gleichzeitig pflegt Menga seine Kontakte zum VfL Osnabrück, wo mittlerweile Maik Walpurgis Trainer ist, der ihn schon 2012 gern zu den Sportfreunden Lotte geholt hätte. Menga verfolgt, wann immer es möglich ist, die Spiele an der Bremer Brücke und schaut beim Training vorbei. Er kommt wieder mit Walpurgis und Sportkoordinator Lothar Gans ins Gespräch - und zieht den Zweijahresvertrag beim VfL im Sommer 2014 der Ausbildung vor, die er aber nach wie vor nach der Karriere absolvieren will. Den erweiterten Realschulabschluss hat er in der Tasche.
"Addy macht uns alle glücklich"
Doch die Karriere hat wieder richtig Fahrt aufgenommen. Menga ist der Topscorer der Dritten Liga. "Wir hatten natürlich alle gehofft, dass er einschlägt. Aber damit, dass es so gut läuft, war nicht zu rechnen", erklärt Walpurgis NDR.de. "Er hat in dieser Saison sozusagen seine zweite Karriere gestartet. Er hätte Osnabrück vielleicht nie verlassen dürfen. Addy und der VfL, das passt einfach." Die Erklärung ist simpel. "Ich bin mit Selbstvertrauen aus Oldenburg gekommen. 23 Tore sind auch in der Regionalliga nicht selbstverständlich", weiß Menga und fügt hinzu: "Ich habe mich sehr gefreut, wieder nach Hause zu kommen, an die Bremer Brücke, zu den Fans. Das hat mir noch einen zusätzlichen Schub gegeben - und ich bin fit geblieben." VfL-Kapitän Alexander Dercho drückt es so aus: "Addy macht uns alle glücklich. Er ist ein hervorragender Spieler und erlebt gerade seinen zweiten Spätsommer."
Sturm- und Erfolgsduo mit Iljutcenko
Hält er seine Form, könnte der 31-Jährige zum Faustpfand des VfL im Kampf um den Aufstieg werden. Walpurgis wünscht ihm, "dass er noch einmal mit dem VfL aufsteigt. Dann wird er vom Prinz zum König." Osnabrück liegt als Siebter nur vier Punkte hinter den zweitplatzierten Münsteranern. Mit Stanislav Iljutcenko bildet Menga das erfolgreichste Sturmduo der ganzen Liga (20 Tore/15 Vorlagen). "'Stani' und Addy legen sich gegenseitig Tore auf und verstehen sich perfekt. Mit ihrer unterschiedlichen Spielart passen sie ideal zusammen", weiß Walpurgis. Menga bezeichnet seinen sieben Jahre jüngeren Kollegen als "guten Jungen und guten Freund", bei den Auswärtsfahrten teilen sie sich ein Zimmer. "Die jungen Spieler schauen zu ihm hoch und orientieren sich an ihm", hat Walpurgis erkannt. "Durch seine Art, Präsenz und Persönlichkeit ist er auch für mich ein Ansprechpartner."
"In Osnabrück habe ich alles, was ich brauche"
Ansprechpartner ist Menga als Mannschafts-DJ auch in Sachen Musik. Seine Playlist orientiert sich an seinen eigenen Vorlieben und den Wünschen seiner Mitspieler. Neben Songs aus den R'n'B- und Hip-Hop-Charts dröhnen deshalb schon mal Helene Fischer und Andrea Bocelli aus den Boxen. Zum Lieblingslied der ganzen Mannschaft hat sich allerdings "Premiere Gaou" von Magic System entwickelt. Vor den Spielen und auch in der Halbzeit darf der poppige Song der Band von der Elfenbeinküste nicht fehlen. Vom Blues von vor eineinhalb Jahren will Menga nichts mehr wissen: "Osnabrück ist meine Heimat. Meine Familie und meine Freunde leben hier - ich habe alles, was ich brauche."
- Teil 1: Aus dem Kongo auf die deutsche Fußballbühne
- Teil 2: Zu Hansa in die Bundesliga - und in die Viertklassigkeit
- Teil 3: Erzieherausbildung aufgeschoben, nicht aufgehoben