Joker Matanovic trifft - St. Pauli gewinnt bei Hannover 96
Der FC St. Pauli hat im Abstiegskampf der zweiten Fußball-Bundesliga den Befreiungsschlag geschafft. Dank eines Treffers in der Nachspielzeit gewannen die Hamburger 3:2 (2:0) bei Hannover 96.
Der eingewechselte Igor Matanovic war der umjubelte Torschütze für die Kiezkicker, die damit den ersten Saisonsieg seit September (4:2 gegen Heidenheim) feierten. Die Hamburger mussten am Sonnabend nach bärenstarken 50 Minuten im zweiten Durchgang zittern, weil Hannover den 0:2-Rückstand aufgeholt hatte und dem Siegtreffer deutlich näher gewesen war als die Gäste. Während die zarten Aufstiegshoffnungen der Niedersachsen damit erst mal wieder dahin sind, rückte die Elf von Trainer Timo Schultz in der Tabelle vorerst bis auf einen Punkt an das rettende Ufer heran.
"Nach der langen Zeit ohne Sieg ist das natürlich ein tolles Gefühl. Wir sind alle erleichtert", sagte Schultz: "Heute haben wir einfach auch das Quäntchen Glück gehabt."
FC St. Pauli mit Blitzstart
Omar Marmoush und Guido Burgstaller - auf diesen beiden Stürmer hatten im Vorfeld der Partie die Hoffnungen der Braun-Weißen geruht. Der Neuzugang und der nach langer Verletzung wieder genesene Routinier lieferten schnell: Marmoush schickte Burgstaller steil, dessen scharfe Hereingabe vollendete Rodrigo Zalazar nach nur 71 Sekunden Spielzeit zur Gäste-Führung (2.).
Keine acht Minuten später traf Burgstaller selbst: Zalazar hatte sich auf der rechten Seite durchgesetzt und von der Grundlinie halbhoch an den linken Pfosten geflankt, wo der Österreicher per Kopf zur Stelle war (10.). "Er tut uns mit seiner Art einfach gut", lobte Schultz den Torjäger, der erstmals für St. Pauli traf.
96-Coach Kocak reagiert und stellt um
Hannover wirkte sichtlich geschockt. Zwar hatten die Niedersachsen mehr Ballbesitz, kamen aber kaum gefährlich vor das St.-Pauli-Tor. Ganz anders präsentierten sich die Hamburger: Mit schnellem Umschaltspiel überrannten sie das 96-Mittelfeld förmlich - lediglich beim Torabschluss fehlte es dann an Präzision, sonst wären weitere Treffer der Gäste die Folge gewesen.
Hannovers Trainer Kenan Kocak reagierte nach einer halben Stunde, brachte Hendrik Weydandt und Florent Muslija und stellte auf eine Doppelspitze um (32.). Immerhin hatten die Gastgeber danach erste Torgelegenheiten durch Marvin Ducksch (35., 38.), doch Zählbares sprang bis zur Pause nicht mehr heraus.
Haraguchi-Doppelpack binnen zwei Minuten
Beinahe wären die Niedersachsen unmittelbar nach Wiederanpfiff erneut kalt erwischt worden. Daniel-Kofi Kyereh probierte es von der Mittellinie mit einem Weitschuss - der zurückeilende 96-Keeper Michael Esser bekam gerade noch die Finger dran und klärte zur Ecke (46.). Auch gegen Zalazar musste Esser sein ganzes Können aufbieten, um das dritte Gegentor zu verhindern (50.).
Doch statt 0:3 oder gar 0:4 stand es urplötzlich 2:2. Erst wurde Genki Haraguchi von Philipp Ziereis nicht entscheidend gestört und traf mit einem satten Schuss von der Strafraumlinie (53.), zwei Minuten später war der Japaner nach Flanke seines Landsmannes Sei Muroya per Kopf zur Stelle - wieder sah Gegenspieler Ziereis dabei nicht gut aus.
Hannover drückt, St. Pauli wackelt bedenklich
Hannover spielte nun wie verwandelt, Angriff auf Angriff rollte der jetzt wackeligen St.-Pauli-Defensive entgegen: Daniel Buballa blockte gegen Ducksch und Dominik Kaiser (61.), auch bei einem Volleyschuss von Ducksch (63.) und einem Kopfball von Timo Hübers (67.) lag das 3:2 für Hannover in der Luft.
Vom schönen, schnellen Offensivfußball der Kiezkicker war nun gar nichts mehr zu sehen. Es stürmte nur noch Hannover. Muslijas Schuss aus kurzer Distanz entschärfte St. Paulis Keeper Dejan Stojanovic mit einer Glanztat (76.), Jaka Bijol köpfte knapp drüber (83.). Überdies hatten die Gäste Glück, dass nach einer Grätsche von Stojanovic gegen Weydandt die Pfeife von Schiedsrichter Sören Storks stumm blieb. Auch der Kölner Videokeller meldete sich nicht (86.). "Ich frage mich, wozu wir den Videobeweis haben", ärgerte sich Kocak: "Wir spielen in dieser Phase auf ein Tor und haben Chancen um Chancen."
Bijol sieht Gelb-Rot, Matanovic trifft zum Sieg
Kurz vor dem Ende bekam die Partie dann die unerwartete Wende. Erst sah Bijol die Gelb-Rote Karte (88.), dann setzte sich Matanovic in der zweiten Minute der Nachspielzeit gegen Hübers durch und spitzelte den Ball an den Innenpfosten, von dem er ins Tor kullerte - Schock für Hannover und grenzenloser Jubel bei St. Pauli! "Das ist für den Jungen top, das ist für den Verein top", fasste Schultz seine Glücksgefühle in einem Satz zusammen. Der 17 Jahre alte Matanovic war überwältigt: "Ich weiß gar nicht, was ich denken soll. Meine Emotionen gehen hoch und runter und mein ganzer Körper zittert."