Almuth Schult lehnt vor einem HSV-Logo an der Wand. © Witters

Comeback von Ex-Nationaltorhüterin Schult - Mama hütet das HSV-Tor

Stand: 12.04.2024 14:05 Uhr

Knapp acht Monate nach der Geburt ihres dritten Kindes hat sich die ehemalige Nationaltorhüterin Almuth Schult wieder einem Team angeschlossen: Am Freitag gab der Hamburger SV die Verpflichtung der 66-maligen Nationalspielerin bekannt. Schult könnte dem HSV helfen, den Bundesliga-Aufstieg zu schaffen. Ihr Comeback während der Saison machen neue FIFA-Regelungen für Mütter möglich.

von Inka Blumensaat

Gut zwei Autostunden liegen zwischen dem kleinen Dorf im Wendland, wo Almuth Schult mit ihrer Familie lebt, und dem HSV-Trainingsgelände in Norderstedt nördlich von Hamburg. Eine lange Fahrtzeit, die die 33-Jährige nur allzu gern auf sich nimmt. "Ich freue mich ungemein, dass ich die Chance zum Comeback bekomme, dass der HSV mir das Vertrauen schenkt", sagte Schult dem NDR. "Ich hatte gar nicht mehr damit gerechnet, dass es in dieser Saison noch klappt."

Vorerst bis Saisonende hat sie beim Tabellenvierten der 2. Bundesliga unterschrieben, ihre Tätigkeit als Expertin und Co-Kommentatorin bei der ARD wird sie auch weiterhin ausüben. "Ich weiß, dass es als TV-Expertin ein großes Privileg ist, nah am Geschehen zu sein. Aber selbst auf dem Platz zu stehen, ist dann doch etwas ganz anderes. Es ist für mich so eine große Freude, alleine schon zu trainieren, wieder Bälle zu halten, auch Mitspielerinnen zu foppen und einfach gemeinsam auf dem Rasen zu sein."

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Der Weg zum Comeback: "Viel selbst organisiert"

Bereits nach der Geburt ihrer Zwillinge im April 2020 war Schult das Comeback auf dem Platz gelungen, im Sommer 2022 feierte sie als Nummer eins mit dem VfL Wolfsburg ihren sechsten Meistertitel. Anschließend verließ sie den Topclub und wechselte zu Angel City FC in die USA. Dem Gastspiel dort folgten die Schwangerschaft und die Geburt ihres Sohnes im vergangenen August.

"Der Weg war diesmal ein ganz anderer als nach der Geburt der Zwillinge, als ich ja beim VfL unter Vertrag stand. Diesmal musste ich viele Dinge selbst organisieren. Ich bin zunächst locker wieder ins Training eingestiegen und habe meine eigenen Pläne dafür geschrieben, mein Studium der Sportwissenschaft war dabei natürlich hilfreich", erzählt die Olympiasiegerin lächelnd. "Die Prämie für die Goldmedaille von Rio 2016 hatte ich mal dafür investiert, mir zuhause im Wendland einen eigenen Kraftraum einzurichten. Der war jetzt erneut die Grundlage dafür, dass ich wieder fit geworden bin."

Unterstützung vom VfL, von Familie und Freunden

Auch der VfL Wolfsburg, für den Schult neun Jahre lang spielte, unterstützte sie. "Ich bin sehr dankbar, dass ich seit Anfang des Jahres bei der zweiten Mannschaft des VfL mit trainieren durfte. Diese Einheiten waren enorm wichtig, um jetzt wieder einsteigen zu können."

Drei- bis viermal in der Woche fuhr Schult mit dem Auto die gut 80 Kilometer lange Strecke an den Mittellandkanal. Oft dabei: ihr jüngster Sohn. "Ohne meine Familie und Freunde - viele auch aus dem Fußball - hätte ich es nicht geschafft, am Comeback zu arbeiten. Wenn ich in Wolfsburg beim Training war, haben auch mal ehemalige Mitspielerinnen meinen jüngsten Sohn betreut. Eine großartige Unterstützung."

Während die zweite Mannschaft des VfL in der 2. Bundesliga den vorletzten Platz belegt, hat ihr neuer Verein gute Chancen, in die Bundesliga aufzusteigen. Das Team belegt aktuell den vierten Platz, wobei Tabellenführer Andernach bereits den Verzicht auf einen möglichen Aufstieg angekündigt hat. Somit sind die punktgleichen Meppenerinnen und Turbine Potsdam, auf Platz zwei einen Punkt vor dem HSV, die härteste Konkurrenz.

