Offenbach-Präsident Horst-Gregorio Canellas (M.) bei einer Pressekonferenz am 6. Juni 1971 © picture-alliance / dpa | Frm
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AUDIO: Der Bundesliga-Skandal (2 Min)

Der Bundesliga-Skandal: Ein Tonband erschüttert die Liga

Stand: 15.08.2023 11:37 Uhr

Der Bundesliga-Skandal in der Saison 1970/71 brachte den bezahlten Fußball in Deutschland an den Rand des Abgrunds. Arminia Bielefeld und Rot-Weiß Oberhausen hielten wegen manipulierter Spiele die Klasse. Der Präsident von Kickers Offenbach deckte die Machenschaften anhand von Telefonmitschnitten auf. Zehn Clubs und mehr als 60 Spieler waren darin verwickelt.

Am 6. Juni 1971 vormittags war die deutsche Fußballwelt noch in Ordnung. Mit viel Prominenz feierte Kickers-Präsident Horst-Gregorio Canellas ein rauschendes Gartenfest anlässlich seines 50. Geburtstags. Die Stimmung war gut, bis der Jubilar gegen Mittag ein Tonbandgerät aufstellen ließ und die Starttaste drückte. Die Gäste und die anwesenden Journalisten trauten ihren Ohren kaum: Zu hören waren mitgeschnittene Telefongespräche zwischen Canellas und verschiedenen Bundesligaprofis, die deutlich machten, dass im Abstiegskampf der abgelaufenen Saison 1970/71 jede Menge Geld geflossen war, um Spiele zu manipulieren.

Keeper Manglitz droht "einige Dinger durchzulassen"

Bereits im Frühling des Jahres war Canellas ins Grübeln gekommen, weil die Offenbacher Konkurrenz am Tabellenende plötzlich auf wundersame Weise zu Siegen kam. Klarheit bekam er dann Anfang Mai, als er einen Anruf von Kölns Torwart Manfred Manglitz erhielt: Manglitz verlangte 25.000 D-Mark, ansonsten werde er im Spiel gegen die abstiegsbedrohte Mannschaft Rot-Weiss Essen "einige Dinger durchlassen". Canellas zahlte und Köln gewann 3:2.

Die betrügerischen Machenschaften waren nun offenkundig. Nach eigener Aussage informierte Canellas den DFB und wurde im Auftrag der Funktionäre selbst aktiv: In Gegenwart eines Reporters rief er die Hertha-Profis Tasso Wild und Bernd Patzke an, bot ihnen 140.000 Mark für einen Sieg am 34. Spieltag gegen die abstiegsbedrohten Bielefelder. Die Berliner erwiderten, dass ein Arminia-Manager bereits 220.000 Mark für eine absichtliche Hertha-Niederlage geboten habe. Canellas rief wieder bei Manglitz an und erfuhr, dass für 100.000 Mark ein Offenbacher Sieg in Köln drin sei.

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18 Partien manipuliert

Bielefeld gewann 1:0 in Berlin, Offenbach verlor 2:4 in Köln und stieg ab. Mit der Veröffentlichung der Telefonate flog jedoch der Betrug auf. Im Laufe der Ermittlungen stellte sich heraus, dass in der Endphase der Saison 18 Partien gekauft worden waren. Etwa eine halbe Million Mark war an Bestechungsgeldern geflossen. Mehr als 60 Spieler waren in den Skandal verwickelt, zehn der 18 Erstliga-Clubs hatten damit zu tun: Arminia Bielefeld, Schalke 04, Kickers Offenbach, 1. FC Köln, Hertha BSC Berlin, Eintracht Braunschweig, VfB Stuttgart, Rot-Weiß Oberhausen, Eintracht Frankfurt und der MSV Duisburg.

Braunschweigs Max Lorenz zum Beispiel kassierte 40.000 Mark. "Wir haben kein Spiel verschoben. Wir haben nur Geld angenommen, weil wir gewinnen wollten. Das war aber auch verboten", erklärte er. Und so wurde Lorenz für mehr als ein Jahr gesperrt.

Letztes Urteil erst 1977

Der DFB ermittelte und prozessierte fast sieben Jahre lang. Insgesamt wurden 52 Spieler - darunter Nationalspieler wie Manglitz, Reinhard Libuda, Klaus Fichtel oder Klaus Fischer - sowie die Trainer von Offenbach und Oberhausen und sechs Vereinsfunktionäre mit Geldstrafen und Sperren von ein paar Monaten bis lebenslang belegt. Auch Canellas selbst, obwohl der sich stets als Opfer sah (ab 24. Juli 1971 auf Lebenszeit gesperrt, Begnadigung am 16. Dezember 1976.).

Klaus Fichtel im Trikot von Schalke 04. © picture-alliance / Sven Simon Foto: SVEN SIMON
Wurde wie viele andere Schalker Spieler für mehrere Jahre gesperrt: Der spätere Werder-Profi Klaus Fichtel.

Die meisten der Bestraften wurden allerdings noch vor der Heim-WM 1974 begnadigt. Für acht Schalker Spieler schloss sich noch ein Verfahren wegen Meineids an, in dem sie zu Geldstrafen verurteilt wurden.

Offenbach wurde für zwei Jahre die Lizenz entzogen. Die Strafe für Arminia Bielefeld: am 15. April 1972 Lizenzentzug und Versetzung in die Regionalliga für die Saison 1972/73 plus Abzug von zehn Punkten in der betreffenden Spielzeit sowie 50.000 Mark Geldbuße. Die wegen der Manipulationen 1971 abgestiegenen Essener blieben am Ende die Dummen - sie bekamen keinerlei Wiedergutmachung.

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Sport aktuell | 22.04.2020 | 10:25 Uhr

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