St. Paulis Derbyhelden: Erst gefeiert, dann (fast alle) vergessen
Zum zwölften Mal treffen der HSV und der FC St. Pauli in der 2. Liga aufeinander. Der Kiezclub verlor nur drei der bisherigen Duelle im Bundesliga-Unterhaus gegen den Stadtrivalen. Jeder Derbysieg hatte seine Helden - die fast alle anschließend in der Versenkung verschwanden.
Die Fußballer von ADO Den Haag haben ihre Pflichtaufgabe am 36. Spieltag der Keuken Kampioen Divisie gemeistert. Glanzlos siegte der Tabellenfünfte der zweiten niederländischen Liga am Montagabend mit 2:0 beim Schlusslicht FC Utrecht II. Der Erfolg des Teams von Coach Darije Kalezić wäre im Normalfall im Zusammenhang mit dem Hamburger Stadtderby heute Abend (18.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) nie zu einer Randnotiz geworden, hätte bei den Gästen nicht ein Mann namens Henk Veerman mitgewirkt und per Foulelfmeter für das 1:0 gesorgt.
Denn der Sturmhüne trug von 2018 bis 2020 das Trikot des FC St. Pauli und machte sich bei den Fans des aktuellen Zweitliga-Tabellenführers insbesondere durch ein Tor nahezu unsterblich: Am 22. Februar 2020 brachte er den Kiezclub im Rückrunden-Duell beim HSV mit 1:0 in Führung und ebnete den Gästen so den Weg zum 2:0-Erfolg beim Erzrivalen.
Der große Karriere-Booster war das Tor im Derby für den heute 33-Jährigen aber nicht. Veerman wechselte nach dem Saisonende zurück in seine niederländischen Heimat zum SC Heerenveen. Es folgte ein halbjähriges Engagement beim FC Utrecht, bevor der Torjäger sich dem FC Volendam anschloss und seit dieser Serie nun für ADO Den Haag kickt.
HSV-Schreck Penney seit einem Jahr arbeitslos
Auch nahezu alle anderen Spieler, die in der Vergangenheit mit Treffern entscheidend zu den Erfolgen St. Paulis gegen den Stadtrivalen beitrugen, versanken anschließend in der Versenkung. Es scheint beinahe eine Art Fluch auf den Helden für einen Tag zu liegen. Ganz besonders hart traf das Schicksal dabei Matt Penney, der bei jenem 2:0-Erfolg den zweiten Treffer erzielte.
Der Verteidiger ist inzwischen seit fast einem Jahr arbeitslos. Der Engländer war seinerzeit nur von Sheffield Wednesday ausgeliehen und kehrte nach der Spielzeit auf die Insel zurück. Nach Stationen bei Ipswich Town, dem FC Motherwell und Charlton Athletic fand der 26-Jährige keine Anstellung mehr.
Diamantakos über Split nach Indien
Ein anderer früherer Derbyheld steht zwar weiter in Lohn und Brot, dies aber in der im internationalen Vergleich schwachen indischen Liga: Dimitrios Diamantakos. Der Grieche hatte großen Anteil daran, dass St. Pauli am 16. September 2019 Geschichte schrieb. Mit seinem Tor zum 1:0 gegen den HSV ebnete der Angreifer den Weg zum 2:0-Erfolg der Kiezkicker, der gleichbedeutend mit dem ersten Sieg der Braun-Weißen in Liga zwei gegen den Stadtrivalen war.
Am Saisonende verließ Diamantakos die Hanseaten in Richtung Hajduk Split. Dort wurde er aber ebenso wenig glücklich wie beim israelischen Club FC Ashdod. Seit 2022 geht der Ex-Nationalspieler nun im fernen Indien für die Kerala Blasters auf Torejagd.
"Antiheld" van Drongelen spielt nun in der Türkei
Der zweite Held des besagten Derbys ist eigentlich ein Antiheld - jedenfalls aus HSV-Sicht. Denn in Rick van Drongelen zeichnete ein Verteidiger des Rautenclubs per Eigentor für den zweiten Treffer verantwortlich. Der Niederländer suchte später sein Glück (vergeblich) bei Union Berlin und auf Leihbasis beim KV Mechelen in Belgien sowie dem FC Hansa Rostock. Seit dieser Saison läuft der Defensivspezialist für Samsunspor auf. Sein Trainer beim türkischen Süper-Lig-Club ist Markus Gisdol und damit sein Coach aus gemeinsamen Zeiten beim HSV.
