Marina Hegering sprintet dem Ball hinterher. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Daniel Cole

Rücktritt von Marina Hegering beim DFB - Eine Karriere wie keine andere

Stand: 13.09.2024 13:30 Uhr

Innenverteidigerin Marina Hegering beendet ihre Karriere in der Nationalmannschaft im Alter von 34 Jahren und nach 42 Länderspielen. Es hätten viel mehr sein können, aber Hegering wurde jahrelang von einer Verletzung ausgebremst. Ein Comeback wie ihres gibt es im deutschen Fußball nicht. Sie kann mit Stolz zurückblicken und ist für ihre Mitspielerinnen ein großes Vorbild. Im DFB-Team wird sie fehlen.

von Inka Blumensaat

Marina Hegering spuckt Blut. Im Nations-League-Spiel Mitte Februar in Frankreich wurde die Abwehrspielerin kurz zuvor vom Arm einer Gegenspielerin getroffen. Am Spielfeldrand wird die Platzwunde im Mund genäht. Hegering spielt weiter, gewinnt ihre Zweikämpfe, räumt ab - erst nach der Pause bleibt sie wegen leichter Kreislaufprobleme in der Kabine. Als "stahlharte" Verteidigerin wird Hegering immer wieder beschrieben - zu Recht. Gestählt hat sie vor allem der Kampf um ihre Karriere.

U20-Weltmeisterin mit goldener Zukunft

"Sie würde sich lieber ein Bein brechen, als stehenzubleiben und eine Situation herzuschenken. Das ist etwas Besonderes", sagte ihre langjährige Mitspielerin Almuth Schult einmal über Hegering. Gemeinsam wurden beide 2010 mit der U20-Nationalmanschaft Weltmeisterinnen, zum Team gehörten auch Alexandra Popp und Dzsenifer Maroszan. Hegering glänzte beim Turnier als Kapiänin, Abwehrchefin und Torschützin. Sie stand vor einer goldenen Zukunft.

Lange Leidenszeit

In der Bundesliga spielte die gebürtige Bocholterin für den FCR Duisburg, bis sie sich schwer an der rechten Ferse verletzt. Nach der ersten Operation verheilte die Wunde schlecht. Die Reha begann - und schien kein Ende zu nehmen. Hegering schnitt Löcher in ihre Schuhe, weil die Schmerzen sonst kaum auszuhalten waren. Drei Jahre lang konnte sie kein Bundesligaspiel bestreiten. "Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte nicht daran gedacht aufzuhören", sagt sie rückblickend. Und schaffte doch das Comeback.

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Länderspieldebüt mit 28 Jahren

Über Leverkusen ging es zur SGS Essen, dort überzeugte Hegering mit guten Leistungen in der Innenverteidigung. Im Alter von 28 Jahren wurde sie Nationalspielerin, kurz darauf Stammkraft bei der WM 2019 in Frankreich. Ein Fußballmärchen. Profi war sie damals noch nicht, arbeitete tagsüber im Büro einer Baufirma, trainierte abends und spielte am Wochenende in der Bundesliga.

Die Doppelbelastung endete, als Bayern München Hegering vor vier Jahren verpflichtete. Mit dem FCB holte sie in der ersten Saison die deutsche Meisterschaft, die folgende verpasste sie wegen einer Verletzung fast komplett. Die damalige Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg nominierte die Innenverteidigerin dennoch für die anschließende Europameisterschaft in England im Sommer 2022. Daran gab es viel Kritik, selbst intern wurde gezweifelt, ob Hegering dem Team helfen könne.

Starke Leistungen bei der Euro 2022

Sie zahlte das Vertrauen der Bundestrainerin mit überragenden Leistungen zurück. Ein Leuchtturm in der Abwehr mit großem Geschick und viel Robustheit in den Zweikämpfen, mit einem guten Auge in der Spieleröffnung. Die Mitspielerinnen tauften sie "Maschina" - man hört, dass Hegering im Krafttraining gern ein paar Gewichte mehr als andere auflegen lässt. In England erreichte sie mit dem Team das Finale und wurde in die "Elf des Turniers" gewählt.

Auch vor den Olympischen Spielen in Paris musste sie wegen einer Verletzung pausieren. Auch diesmal gab es kritische Stimmen, weil der Bundestrainer auf die Genesung der 34-Jährigen setzte - ob es denn da keine Bessere gäbe? Die Antwort auf diese Frage lautet simpel - Nein!

Wegen Hegerings Qualitäten, die sie auch bei Olympia zeigte - am Ende gab es Bronze. Und weil es in der Abwehr und speziell in der Innenverteidigung für einen Bundestrainer wenig Auswahl gibt. Neben Hegering ist ihre 32 Jahre alte Wolfsburger Mitspielerin Kathrin Hendrich im Nationalteam gesetzt.

In der DFB-Abwehr kaum zu ersetzen

Die 25-jährige Bibiane Schulze-Solano (Athletic Bilbao) kam unter Hrubesch zum Länderspieldebüt, aber nicht an Hegering und Hendrich vorbei. Die 32 Jahre alte Sara Doorsoun (Eintracht Frankfurt) ist eine weitere Alternative, bei ihren Einsätzen in diesem Jahr allerdings spielte sie zu fehlerhaft. Und so dürfte Hegerings Rücktritt bei allem Verständnis des Bundestrainers auch zu Sorgen darüber führen, wer sie wohl ersetzen kann.

Stolz auf eine ungewöhnliche Karriere

Beim VfL Wolfsburg wird sie mindestens in dieser Saison weiter auf dem Rasen stehen, anschließend möchte Marina Hegering Trainerin werden. Vermitteln kann sie sicher viel, schon jetzt ihren Mitspielerinnen, für die sie ein riesiges Vorbild ist. Eine, die vorangeht, immer 100 Prozent gibt, die sich gegen alle Widerstände durchzusetzen weiß. In einzelnen Spielen genauso wie in ihrer gesamten, so ungewöhnlichen Karriere.

"Ich habe 42 Länderspiele bestreiten dürfen, und wenn mir das jemand vor zehn Jahren erzählt hätte - ich hätte ihn oder sie für bekloppt gehalten", sagt sie selbst. "Ich darf mich aber tatsächlich Nationalspielerin nennen, und das erfüllt mich mit purer Glückseligkeit und Stolz."

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Dieses Thema im Programm:

Sport aktuell | 13.09.2024 | 11:17 Uhr

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