1968: HSV chancenlos in Rotterdam
Mit unvergesslichen Europapokal-Erlebnissen hatten die Hamburger ihr Publikum Anfang der 60er-Jahre verwöhnt. Der Burnley-Sieg, das Barcelona-Drama 1961, die Revanche gegen Barca im Pokalsieger-Wettbewerb zwei Jahre später: Der HSV rang die großen Katalanen am 18. Dezember 1963 im Achtelfinal-Entscheidungsspiel im neutralen Lausanne mit 3:2 nieder (Tore: Harry Bähre und zweimal Uwe Seeler). Dagegen nehmen sich die Bemühungen fünf Jahre später eher bescheiden aus. Ernsthaft um den Meistertitel mitgespielt hat der HSV seit Einführung der Bundesliga nicht mehr. Zwar ist mit dem westfälischen Abwehrrecken Willi Schulz neben Seeler ein zweiter Klassemann internationalen Zuschnitts dazugestoßen - aber der Rest der Mannschaft stellt, abgesehen vom schrillen Flügelflitzer Charly Dörfel an guten Tagen, eher Mittelmaß dar. Schon die Qualifikation für den Europapokal verläuft alles andere als berauschend: Im deutschen Pokalfinale 1967 holen sich die Hanseaten in Stuttgart eine 0:4 (0:1)-Abreibung gegen Franz Beckenbauers junge Bayern ab.
Seelers Duelle mit Schnellinger haben Unterhaltungswert
Nur weil die Münchener Wochen zuvor selber den Europacup gewonnen haben und als Titelverteidiger automatisch für 1967/1968 qualifiziert sind, darf der HSV überhaupt in Europa mitspielen. Und seine Auftritte zählen dann auch nicht zu den Sternstunden des Wettbewerbs. Freya Randers (Dänemark), Wisla Krakau, Olympique Lyon und im Halbfinale der walisische Pokalsieger Cardiff City (englischer Zweitdivisionär mit dem jungen John Toshack) sind die Stationen auf dem Weg ins Finale von Rotterdam. Der HSV kämpft wacker. Milan hat mit Gianni Rivera, Roberto Rosato, Kurt Hamrin und Giovanni Trapattoni aber genug Klasse auf dem Platz, um die flott herausgeschossene Führung problemlos über die Zeit zu bringen. Spaß bereiten vor allem die Duelle Seelers mit seinem Nationalmannschafts-Kollegen Karl-Heinz Schnellinger, der den Mailänder Catenaccio souverän zusammenhält. "Verachtet mir die Zweiten nicht", witzelt Seeler später den Frust weg, "das sind auch Menschen." Aber tief im Innern wurmt ihn die verpasste Chance: "So ein Europapokal fehlt in meiner Sammlung. Ich hätt’ auch gern ein Foto mit dem Ding in der Hand. Nun wird wohl nichts mehr draus."