Ehemalige HSV-Torhüterin Schult wechselt zu Kansas City Current in die USA
Almuth Schult wechselt zu Kansas City Current. Der Club aus der US-Fußball-Profiliga NWSL hat die Verpflichtung der langjährigen deutschen Nationaltorhüterin, die in Deutschland unter anderem für den VfL Wolfsburg und den HSV spielte, am Freitag bekanntgegeben. Die 33-Jährige ist bereits auf dem Weg in die USA.
Donnerstagnachmittag im Wendland: Schult packt. Sechs Koffer füllt sie mit Kleidung und Spielsachen der drei Kinder. Neun Paar Torwarthandschuhe packt sie ein: "Je nach Qualität des Rasens können die schnell abnutzen." Zwar hofft sie, dass ein Ausrüster neue Handschuhe liefert, aber beim wichtigsten Arbeitswerkzeug möchte eine Torhüterin natürlich nicht in Not geraten.
Am Freitag geht es für sie gemeinsam mit ihrer Familie in die USA - nach Kansas City. Mit dem Club im Mittleren Westen hat Schult sich auf einen Vertrag bis zum Ende dieser Saison geeinigt. Im Optimalfall - sollte der aktuelle Tabellenzweite das Finale der Play-offs erreichen - bleiben die langjährige deutsche Nummer Eins und ihre Familie bis Ende November in den USA. Und im Herbst wird es kalt in Kansas - vier dicke Sweatshirt-Jacken landen in den Koffern.
Große Unterstützung für Spielerinnen mit Familien
Erst vor Kurzem hat sie das Angebot des Clubs erhalten, es mit ihrem Mann besprochen - und zugesagt. "Es ging alles enorm schnell die letzten Tage, aber wir freuen uns sehr", sagt Schult. Die ehemalige Wolfsburgerin und sechsmalige deutsche Meisterin hatte auch Angebote aus anderen Ländern.
Ein Grund für den Wechsel in die USA ist die Familienfreundlichkeit dort: "Die NWSL ist bei der Unterstützung von Spielerinnen, die Kinder haben, überragend und hat weltweit eine Vorreiterrolle. Daher haben wir uns entschieden, den Schritt in die USA nochmal zu gehen."
Zweiter USA-Aufenthalt für Schult
Bereits nach ihrem Abschied aus Wolfsburg 2022 hatte Schult einige Monate für Angel City FC an der US-amerikanischen Westküste gespielt. "In den NWSL-Statuten ist zum Beispiel geregelt, dass Kinder ihre Mütter bei Auswärtsreisen begleiten dürfen und dass der Verein die Kosten dafür sowie die einer Betreuungsperson übernimmt. Die Kinder sind auch häufig beim Training dabei", erklärt die Mutter von vierjährigen Zwillingen und einem elf Monate alten Sohn.
"Die Gespräche mit den Verantwortlichen von Kansas City Current vorab waren super, wir haben das Gefühl, dass wir als Familie die Unterstützung bekommen, die wir brauchen.“ Almuth Schults Mann, der die Technikabteilung eines Wendländer Unternehmens leitet, wird während der kommenden Monate von der Mietwohnung der Familie in Kansas City aus arbeiten.
Herausragende Infrastruktur in Kansas City
Nicht nur mit der Unterstützung für Familien kann Kansas City Current punkten. Der Club baute als erster in den USA ein Stadion ausschließlich für ein Frauen-Team, auch das überzeugte Schult: "Da steckt ja ein deutliches Bekenntnis dahinter. Das Stadion wurde erst im März eröffnet und bislang war jedes Heimspiel ausverkauft. Auch das Trainingsgelände ist total modern und wird allein von den Frauen genutzt, der Club ist also herausragend professionell aufgestellt", sagt die 66-malige Nationalspielerin.
Wegen der Olympischen Spiele pausiert die Liga aktuell und wird Ende August fortgesetzt, bis dahin stehen in Pokalwettbewerben einige Partien an. In der Meisterschaft liegt das Team knapp hinter Orlando Pride auf Rang zwei. "Ich freue mich, dass so ein Topclub mich verpflichtet und dass ich auch nach zwei Schwangerschaften die Chance habe, auf so einem hohen Level dabei zu sein."
"Nach den Spielen beim HSV weiß ich, dass ich weiterhin Leistungssport machen kann." Almuth Schult
Nach der Geburt ihres Sohnes vor knapp einem Jahr hatte Almuth Schult erneut das Comeback geschafft und für den Hamburger SV in der Zweiten Liga gespielt, sie stand Ende der vergangenen Saison in vier Partien im Tor. Nach der Spielzeit hatte sie ihre Zukunft zunächst offengelassen und sagt jetzt: "Ich fühle mich recht gut. Nach den Spielen beim HSV weiß ich, dass ich weiterhin Leistungssport machen kann. Ich möchte nun wieder versuchen, an mein Maximum heran zu kommen."
Schult soll den Konkurrenzkampf im Tor anheizen
Bei Kansas City ist bislang die US-Amerikanerin Adrianna Franch die Nummer Eins im Tor. Sie kassierte in 16 Partien bereits 22 Gegentore. Nun will der Club offenbar den Konkurrenzkampf anheizen. "Ich hoffe, dass ich die Trainer überzeugen kann, mehrere Spiele machen zu dürfen", sagt Schult. "Ich bringe viel Erfahrung mit, ich habe Titel gewonnen, auch davon kann das Team in gewisser Weise profitieren."
Bei ihrem ersten Wechsel in die USA vor zwei Jahren hatte Schult für Angel City FC nur ein Spiel bestritten, allerdings waren die Vorzeichen damals auch deutlich schlechter. "Bei Angel City bin ich nach der Europameisterschaft mitten in der NWSL-Saison ins Team gekommen. Jetzt habe ich ein paar Wochen mehr, um mich einzugewöhnen. Mehr Trainingseinheiten, mehr Chancen, das Trainerteam zu überzeugen."
Pause als ARD-Expertin
Bereits in den kommenden Tagen wird sie mit ihrem neuen Team trainieren. "Die Vorfreude darauf ist riesig. Sich gegenseitig zu unterstützen und zu pushen, ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln, Ziele zu verfolgen und dafür täglich auf dem höchstmöglichen Niveau zu arbeiten - das ist auch der Grund dafür, warum es bei mir immer noch so kribbelt", sagt Schult, die wegen des Aufenthalts in den USA bei ihren Auftritten als ARD-Fußballexpertin in Absprache mit den Verantwortlichen eine Pause einlegen wird.
Dann probiert der jüngste Sohn einen Schneeanzug an und stapft bei knapp 30 Grad Außentemperatur fröhlich durchs Wohnzimmer der Familie. Der Anzug ist zu klein und kommt nicht ins Reisegepäck, aber sechs Koffer sind gefüllt - für ein großes Abenteuer.