Casting bei der "Kogge": FC Hansa startet Projekt Frauenfußball
Fußball-Zweitligist Hansa Rostock will ab der kommenden Saison nach 30 Jahren wieder ein Frauen- und ein Mädchenteam stellen. Seit Mittwoch läuft die Sichtung von Spielerinnen sowie möglichen Trainern oder Trainerinnen. Weitere Probetrainings sollen folgen - auch wegen der großen Resonanz zum Auftakt.
"Ich konnte letzte Nacht vor Aufregung nicht schlafen", erzählt die zwölfjährige Lena aus Rostock. Mit ihrem blauen Trainingsshirt und der dunkelgrünen Mütze sticht sie schon optisch aus der Masse hervor. "Ich hatte ganz doll Bauchschmerzen, aber es macht riesigen Spaß. Ich will eines Tages Fußballprofi werden", verrät sie, bevor sie im Eins-gegen-Eins auf dem Kunstrasenplatz vor dem Ostseestadion zeigen will, was sie kann. Lena gehört zu den zu 27 Mädchen und 25 Frauen, die bei einem Casting des FC Hansa Rostock mitmachen. Und das bei Temperaturen um den Gefrierpunkt.
Frank Goesch - der neue Mann für den Frauenfußball
"Im Vorfeld war ich skeptisch, aber es hat sich gezeigt, dass die Mädels richtig Bock haben", erklärt Frank Goesch. Er ist der neue Koordinator für Frauen- und Mädchenfußball im Verein. Der Rostocker sammelte rund drei Jahrzehnte in anderen Vereinen der Stadt Erfahrungen in diesem Bereich und gehört seit 2009 zu den Schiedsrichtern des FC Hansa Rostock.
Der Club will zur neuen Saison mit einem Frauenteam in der Verbandsliga Mecklenburg-Vorpommern antreten - der höchsten Spielklasse des Landes. Außerdem baut der FCH ein D-Juniorinnen-Nachwuchsteam auf (Jahrgänge 2011 und 2012). "Wir wollen den Breitensport fördern und dafür sorgen, dass der Frauen- und Mädchensport hier im Land noch mehr in den Fokus rückt", so Goesch. "Sicherlich gibt es auch strategische Ziele des Vereins. Sie stehen aber nicht im Vordergrund."
"Wir sind der Leuchtturm, wir wollen zeigen, dass die Mädchen auch Fußball spielen können. Wir wollen ein Vorreiter sein." Frank Goesch
Der FC Hansa denkt mit den Plänen voraus. Zwar gibt es für die Proficlubs der Bundesligen bislang keine Verpflichtung, auch Frauen- und Mädchenfußball anzubieten. Da der Deutsche Fußball-Bund (DFB) dem Frauenfußball jedoch in den kommenden Jahren einen großen Schub verleihen will, könnte dies in nicht allzu ferner Zukunft so kommen.
Spielerinnen gesucht - aber auch Coaches
Auf dem Platz erklärt Franziska Wendt den Anwärterinnen für das Frauen-Team den Trainingszirkel. Einerseits, um zu testen, was sie am Ball können. Andererseits will sie die athletischen und koordinativen Fähigkeiten der Spielerinnen auf die Probe stellen. "Klar bin ich auch nervös, ich bin genau wie die Mädels hier auch im Casting", gesteht die 35-Jährige.
Denn der Verein aus Mecklenburg sucht an diesem Vormittag auch das perfekte Trainierteam. Franziska und ihr Mann Steffen leiten die Übungseinheit gemeinsam. Beide betreuen aktuell eine Landes-Jugendauswahl. Nun wollen sie auf der "Kogge" als Duo anheuern. "Ich finde es gut, einen weiblichen und männlichen Part zu haben. Wir sind ein eingespieltes Team", so Wendt, die außerdem selbst bei der HSG Warnemünde spielt.
FC Hansa "ein cooler Verein"
Viele Teilnehmerinnen spielen bereits für eine Mannschaft in Mecklenburg-Vorpommern. Oder wie Lara Mariuta-Schukat gleich für mehrere Teams. Die 16-Jährige kommt aus Wismar und ist dort die Torhüterin des FC Anker. Gleichzeitig steht sie beim Hamburger SV zwischen den Pfosten. Dennoch möchte sie demnächst die Hansa-Kogge auf dem Trikot tragen. "Hansa ist ein cooler Verein und hat eine große Strahlkraft", sagt sie.
1993 hatten sich die Mecklenburger schon einmal im Frauenfußball engagiert. Doch nach zwei Jahren war wieder Schluss. Diesmal stehen die Zeichen anders. Die Bedeutung des Frauenfußballs wächst - und der Zuspruch ist groß. Für das Probetraining am Mittwoch hatte der Club sogar eine Warteliste eingerichtet. Dabei hatte Hansa den Termin erst kurzfristig bekannt gegeben. Weitere Castings sind in den nächsten Wochen geplant.