Angreifer Fiete Arp vom Fußball-Zweitligisten Holstein Kiel © IMAGO / Claus Bergmann

Fiete Arp bei Holstein Kiel: "Es macht richtig, richtig Bock hier"

Stand: 08.07.2021 08:47 Uhr

Als 17-Jähriger debütierte Jann-Fiete Arp für den Hamburger SV in der Fußball-Bundesliga. Mit 19 wechselte der gebürtige Bad Segeberger zum FC Bayern München. Scheinbar ganz oben angekommen, wendete sich für den Stürmer das Blatt. Er verschwand in der Versenkung und versucht nun bei Holstein Kiel einen Neuanfang.

von Hanno Bode und Tobias Gellert

Wer den früheren Junioren-Nationalspieler in diesen Tagen beim Training im Kreise seiner neuen Teamkameraden beobachtet, käme ohne Kenntnis seiner Vorgeschichte wahrscheinlich niemals auf den Verdacht, dass eine sehr schwere sportliche Zeit hinter ihm liegt. Arp lacht, feixt und geht mit viel Freude und Energie seinem Beruf nach. "Ich habe es selten erlebt, so gut aufgenommen zu werden - und zwar vom ersten Tag an. Es macht richtig, richtig Bock hier", sagt der für eine Saison vom FCB an die KSV ausgeliehene Torjäger dem NDR.

Zuletzt sogar in Münchens U23 nur Tribünenhocker

Vor ein paar Wochen noch war Arps Gemütslage eine ganz andere. Er war am Tiefpunkt seiner von Beginn an sehr schwierigen Zeit in München angekommen. Im Drittliga-Saisonfinale der zweiten Mannschaft gegen den Halleschen FC musste der Angreifer auf der Tribüne Platz nehmen, obwohl er topfit war. Coach Danny Schwarz vertraute stattdessen im Mittelsturm dem 18-jährigen Armindo Sieb und griff später als "Joker" auf den 20-jährigen Salzgitteraner Lenn Jastremski zurück. Beide konnten die 0:1-Pleite und den Abstieg der Mannschaft, die im Vorjahr noch Meister geworden war, nicht verhindern. Schwarz erklärte seinen Verzicht auf Arp später mit "Trainingseindrücken".

Hohes Gehalt, wenig Tore

Ob es mit dem 2019 für eine kolportierte Ablösesumme von drei Millionen Euro vom HSV zu den Bayern transferierten Stürmer gegen Halle besser gelaufen wäre, ist hypothetisch. Die Sterne vom Himmel gespielt hat der 21-Jährige auch im Dress des zweiten Teams des Rekordmeisters nicht. Dabei hatte sich Arp im vergangenen Sommer aus freien Stücken aus der Profi-Mannschaft des Rekordmeisters in die U23 herabstufen lassen, um dort zu alter Stärke zurückzufinden. Seine Bilanz fiel mit fünf Treffern in 30 Partien eher dürftig für einen Mann aus, der beim FCB Medienberichten zufolge fünf Millionen Euro Jahressalär erhalten soll.

Dass Geld wie so häufig behauptet den Charakter verdirbt, soll bei Arp allerdings nicht zutreffen. Sogar der keineswegs zimperliche Münchner Boulevard verlor kein böses Wort über den einst in Hamburg hochgejubelten und an der Isar tiefgefallenen Angreifer. Er sei ein "feiner Kerl" hieß es noch kurz vor seinem Abschied.

Nur ein Pflichtspiel-Einsatz für Bayerns Bundesliga-Team

Nach zwei Jahren, in denen er lediglich zu einem Kurzeinsatz im DFB-Pokal 2020 gegen den Amateurclub 1. FC Düren für die Münchner Profis kam, war Arp in einer sportlichen Sackgasse angekommen. "Es hat mich eigentlich nicht bedrückt, in der zweiten Mannschaft zu spielen. Es war am Ende eher der Umstand, dass ich dieses Jahr eigentlich als Sprungbrett für die kommenden Jahre nehmen wollte und es dann aus verschiedenen Gründen nicht erfolgreich lief", erklärt der 21-Jährige, dessen Kontrakt beim FCB noch bis 2024 datiert ist.

"Am Ende war es einfach nur erdrückend, weil ich gemerkt habe, dass der Plan, den ich habe, überhaupt kein Thema mehr ist. Weil wir gegen den Abstieg gespielt haben, konnte ich mich gar nicht um mich selbst kümmern", ergänzt Arp und zieht eine ernüchternde Bilanz seiner Saison bei den sogenannten Amateuren des Rekordchampions: "Am Ende des Tages war dann für mich ein Jahr, das sportlich auch wieder nicht gut lief."

Youngster früh mit Selbstzweifeln

Es musste also eine Luftveränderung her für den Angreifer, der trotz seines noch jungen Alters bereits sehr reflektiert auf seine bisherige Karriere blickt. Der frühe Ruhm sei ihm nicht zu Kopf gestiegen, versichert Arp. Ganz im Gegenteil. "Jedes Mal, wenn die Zeitung wieder geschrieben hat, was für ein super Spieler ich bin, saß ich zu Hause und habe mir gesagt: 'Nein, nein, so super bist du gar nicht'. Das hat sich dann irgendwann festgesetzt in meinem Kopf, sodass ich die kleinen positiven Dinge nicht mehr angenommen habe, weil ich mir irgendwie angewöhnt habe, alles herunterzuspielen", eklärt Arp.

Dieses Denkmuster habe zwar dazu geführt, dass er auch Negativ-Erlebnisse nicht so sehr an sich herangelassen habe. "Aber es war dann irgendwie so eine emotionslose Phase, weil ich mich nicht mehr gefreut habe, aber ich mich auch nicht mehr richtig ärgern konnte. Das passt aber nicht zu mir, weil ich gerade, was den Fußball angeht, ziemlich emotional bin", sagt der 21-Jährige.

Arp hofft, wieder "befreiter" aufzuspielen

Mit dem Wechsel vom großen FCB zur vergleichsweise kleinen KSV Holstein erhofft sich Arp nun auch einen mentalen Neubeginn. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich hier in einem Verein bin, in dem man Siege wieder gemeinsam richtig feiert und sich über Niederlagen zusammen ärgert. Und dass es am Ende wirklich nur noch um Fußball geht", sagt der "Hamburger Jung", der nun aus seinem "Exil" im Süden wieder in den Norden zurückgekehrt ist. "Die Heimat-Nähe war das I-Tüpfelchen auf dem Ganzen", erklärt der Ex-HSV-Angreifer.

Die oftmals bedrückende Zeit in München hat Arp offenbar rasch hinter sich gelassen. Nach nur zwei Wochen an der Waterkant sprüht der 21-Jährige bereits vor Tatendrang und blickt seinem fußballerischen Neubeginn voller Optimismus entgegen: "Ich denke, wenn man sich extrem rundum wohlfühlt, wie es hier bei mir der Fall ist, dann wird es am Ende darauf hinauslaufen, dass du auf dem Platz wieder unbeschwerter agierst und einfach befreiter aufspielst."

Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 07.07.2021 | 19:30 Uhr

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