Phönix Lübeck rüttelt an Vorherrschaft des VfB Lübeck
Für Fußball-Drittligist VfB Lübeck könnte es mit der Dominanz an der Trave im Sommer vorbei sein. Der 1. FC Phönix Lübeck rüttelt an der Vorherrschaft des Traditionsclubs. Steigt der kleine Nachbar in die 3. Liga auf und der VfB aus dieser wieder ab, wäre die Wachablösung vollzogen.
Es ist noch nicht so lange her, da reiste der 1. FC Phönix Lübeck zu Punktspielen bei Grün-Weiss Siebenbäumen, Borussia Möhnsen oder Fortuna St. Jürgen. Triste Zeiten waren das für die "Adler", damals in der Saison 2010/2011 in der siebtklassigen Kreisliga Herzogtum Lauenburg. In der Abschlusstabelle belegte der 1903 von Kaufleuten, Baugewerkschülern und Volontären gegründete Club Rang 13 - hinter gleich fünf Lübecker Vereinen. Es ist bis heute die schlechteste Platzierung des 1. FC Phönix in seiner hundertjährigen Historie.
Phönix so nah am VfB wie seit vielen Jahren nicht
Die Nummer eins der Hansestadt, der VfB, riss zu jener Zeit zwar fußballerisch auch keine Bäume aus, kickte aber immerhin in der viertklassigen Regionalliga. Für Phönix schien der große Nachbar unerreichbar. Heute sieht das ganz anders aus: Dank eines beachtlichen sportlichen Aufschwungs sind die "Adler" dem Team von der Lohmühle so nah wie seit vielen Jahren nicht. Mehr noch: Es könnte im Sommer zu einer Wachablösung kommen - dann wäre der kleine Nachbar die Nummer eins der Stadt.
"Wir haben die Vision, das Bestmögliche zu erreichen." Phönix-Sportdirektor Frank Salomon
"Wir haben eine junge Mannschaft, die in dieser Saison erst einmal bezwungen wurde. Wir sehen auch nicht den Grund, warum wir uns zurückhalten sollten", sagte Frank Salomon, Sportdirektor und Geschäftsführer beim 1. FC Phönix, dem NDR.
Phönix vor Topspiel gegen Holstein Kiel II
Ein Wechsel der Vormachtstellung in Lübeck ist ein vorstellbares Szenario. Das Team von VfB-Trainer Lukas Pfeiffer belegt nach 14 Spieltagen den drittletzten Rang und damit in der Dritten Liga einen Abstiegsplatz. Phönix ist auch dank der neun Saisontore von Ex-VfB-Stürmer Vjekoslav Taritas in der Regionalliga Nord mit 31 Punkten Tabellenzweiter und hat ein Spiel weniger ausgetragen als Spitzenreiter Holstein Kiel II (32), der noch dazu an diesem Sonnabend (13 Uhr) zum Topspiel kommt.
Besondere Aktion: Zuschauer entscheiden über Eintrittspreis
Dabei wird es mit der "Pay What You Want"-Aktion eine Besonderheit geben. Welchen Eintritt das Duell wert ist, entscheiden die Fans. "Die Zuschauer selbst bestimmen den Preis für ihre Eintrittskarte nach eigenem Ermessen", heißt es in einer Clubmitteilung. Es gebe "eine nicht zu unterschätzende Anzahl an Fußballfreunden, für welche die regulären Eintrittsgelder finanziell eine größere Herausforderung darstellen - besonders, wenn es darum geht, mit der gesamten Familie einen Stadionbesuch zu realisieren." Dem wolle der Verein mit seiner Aktion entgegenwirken.
Wer auch immer dann Mitte Mai in der Abschlusstabelle der Regionalliga Nord ganz oben stehen wird, bekommt es mit einer weiteren Hürde zu tun. Der Nord-Champion bestreitet zwei Aufstiegsspiele gegen den Meister der Regionalliga Bayern. Einiges deutet darauf hin, dass dies der ehemalige Zweitligist Würzburger Kickers sein könnte.
Phönix wirft VfB aus dem Pokalwettbewerb
Aufhorchen lassen hat Phönix indes nicht nur durch die Erfolge in der Liga, wo bereits zehn Siege gelangen. Ende September setzte sich der Club im Viertelfinale des Landespokals gegen den VfB durch, entschied das 145. Stadtderby im Elfmeterschießen für sich und darf vom Einzug in die erste Runde des DFB-Pokals und satten Einnahmen träumen - erst recht nach dem 4:0 im Halbfinale gegen den Eichholzer SV. Gegner im Endspiel ist der SV Todesfelde.
Die Prämie in Höhe von knapp 216.000 Euro für den Einzug in die erste DFB-Pokalrunde sowie weitere Einnahmen durch Zulosung eines attraktiven Gegners könnte der Verein sehr gut gebrauchen. Denn es fehlt bei der Infrastruktur an vielem. Vor allem die Stadionsituation bereitet den Phönix-Verantwortlichen Sorgen, sollte im Frühsommer tatsächlich der Sprung in die Drittklassigkeit gelingen.
Bei Drittliga-Aufstieg wohl Heimspiele an der Lohmühle
Das lange Jahre genutzte Stadion am Flugplatz ist marode. Da der Rasen aktuell nicht bespielbar ist, muss Phönix in dieser Saison an den Buniamshof ausweichen, doch auch diese Spielstätte erfüllt nicht die Drittliga-Anforderungen. Sollte der Aufstieg gelingen, käme der 1. FC kaum an einer Nutzung des VfB-Stadions vorbei. "In Lübeck gibt es eigentlich nur die Lohmühle, die diese Dinge erfüllt", räumte Salomon ein.
Er ist optimistisch, dass Gastspiele dort den großen Nachbarn und dessen Anhängerschaft nicht verstimmen würden. "Wer sportlich denkt, könnte sich eher wünschen, dass Lübeck zu einer Drittliga-Hauptstadt wird", so Salomon. Dazu müsste der VfB in der Liga bleiben und Phönix hinzukommen.
"Für die Stadt Lübeck wäre das richtig gut. Ich persönlich würde mich sehr freuen, wenn wir beide in der Dritten Liga spielen würden", unterstrich auch Phönix-Teammanager Hakan Karadiken, der das gute Miteinander mit dem VfB lobte. "Man redet miteinander, man organisiert miteinander, man plant zusammen. Man hat immer ein Auge beim Nachbarn."
Zukunft mit Perspektive
Dass die Rivalität zwischen den Vereinen wachsen dürfte, wenn sie wieder in Ligaspielen aufeinandertreffen sollten oder der kleinere Club tatsächlich durch einen Ligentausch am großen VfB vorbeiziehen würde, daran wollen die handelnden Personen beim Club mit dem Adler im Wappen noch nicht denken.
Sie genießen einfach die Lage in der Regionalliga Nord, die ihrem Club so schöne Perspektiven bietet. Die Dritte Liga in Blickweite, dazu dem VfB derzeit auch sportlich so nahe - das hätten sie sich bei Phönix vor einigen Jahren nicht träumen lassen, als es zu Kreisliga-Punktspielen bei Grün-Weiss Siebenbäumen oder Borussia Möhnsen ging.