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"Almuth ist eine gestandene Persönlichkeit und verfügt über einen enormen Erfahrungsschatz, den sie in unser Team einbringen kann", sagte Catharina Schimpf, Koordinatorin Frauenfußball beim HSV. "Von ihrer Art und der Ruhe, die sie ausstrahlt, werden auch unsere jungen Spielerinnen profitieren. Wir sind absolut davon überzeugt, dass Almuth uns auf und neben dem Platz weiterhelfen wird."

Rückkehr zum HSV

Vor knapp 17 Jahren war Schult schon einmal nach Hamburg gewechselt. Als 16-Jährige kam sie damals von ihrem Heimatverein Gartow in die Hansestadt.

Almuth Schult schießt einen Ball mit HSV-Logo. © Witters
Almuth Schult kehrt an ihre alte Wirkungsstätte zurück.

Sie blieb allerdings nur ein Jahr und startete dann mit dem behutsamen Aufbau einer Weltkarriere: Über die Regionalliga in Magdeburg ging es zu Bad Neuenahr in die Bundesliga und 2013 zum VfL Wolfsburg. Ein Jahr später gewann Schult mit dem Verein die Champions League und wurde zur Welttorhüterin gekürt.

Nach vielen Titeln und 66 Länderspielen kehrt sie nun zurück. "Auch nachdem ich Hamburg verlassen habe, hatte ich den Verein immer im Blick. Dass 2012 das Bundesliga-Team der Frauen abgemeldet wurde, war sicherlich der Tiefpunkt. Schön, dass es jetzt eine ganz andere Akzeptanz und Unterstützung gibt, dass die Ambitionen groß sind. Auch den Rückhalt der Fans finde ich beachtlich."

"Der Verein, die Spielerinnen und auch ich haben in dieser Spielzeit noch etwas vor - insofern freue ich mich darauf, dass es endlich losgeht." Almuth Schult

Steffen Baumgart, Trainer des Zweitliga-Teams der Männer, begrüßt die Verpflichtung von Schult: "Es zeigt, dass der HSV nicht nur im Herrenbereich attraktiv ist und der Verein in allen Bereichen etwas aufbauen will."

Comeback während der Saison dank neuer FIFA-Regelungen

Es sei nicht leicht gewesen, einen Verein zu finden, berichtete Schult. "Leider gibt es im europäischen Fußball noch immer viele Vorurteile gegenüber Müttern. Dazu kommt meine Torwartposition, da gibt es eben nur wenige Jobs und gewechselt wird innerhalb der Saison auch nicht sehr häufig."

Bislang werden in Deutschland nur sehr wenige Spielerinnen während der Karriere Mutter. In der vergangenen Woche hatte Schults ehemalige Teamkollegin Tabea Sellner die Geburt eines Kindes bekannt gegeben, auch die Stürmerin möchte auf den Platz zurückkehren.

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Dass Schult sich während der Rückrunde einem Verein anschließen darf, ist in den 2020 von der FIFA beschlossenen Neuerungen begründet: Wer aus dem Mutterschutz zurückkehrt, erhält auch außerhalb der Transferperioden eine Spielberechtigung. Die Regelungen kamen damals ganz wesentlich durch den Einsatz der Fußballer- und Fußballerinnengewerkschaft FIFPro zustande.

Schult fiebert erstem Einsatz entgegen

"Ich habe damals sogar an den Empfehlungen der FIFPro an die FIFA mitgearbeitet. Und jetzt bin ich, soweit ich weiß, die erste Spielerin, die im europäischen Fußball davon profitiert - das ist eine schöne Geschichte", sagt Schult.

Wann sie ihr Debüt im HSV-Trikot in einem Punktspiel gibt, steht noch nicht fest. Aber sie fiebert schon jetzt auf ihren ersten Einsatz hin. "Meine bald vierjährigen Zwillinge fragen ab und zu mal: 'Mama, wann spielst Du wieder Fußball?' Es ist schön, dass sie mich nun bewusst auf dem Platz erleben können", so Almuth Schult - die Frau, die das Tor und die Kinder hüten möchte.

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Dieses Thema im Programm:

Sport aktuell | 11.04.2024 | 12:17 Uhr

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