Kyereh nach St.-Pauli-Abschied von Verletzungspech verfolgt
In Daniel-Kofi Kyereh steht ein weiterer früherer Derbyheld inzwischen bei einem Erstligisten unter Vertrag. Allerdings ist es um den Nationalspieler Ghanas dennoch seit geraumer Zeit sehr ruhig geworden. Denn nach seinem Wechsel 2022 zum SC Freiburg ist der 28-Jährige vom Verletzungspech verfolgt. Nach einem Mitte Februar des vergangenen Jahres erlittenen Kreuzbandriss hat Kyereh bis heute kein Spiel mehr bestritten.
Bitter für den Edeltechniker, der im Rückrunden-Duell der Saison 2020/2021 den 1:0-Siegtreffer für St. Pauli gegen den HSV erzielte. Seinerzeit standen in Leart Paçarada (1. FC Köln) und Finn Ole Becker (TSG Hoffenheim) zwei weitere Akteure in der Startelf des Kiezclubs, die es später zwar ebenfalls in die Bundesliga schafften, dort aber bei ihren Clubs keine übergeordnete Rolle spielen.
Doppelpacker Makienok: Erst gefeiert, dann fallengelassen
In der vorvergangenen Serie kam es bereits am dritten Spieltag zum ersten Stadtderby. Corona-bedingt durften am 18. August 2021 nur 10.000 Zuschauer bei der Partie am Millerntor dabei sein. Sie sahen einen 3:2-Sieg der Hausherren, zu dem Simon Makienok zwei Treffer beisteuerte. Es war für den hochaufgeschossenen Dänen der schönste Arbeitstag beim FC St. Pauli. Denn weil sich der Zweitligist insgesamt mehr "Wumms" von dem 31-Jährigen versprochen hatte, wurde sein Vertrag am Saisonende nicht verlängert.
Aktuell kickt der Zwei-Meter-Mann in der Heimat bei Hvidovre IF, das in der Abstiegsrunde versucht, den Sturz in die dänische Zweitklassigkeit zu vermeiden. Mit wettbewerbsübergreifend fünf Treffern in 18 Partien ist der frühere St. Paulianer dem Club dabei bis dato keine sonderlich große Hilfe.
Schultz feiert im Derby letzten Sieg als St.-Pauli-Coach
In der Spielzeit 2022/2023 gab es im ersten Vergleich mit dem HSV einen 3:0-Erfolg. Ein früher Platzverweis von Sebastian Schonlau (28.) spielte dem Kiezclub dabei am 14. Oktober 2022 im Millerntorstadion in die Karten. Eric Smith, Marcel Hartel und David Otto erzielten im zweiten Abschnitt St. Paulis Tore.
Coach Timo Schultz durfte nach dem dritten Saisonsieg aufatmen. Allerdings nur kurzfristig. Denn nachdem sein Team aus den darauffolgenden fünf Partien nur drei Zähler holte, wurde das Vereins-Urgestein entlassen. Auch beim FC Basel hatte er wenig Glück und musste nach wenigen Monaten wieder gehen, mit dem 1. FC Köln steht er nun vor dem Abstieg aus der Bundesliga.
Hürzeler wartet noch auf ersten Derbysieg
Sein Nachfolger Fabian Hürzeler führte das Team zwar in beeindruckender Art und Weise aus dem Keller, kassierte dann aber ausgerechnet im Derby beim HSV beim spektakulären 3:4 eine der bittersten Pleiten seiner bis dato sehr erfolgreichen Amtszeit. Auch das 2:2 nach 2:0-Führung im Hinrunden-Duell dieser Saison war nicht nach dem Geschmack des ehrgeizigen Coaches. Möglicherweise heißt es nun aber ja für ihn heute im Volksparkstadion: Aller guten Dinge sind drei...