FC St. Pauli: Die erste Saisonkrise kommt zur Unzeit
Zum ersten Mal hat der FC St. Pauli in dieser Saison zweimal in Folge verloren, zum ersten Mal befinden sich die Hamburger unter Trainer Fabian Hürzeler in einer sportlichen Krise. Beginnt jetzt die große Aufstiegsflatter?
Die Tabellenführung ist nach der 3:4-Niederlage gegen Aufsteiger Elversberg futsch, aber fünf Spieltage vor dem Saisonende haben die Braun-Weißen noch immer fünf Punkte Vorsprung auf Relegationsrang drei und Fortuna Düsseldorf, komfortable acht sind es auf den vierten Platz, den der HSV innehat.
Die 2. Fußball-Bundesliga sei nicht dafür gemacht, um durchzumarschieren, erklärte St. Paulis Coach Hürzeler. "Wir sind immer noch vorne dabei, wir haben immer noch alles in der eigenen Hand. Es wird uns jetzt nicht umwerfen, dass wir zwei Niederlagen hintereinander haben", sagte der 31-Jährige und nahm seine Spieler in Schutz: "Das sind Menschen, das sind keine Maschinen."
St. Pauli labil, Konkurrenz stabil
Tatsächlich ist den Kiezkickern die Konstanz abhandengekommen, während die direkte Konkurrenz aus Kiel und Düsseldorf derzeit extrem stabil und formstark spielt: Fortuna Düsseldorf ist seit neun Partien ungeschlagen, holte dabei sechs Siege und drei Remis. Holstein, seit Sonntag wieder Tabellenführer, verlor von den jüngsten neun Spielen nur eines und gewann zuletzt fünf Mal in Folge ohne Gegentor.
Zum Vergleich: St. Pauli kassierte im gleichen Zeitraum vier Niederlagen. Lagen die Hamburger am 20. Spieltag mit 42 Punkten noch sechs Zähler vor Kiel (damals Tabellendritter) und sogar elf vor Düsseldorf (Rang fünf), so ist das Trio jetzt deutlich zusammengerückt. Immerhin ist der Vorsprung auf den Stadtrivalen HSV (Zweiter) von fünf auf acht Zähler angewachsen - das mag als Trost gelten.
Torhüter Vasilj: "Schlechteste Saisonleistung"
Ließen sich für St. Paulis Niederlagen in Magdeburg (ramponierter Rasen), bei Schalke 04 (bissiger, von den Fans angetriebener Gegner) und in Karlsruhe (strittige Schiedsrichterentscheidungen) durchaus Erklärungsansätze finden, so macht die Leistung der Hürzeler-Elf gegen Elversberg ratlos: Zwölf Großchancen des Gegners ließ die Defensive zu, vier Gegentore hatten die Hamburger in dieser Saison noch nie kassiert.
"Wir waren mental einfach nicht da." St. Paulis Abwehrchef Eric Smith
Torhüter Nikola Vasilj, der mit zahleichen Paraden lange Schlimmes verhinderte, sprach von der "schlechtesten Saisonleistung von uns allen". Auch Abwehrchef Eric Smith wetterte nach dem Spiel: "Wir müssen verstehen, dass wir auf der Höhe sein müssen. Wenn wir da rausgehen und eine solche Vorstellung abliefern, ist das einfach nicht genug", kritisierte der Schwede.
Hürzeler: "Ich verlange definitiv eine Reaktion"
Diese klaren Worte machen Trainer Hürzeler Hoffnung: "Wichtig ist, dass wir ehrlich zu uns selbst sind. Wenn die Jungs auch öffentlich klar die Dinge ansprechen, ist es der erste Schritt in die richtige Richtung." Der zweite soll am Sonntag (13.30 Uhr, im NDR Livecenter) im Gastspiel bei Hannover 96 erfolgen: "Ich verlange definitiv eine Reaktion."
Für den 31-Jährigen ist entscheidend, dass seine Mannschaft sich auf ihre Basis besinnt: die defensive Stabilität. "Wir müssen bei uns anfangen", fordert Hürzeler, "wir brauchen Schärfe gegen den Ball, müssen mit allem was wir haben wieder zu null spielen wollen. Das ist unsere Identität, die haben wir vermissen lassen, und das ist definitiv enttäuschend."
Boll glaubt an den Aufstieg
Ex-St.-Pauli Profi Fabian Boll ist zuversichtlich, dass die Braun-Weißen die Krise meistern: "Sie machen jetzt nicht den Eindruck, dass die große Flatter ausgebrochen ist", sagte der 44-Jährige im NDR Sportclub. Es sei jetzt eine "kleine Delle" da, so etwas komme vor im Laufe einer Saison: "Aber ich denke, dass sie sich am Wochenende wieder fangen und über dem Strich über die Ziellinie gehen."
Auch Smith hofft, dass die Niederlage "ein Hallo-wach-Erlebnis" ist und blickte bereits voraus auf die Partie in Hannover: "Das wird ein noch härteres Spiel." Zumal Düsseldorf tags zuvor im Heimspiel gegen Fürth den Druck erhöhen und bis auf zwei Punkte heranrücken könnte.
Davon will Johannes Eggestein aber nichts hören: "Es ist irrelevant, was die anderen machen, weil wir es in der Hand haben. Wir müssen uns auf unsere Leistung konzentrieren."