Werder-Geschäftsführer: Fritz will Baumann in Bremen beerben
Clemens Fritz ist bereit, bei Werder Bremen die Nachfolge von Frank Baumann als Geschäftsführer Sport anzutreten. Der Aufsichtsrat zögert noch, will alle Optionen prüfen. Werder-Familie oder externe Lösung - das ist die Frage.
Es war eigentlich ein offenes Geheimnis. Schon vor Wochen hatte Frank Baumann angekündigt, dass seine Zeit als Geschäftsführer Sport beim Fußball-Bundesligisten Werder Bremen abläuft. Inzwischen steht fest, dass er seinen im Sommer auslaufenden Vertrag nicht verlängern wird. Und eigentlich war es auch ein offenes Geheimnis, dass ein anderer Ehrenspielführer, nämlich Clemens Fritz, sein Nachfolger werden soll.
Fritz: "Ich will nichts geschenkt haben"
"Das kann passieren. Aber ich will nichts geschenkt haben", sagt der aktuelle Leiter des Profibereichs nach dem ersten Auswärtspunkt der Saison (2:2 beim VfL Wolfsburg) im NDR Sportclub. "Am Ende ist es doch so, dass die beste Lösung für Werder Bremen getroffen werden muss."
"Werder ist ein besonderer Verein für mich. Das ist kein Geheimnis und deswegen habe ich auch meinen Hut mit in den Ring geschmissen", erzählt Fritz. Aber in trockenen Tüchern ist die Personalie noch lange nicht. So jedenfalls heißt es offiziell. "Wir werden sowohl interne als auch externe Optionen prüfen", sagt der Aufsichtsrats-Vorsitzende, Hubertus Hess-Grunewald: "Clemens Fritz spielt in den Überlegungen natürlich eine Rolle."
"Sorgfalt geht vor Geschwindigkeit. Wir stehen nicht unter Zeitdruck." Aufsichtsrats-Boss Hubertus Hess-Grunewald
Bis Ende des ersten Quartals 2024 soll eine Lösung präsentiert werden. "Hier geht Sorgfalt vor Geschwindigkeit. Frank ist noch bis zum Ende der Saison im Amt, so gesehen stehen wir nicht unter Zeitdruck."
Fritz präsentiert Vorstellungen und Ideen
Erster Ansprechpartner dürfte dennoch Fritz sein, der sich der Aufgabe durchaus gewachsen sieht. "Ich habe in den letzten Jahren viel dazugelernt und mich weiterentwickelt", sagt der 42-Jährige, der an der UEFA-Akademie Management studiert hat. "Als Herr Hess-Grunewald auf mich zugekommen ist und mich gefragt hat, ob ich mir das vorstellen kann, habe ich natürlich ja gesagt." Den Worten sollen Taten folgen in Form einer Präsentation seiner Vorstellungen und Ideen vor dem siebenköpfigen Aufsichtsrat, "auf die ich mich gewissenhaft vorbereiten werde".
Baumann: "Haben Clemens sukzessive weiterentwickelt"
Behutsam und zielgerichtet ist der einstige Nationalspieler in den vergangenen Jahren für die verantwortungsvolle Position aufgebaut worden, hat alle möglichen Stationen im Club durchlaufen und durchweg beste Noten bekommen. "Wir haben Clemens sukzessive weiterentwickelt", beschreibt Baumann. "Ich traue ihm auch den Geschäftsführer-Posten unbedingt zu."
Seit November 2017 absolvierte Fritz ein Traineeprogramm und war in der Bremer Scouting-Abteilung tätig, die er seit Ende 2019 leitet. Aktuell ist er im dritten Jahr Leiter Profifußball - und begreift seinen Job noch immer als Entwicklungs- und Lernprozess.
Werner über Fritz: "Arbeite gerne mit ihm zusammen"
Natürlich sei die Entscheidung über die Baumann-Nachfolge Sache des Aufsichtsrats, sagt Ole Werner, und nicht die des Cheftrainers. "Aber es ist sicher kein Geheimnis, dass ich gerne, und in den vergangenen Jahren auch erfolgreich, mit Clemens zusammenarbeite. Ich traue ihm das absolut zu."
