Ende eines Missverständnisses: Wolfsburgs Waldschmidt nach Köln
Für Luca Waldschmidt ist das Kapitel VfL Wolfsburg nach zwei Jahren vorerst beendet. Der Nationalspieler wechselt auf Leihbasis für ein Jahr zum Bundesliga-Konkurrenten 1. FC Köln. Dort hofft der Offensivmann, wieder zu alter Stärke zurückzufinden.
Am Montagnachmittag brauste Luca Waldschmidt, 27 Jahre alt, eigentlich beim VfL Wolfsburg unter Vertrag und eigentlich im wohlverdienten Urlaub, mit seinem ziemlich teuren Auto durch Köln. Ziel des Offensivmannes war die Mediapark-Klinik in der Neustadt-Nord. Bekleidet mit coolem T-Shirt, cooler Baseball-Cap und cooler Sonnenbrille fuhr er in die Tiefgarage des Gebäudes hinein. Für Waldschmidt stand der vor Vereinswechseln obligatorische Medizincheck an.
Ein Prozedere, mit dem sich der gebürtige Siegener längst auskennt. Der "Effzeh" wird bereits der sechste Club in seiner Profikarriere sein. Mehr als 24 Monate hielt er es nirgendwo aus. Dabei sei dem Fußball-Nomaden mit dem feinen linken Fuß allerdings zugute zu halten, dass fünf seiner sechs Vereinswechsel für seine Laufbahn förderlich waren. Einzig der Schritt von Benfica Lissabon zum VfL vor zwei Jahren erwies sich in der Nachbetrachtung als Fehler.
Nur 13 Startelf-Einsätze in zwei Jahren
Beim Werksclub war Waldschmidt zu keinem Zeitpunkt unumstrittene Stammkraft und ziemlich weit davon entfernt, der erhoffte Leistungsträger zu sein. Gerade einmal 13 Startelf-Einsätze in der Bundesliga schlagen für ihn im Wolfsburger Trikot zu Buche. Eine mickrige Bilanz für einen Mann, für den die Niedersachsen dem Vernehmen nach zwölf Millionen Euro an Benfica überwiesen und damit sogar noch ein riesengroßes Schnäppchen machten.
Denn eigentlich hätte der portugiesische Traditionsclub ein Vielfaches für den Nationalspieler fordern können. Dessen Arbeitspapier lief noch vier Jahre, als der VfL um Waldschmidt buhlte. Und in diesem Kontrakt war auch eine festgeschriebene Ablösesumme verankert: 88 Millionen Euro.
Durchbruch in Freiburg, Wechsel nach Lissabon
Den "Adlern" hatte sich der Offensivspieler nach zwei erfolgreichen Jahren beim SC Freiburg angeschlossen. Im Breisgau war er zum Nationalspieler geworden und hatte mit konstant guten Leistungen bei vielen Clubs Begehrlichkeiten geweckt. Waldschmidt entschied sich für Benfica. "Ich bin sehr dankbar für das Vertrauen, das mir der Sport-Club entgegengebracht hat und habe immer versucht, das zurückzuzahlen. Dass ich hier zum A-Nationalspieler werden konnte, werde ich nicht vergessen. Jetzt habe ich mich entschieden, den nächsten Schritt zu gehen, und freue mich auf die neue Aufgabe", sagte er vor seiner Abreise an die Atlantikküste.
Dass er nur zwölf Monate später in der Autostadt seine Zelte aufschlagen würde, war zu diesem Zeitpunkt nicht abzusehen. Genau so aber kam es, obwohl Waldschmidt bei den Iberern eine sportlich gute Zeit hatte und mit dem Club in der Europa League auf internationaler Bühne spielte.
Von der Atlantikküste in die Autostadt
Deutschland und die Bundesliga aber waren für Offensivmann, der seine Profikarriere einst bei Eintracht Frankfurt begonnen hatte und dann zum Hamburger SV wechselte, reizvoller als ein Verbleib in Lissabon. Und der VfL lockte nicht nur mit einem guten Gehalt, sondern auch der Aussicht auf Champions-League-Einsätze. "Ich freue mich sehr, wieder zurück in der Bundesliga zu sein. Das wollte ich unbedingt. Nach Aufnahme der Gespräche mit den Verantwortlichen habe ich schnell den Eindruck gewonnen, dass der Schritt zum VfL Wolfsburg genau der richtige für mich ist. Ich bin überzeugt von dem Weg des Clubs, die Philosophie und Ambitionen des VfL decken sich zu einhundert Prozent mit meinen Vorstellungen", erklärte Waldschmidt nach seinem Wechsel an den Mittellandkanal.
Marcel Schäfer, seinerzeit Sportdirektor des Meisters von 2009, sagte über die Neuerwerbung: "Er passt nicht nur sportlich, sondern auch von seinem Charakter her hervorragend in unsere Mannschaft. Mit seiner Entwicklung ist er noch längst nicht am Ende und von daher freuen wir uns, jetzt auch gemeinsam mit ihm unsere Ziele anzugehen."
Drei Trainer beim VfL in zwei Jahren
Was dann aber folgte, hatten sich beide Seiten in vielen Bereichen anders vorgestellt. Waldschmidt fasste auch wegen mehrerer Verletzungen in seiner Wolfsburger Premieren-Saison nicht richtig Fuß bei den Niedersachsen. Und beim VfL selbst regierte das Chaos. Mark van Bommel, Nachfolger von Erfolgscoach Oliver Glasner, wurde nach lediglich 13 Pflichtspielen gefeuert. Auf den Niederländer folgte Florian Kohfeldt, unter dessen Regie die "Wölfe" mit Ach und Krach zwar den Klassenerhalt schafften, aber von ihrem eigentlichen Ziel, der erneuten Qualifikation fürs internationale Geschäft, weit enfernt blieben.
Der einstige Trainer von Werder Bremen war nach dem Saisonende in Wolfsburg auch schon wieder Geschichte.
Unter Kovac oft nur auf der Bank oder Tribüne
Es folgte also der nächste Neubeginn. Sowohl für den VfL als auch den von Verletzungen immer wieder zurückgeworfenen Waldschmidt. Der Werksclub holte Niko Kovac als neuen Trainer. Unter dem Kroaten lief es zunächst schlecht. Nur eine der ersten sieben Partien konnten die Niedersachsen gewinnen. Kovac drehte an einigen Stellschrauben und brachte die "Wölfe" damit in die Erfolgsspur. Leittragender dieser Umbauarbeiten am Team war auch Waldschmidt, der nach dem siebten Spieltag nur noch einmal in der Startelf stand.
Zumeist saß der 27-Jährige nur auf der Bank oder war gar nicht im Kader. Eine unbefriedigende Sitaution für den Zwölf-Millionen-Mann, wie er in einem "Transfermarkt"-Interview wenige Wochen vor dem Saisonende offen zugab: "Meine Karriere soll keine Achterbahnfahrt sein. Oder sagen wir: Meine Karriere war genug Achterbahnfahrt. Ich möchte mehr Konstanz, also mehr Aufstieg, keine steilen Abfahrten mehr. Für diese Konstanz bin ich allein verantwortlich."
Selbstkritische Worte eines sehr begabten Fußballers, der mit Blick auf seine bisherige Laufbahn schonungslos ehrlich ergänzte: "Auch wenn nicht immer alles optimal lief, bin ich in meiner Karriere bislang relativ erfolgreich gewesen. Um ehrlich zu sein: nicht immer mit sehr, sehr hohem Aufwand."