Martin Kind vor dem Vereinswappen von Hannover 96 (Bild-Montag) © IMAGO / localpic / Picture Point
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AUDIO: 96-Geschäftsführer Kind: "Wie ich gestimmt habe, weiß nur ich" (7 Min)

96-Führung greift DFL scharf an - Kind: "Alles korrekt gelaufen"

Stand: 16.02.2024 17:04 Uhr

Die Führung des Muttervereins von Hannover 96 hat massive Vorwürfe gegen die DFL erhoben und fordert einen "personellen als auch strukturellen Neuanfang" beim Dachverband. Nach Ansicht von 96-Profiboss Martin Kind ist dagegen bei der Abstimmung zum möglichen Investoren-Einstieg alles "korrekt gelaufen".

von Bettina Lenner und Christian Görtzen

Vorstand und Aufsichtsrat des e.V. warfen der DFL in einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme vor, sie habe die Abstimmung über den Investoren-Einstieg "vorsätzlich so durchführen lassen, dass eine Feststellung des Abstimmverhaltens von Martin Kind möglichst nicht nachvollziehbar ist".

Bei der umstrittenen Abstimmung über den Einstieg eines Investors hatte die DFL bei einer Mitgliederversammlung im Dezember exakt die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit von 24 Ja-Stimmen erhalten. Kind soll entgegen der Anweisung des Muttervereins dafür gestimmt und dem DFL-Plan damit auch zur nötigen Mehrheit verholfen haben. Der 79-Jährige selbst verweist auf die geheime Abstimmung und verweigert jede Auskunft über sein Votum.

"Wie ich gestimmt habe, das weiß nur ich. Das weiß keiner, alles andere ist Spekulation, und deshalb lehne ich eine Diskussion um dieses Thema ab." Martin Kind bei NDR Info

Vorwurf: Abstimmung "proaktiv" geheim durchgeführt

Der Vorwurf des Clubs: Die DFL habe die Abstimmung "proaktiv" geheim durchgeführt und damit das Ergebnis begünstigt. "Das Präsidium der DFL wusste, dass die Abstimmung sehr knapp ausfallen würde. Es wurden unmittelbar vor der eigentlichen Abstimmung Probeabstimmungen durchgeführt. Im Ergebnis ordnete ein Mitglied des Präsidiums die geheime und somit intransparente Abstimmung an und ermöglichte somit Martin Kind, im gewünschten Interesse abstimmen zu können", so Hannover 96.

VIDEO: Fan-Proteste und Investorenpläne - wem gehört der Fußball? (86 Min)

Nicht nur der 96 e.V., auch Fans und andere Clubs wünschen sich eine neue Abstimmung - diesmal transparent. Am Donnerstagabend berichtete die Sportschau, dass der 1. FC Köln eine erneute Abstimmung fordert und diesbezüglich zeitnah einen förmlichen Antrag ankündigt. Zuvor hatten sich bereits der VfB Stuttgart und Union Berlin dafür ausgesprochen, am Freitag folgten Borussia Mönchengladbach sowie Zweitligist FC St. Pauli.

DFL-Aufsichtsratschef Watzke signalisiert Entgegenkommen

DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke hat indes erstmals ein Entgegenkommen signalisiert. "Wir als Präsidium haben ein bindendes Abschluss-Mandat erteilt bekommen. Aber wenn wir das Gefühl haben, dass die Mehrheit das im März nicht mehr will, werden wir unser Votum sicher nicht gegen deren Willen geben", sagte Watzke.

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Zuvor hatte die DFL Forderungen nach einer erneuten Abstimmung stets eine Absage erteilt - für Martin Kind nachvollziehbar: "Nach meiner Einschätzung ist alles korrekt gelaufen. Es gab eine Einspruchsfrist, es hat keine Einsprüche gegeben, sodass ich formaljuristisch davon ausgehe, dass die Abstimmung korrekt gelaufen und eigentlich auch nicht mehr zu korrigieren ist."

"96 hat nur eine Stimme von 36. Und sie haben eine Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht. Ich glaube, das ist eine überzeugende Mehrheit." Martin Kind

Im Vorwege und während der Abstimmung habe keiner der 36 Gesellschafter Vorbehalte gegen eine geheime Durchführung formuliert, unterstrich der 79-Jährige im Interview mit NDR Info und beklagte, dass einige Vereine ihre Stimme im Nachhinein öffentlich gemacht hatten - was Rückschlüsse auf sein Votum ermöglicht hatte. "Geheim heißt, geheim für alle. Ich bin schon irritiert, dass sich Vereine bemüßigt gesehen haben, ihre vermeintliche Stimme öffentlich zu machen. Das geht meiner Meinung nach gar nicht."