Sportlich wähnen sich beide gemeinsam auf dem richtigen Weg. Das Unentschieden in Wolfsburg sei hochverdient und zeige "Oles Handschrift". "Der Mut ist da, die Brust wird breiter und man sieht, das Selbstvertrauen wird größer", so Fritz. "Und das spiegelt sich auch in den Ergebnissen wider." Dem Heimsieg gegen Union Berlin folgte ein Punkt bei den "Wölfen". Die Entwicklung sei positiv - auch defensiv klappe es aktuell ganz gut. Naja, bei beiden Gegentoren gegen den VfL sah es nicht ganz so aus. Und jetzt kommen Frankfurt und Leverkusen ins Weserstadion.
Hilfe von Hockey-Weltmeistertrainer Bernhard Peters
Hinter den Bundesliga-Kulissen ist derweil ein Casting möglicher Kandidaten in Vorbereitung. Der Aufsichtsrat, dem die Bestellung des Baumann-Nachfolgers obliegt, will dabei auf Nummer sicher gehen und keinen Fehlgriff - wie nach dem Ausscheiden von Klaus Allofs - riskieren.
Als Experte bei der Suche nach geeigneten Bewerbern soll, wie es heißt, der frühere Hockey-Weltmeistertrainer Bernhard Peters helfen. Der 63-Jährige, der schon für die TSG Hoffenheim und den Hamburger SV gearbeitet hat, berät Werder seit Anfang des Jahres.
Spekulationen um Steidten, Rebbe und Niemeyer
Noch dringt nichts nach außen, was vielerlei Spekulationen ins Kraut schießen lässt. Der Name Tim Steidten wabert beispielsweise durch die Hansestadt, weil der gebürtige Bremer einst Chef-Scout bei Werder war und seit einem Vierteljahr Technischer Direktor von West Ham United in der englischen Premier League ist. Auch Olaf Rebbe kennt die Werder-Familie. Er war Marketingleiter und fungiert derzeit als Sportdirektor beim 1. FC Nürnberg.
Oder doch Ex-Spieler Peter Niemeyer, der bei Regionalligist Preußen Münster Erfahrungen als Sportdirektor gesammelt hat? Würde Fritz diese Chefs akzeptieren? "Damit beschäftige ich mich momentan wirklich nicht", sagt er.
Hat Fritz die besten Karten?
Das Karussell der Kandidaten dreht sich - und Fritz hat offenbar kein Problem damit. "Ich finde diesen Weg gut und richtig, weil es am Ende um Werder Bremen geht." Dass er allein deshalb einen Vorteil vor externen Kandidaten hat, weil er nicht nur ein anerkanntes Mitglied der Werder-Familie ist, sondern in vergleichbarer Funktion schon wirkt, muss angesichts der Vereins-Historie nicht besonders erwähnt werden.
Im 18. Jahr ist Fritz nun bereits für die Grün-Weißen im Einsatz. Von 2006 bis 2017 bestritt er als Rechtsverteidiger und Mittelfeldspieler, der in seiner Geburtsstadt Erfurt und beim Karlsruher SC noch als Stürmer aufgelaufen war, 363 Pflichtspiele. Im Nationalteam von Joachim Löw kam er auf 22 Einsätze und wurde 2008 Vize-Europameister.
Mertesacker hat kein Interesse
Einen Weltmeister und freundschaftlich wie geschäftlich verbundenen Mitspieler aus erfolgreichen Werder-Zeiten muss Fritz übrigens nicht fürchten. Per Mertesacker hat dem Vernehmen nach eine Anfrage bereits abgelehnt. Der Weltmeister von 2014 ist Leiter der Jugendakademie des FC Arsenal in London und sieht seine berufliche und familiäre Zukunft offenbar nicht in der Hansestadt. Darüber soll er Werder auch schon informiert haben.
Was Fritz umtreibt, wird er dem Aufsichtsrat bald vortragen. Über den Inhalt schweigt er naturgemäß. Nur so viel verrät er - und verweist dabei auf die lange und gedeihliche Zusammenarbeit mit seinem scheidenden Chef, mit dem er sich nach wie vor täglich abstimme: "Es wird nicht so sein, dass ich komme und sage: Ich werfe jetzt alles über den Haufen und mache es ganz anders. Das würde ich ausschließen."