Kommentar: Wie geht es weiter mit der Islam Konferenz?
Einfach war es nie. Inzwischen ist die Deutsche Islam Konferenz jedoch eine wichtige bundesweite Dialogplattform zwischen Muslimen und Vertretern des deutschen Staates geworden. In der kommenden Woche tagt die Islamkonferenz wieder in Berlin. Wie geht es nun weiter? Unser Gastautor Samy Charchira, Sozialpädagoge am Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück, schwankt zwischen Skepsis und Hoffnung. Er nimmt bereits seit 2014 als Sachverständiger an der Islamkonferenz teil.
Der staatliche Dialog mit den Muslimen in Deutschland befindet sich in der Krise. Dies ist weniger eine Übertreibung als vielmehr eine Tatsache. Das lässt sich kaum ignorieren und an zahlreichen Beispielen festmachen: Ob in Niedersachsen, Schleswig-Holstein oder in Berlin - die lange verhandelten Verträge mit den islamischen Verbänden liegen auf Eis. Und über ihre staatliche Anerkennung als Kooperationspartner im Sinne einer Religionsgemeinschaft musste inzwischen gerichtlich verhandelt werden. Diese Anerkennung ist mittlerweile in weite Ferne gerückt. Denkbar hoch sind nun die Erwartungen an die Deutsche Islam Konferenz, die in der kommenden Woche in ihre vierte Phase startet und die, so die Veranstalter, "praxisnah, flexibel und themenoffen" sein soll.
Das muss sie auch sein, wenn sie weiter Lösungsansätze für eine adäquate gesellschaftliche Teilhabe einer gewachsenen deutsch-muslimischen Bevölkerung aufzeigen möchte. Dabei kommt der Eröffnungsrede des Gastgebers, Bundesinnenminister Horst Seehofer, eine besondere Bedeutung zu. Sie dürfte maßgeblich für das weitere Engagement und für die gesellschaftspolitische Bedeutung der Islamkonferenz sein. Viele Äußerungen von Seehofer in den Medien zum Islam und zu den Muslimen haben immer wieder für Irritationen gesorgt und zum Teil zu einem Vertrauensverlust bei einigen islamischen Verbänden geführt. Vor allem, als er vor einigen Monaten sagte, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre.
Wichtiges Dialogformat mit ständigem Neustart
Und dennoch: Die Deutsche Islam Konferenz ist bis heute eines der wichtigsten Dialogformate mit Muslimen in Deutschland. Sie hat viele bedeutende Impulse gegeben. So wurden beispielsweise an deutschen Universitäten Zentren für Islamische Theologie gegründet, außerdem fördern Bund und Länder seit einigen Jahren muslimische Seelsorge in Krankenhäusern und Gefängnissen.
Doch die Konferenz bleibt offenkundig in einem engen politischen Handlungsfeld verhaftet, das immer wieder ihren "Neustart" provoziert und sie immer wieder über die Frage der Repräsentanz stolpern lässt. Auch dieses Mal hat sich eine Debatte daran entzündet, wer denn nun die Muslime vertreten darf. Überschattet wird die Konferenz auch von der Tatsache, dass die Distanz der Bundesregierung zu den islamischen Verbänden, die in der vergangenen Legislaturperiode Hauptansprechpartner waren, größer denn je ist. Unter Druck steht insbesondere der umstrittene Moscheeverband DITIB. Die Forderung, er solle sich vom türkischen Staat lösen, wird von Politikern hierzulande immer lauter.
Die DIK – künftig praxisnäher, flexibel und themenoffen
Der zuständige Staatssekretär im Innenministerium, Markus Kerber, will mit Blick auf die Zusammensetzung der Islamkonferenz offenbar neue Wege gehen. Es soll keine, Zitat, "Ausschüsse oder dauerhafte Mitgliedschaften von Personen" mehr geben. Ob das gelingen kann, muss sich noch zeigen - insbesondere im Hinblick auf den Transfer der gemeinsam zu erarbeitenden Inhalte und Ergebnisse in die Breite des muslimischen Gemeindelebens. Denn die großen islamischen Verbände haben nach wie vor einen erweiterten Repräsentationsanspruch und lehnen eine Reduzierung auf einzelne Themenfelder ab. Nicht organisierte Muslime dagegen verfügen nur eingeschränkt über Zugänge zu den muslimischen Communities. Und auch im Liberal-Islamischen Bund sind bundesweit nur wenige kleine Gruppen von Muslimen vertreten.
"Deutscher Islam" ist längst Wirklichkeit
Die Deutsche Islam Konferenz hat aber auch beachtenswerte Ansprüche an sich selbst. Die muslimischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen nicht weniger als einen "deutschen Islam" definieren. Was das bedeutet und wer hier die Deutungshoheit hat, wird sicherlich der nächste Streitpunkt sein. Ausgang offen. Dabei ist eine muslimische Religiosität auf dem Boden unserer Verfassung längst Wirklichkeit. Am eindrucksvollsten wird sie von der dritten und vierten Generation muslimischer Deutscher vorgelebt. In nahezu allen gesellschaftlichen Räumen, in denen sie sich bewegen, praktizieren sie selbstbewusst und emanzipatorisch ihre Vorstellung von einem "deutschen Islam" und können diesen gut beschreiben.
Ich hoffe inständig, dass die neu gestartete Deutsche Islam Konferenz an ihre bisherigen Erfolge anknüpfen kann. Denn als eines der wenigen staatlichen Dialogformate mit den Muslimen in Deutschland bleibt sie zum Erfolg verpflichtet.