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Nach der Vorstellung des 96 e.V., der die DFL im Vorwege über die Vorgabe informiert hatte, hätte es so weit ohnehin nicht kommen dürfen. "Die Stimme aus Hannover hätte entsprechend der Weisung des Muttervereins uneingeschränkt beachtet und von vornherein mit Nein gewertet oder alternativ sichergestellt werden müssen, dass das Abstimmverhalten von Martin Kind nachvollziehbar ist", hieß es in der Mitteilung.

Kind und der Stammverein im Dauerzwist

"Dass wir mit unserem Verein unterschiedliche Bewertungen haben zu dem Thema 50+1 und Weisungsrecht, das ist nicht neu", konterte Kind. In Hannover sind Vereins- und Kapitalseite schon seit Jahren zerstritten.

Einmal mehr richtet sich der Zorn der Club-Führung aber auch gegen die Liga: "Die DFL hatte schon seit über zweieinhalb Jahren von anhaltenden Weisungsverstößen Martin Kinds Kenntnis und hat diese weder unterbunden noch im Rahmen der eigenen Abstimmung dafür gesorgt, das Weisungsrecht sicherzustellen", kritisieren die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder des Hannover 96 e.V. Die DFL gefährde "durch die bewusste Untätigkeit" den Bestand der 50+1-Regel im deutschen Fußball.

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Das Bundeskartellamt will die 50+1-Regel nochmal überprüfen. Durch die geheime Abstimmung zum DFL-Investoreneinstieg könnte es zu einer neuen Bewertung kommen. extern

Die 50+1-Regel begrenzt den Einfluss externer Geldgeber bei Clubs der Ersten und Zweiten Liga. Sie soll sicherstellen, dass Muttervereine wie der Hannover 96 e.V. selbst dann die letzte Entscheidungsgewalt behalten, wenn der Profibereich in eine Kapitalgesellschaft wie die Hannover 96 GmbH & Co. KGaA ausgegliedert wurde. Bei den "Roten" führt das zum Dauerkonflikt.

96: "DFB muss Führungsrolle einnehmen"

Der Stammverein fordert nun den Deutschen Fußball-Bund (DFB) auf, "eine klare Führungsrolle" einzunehmen: "Es muss sichergestellt werden, dass das Weisungsrecht der Muttervereine zukünftig uneingeschränkt gewährleistet ist und Fragen zur 50+1-Regel in erster Linie Fragen sind, die von den Muttervereinen zu beraten und zu entscheiden sind, und nicht mehr durch die DFL, denn die 50+1-Regel dient dem Schutz der Muttervereine."

Neuendorf: 50+1-Regel Garant für Akzeptanz

DFB-Präsident Bernd Neuendorf blickt derweil mit Sorge auf die Debatte. Allein der Verdacht, es könnte in diesem Zusammenhang zu einem Verstoß gegen die 50+1-Regel gekommen sein, gefährde die Reputation des Fußballs in Deutschland, sagte er. Die Regel sei "die Garantie dafür, dass die Bundesliga nicht zu einem Spielball der Investoren wird. Sie ist für mich der Garant für die Akzeptanz unseres Sports in der Gesellschaft. Und das ist mehr wert als jeder noch so potente Geldgeber."

Fans zeigen Banner mit Kind im Fadenkreuz

In den deutschen Stadien protestieren unterdessen Fußball-Fans seit Wochen gegen den geplanten Investoren-Einstieg. Das Zweitliga-Spiel von Hannover 96 beim Hamburger SV stand sogar kurz vor dem Abbruch, weil 96-Anhänger ein Plakat hochhielten, auf dem das Gesicht von Kind in einem Fadenkreuz zu sehen war. Kind erstattete Anzeige.

"Was abgelaufen ist in der aktiven Fanszene, hat sicher die Verantwortlichen nachdenklich gemacht", sagte der Unternehmer und zeigte "volles Verständnis", dass sich in Blackstone einer der möglichen DFL-Investoren zurückgezogen hat. Von den Kritikern erwarte er, "dass sie auch wirklich konstruktive Alternativvorschläge unterbreiten, wie die Probleme der Bundesliga heute und in der Zukunft zu lösen sind. Wenn man etwas ablehnt, muss man etwas entgegenstellen, eigene Ideen. Ich kenne keine."

Ein Weg aus der Misere ist nicht abzusehen. Der hausinterne Zwist bei 96 wird weitergehen - und auch der Protest der Fans. Auch beim Heimspiel gegen Greuther Fürth am Freitag (18.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) werden erneut Aktionen erwartet.

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Dieses Thema im Programm:

Sport aktuell | 15.02.2024 | 19:17 Uhr

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