Wie weit die Gasnetz-Betreiber in SH mit ihren Abschalt-Plänen sind
Erdgas kostet 2025 doppelt so viel wie vor der Energiekrise. Je mehr Kunden Alternativen finden, umso unrentabler wird der Betrieb. Termine für eine Stilllegung der Netze nennen die Betreiber aber noch nicht.
Unter 10 Cent pro Kilowattstunde ist bei neuen Gasverträgen in Schleswig-Holstein derzeit nichts zu bekommen. Zu diesem Ergebnis kommen Vergleichsportale Mitte Januar bei überregionalen Anbietern. Mindestens rund 2.200 Euro kostet das Heizen 2025 damit in einem durchschnittlichen Einfamilienhaus mit 20.000 Kilowattstunden Verbrauch inklusive Grundgebühr. Ein Grund sind die Großhandelspreise, die zum Jahresende 2024 nach oben kletterten. Der Krieg in der Ukraine und die weltpolitische Lage spielen dabei eine Rolle. Der gestiegene CO2-Preis trägt nur unwesentlich zum Anstieg bei. Dieser macht seit Jahresbeginn 1,2 statt bisher 1,0 Cent brutto pro Kilowattstunde aus.
Grundversorger bei 13 Cent
Die Grundversorger reagieren darauf nur zum Teil. Diesen Tarif beim örtlichen Versorger zahlen alle, die ihren Anbieter nicht gewechselt haben. Grundversorgung ist meist etwas teurer. Das Unternehmen E.ON, das für den ländlichen Bereich zuständig ist, sowie die Stadtwerke Neumünster heben ihren Arbeitspreis an, während ihn die Stadtwerke in Kiel auf höherem Niveau reduzieren. Das Feld liegt jetzt dichter beieinander. In Kiel und Neumünster gelten die neuen Preise erst im Februar.
Dezember 2024 | Februar 2025 | +/- | |
---|---|---|---|
e.on | 10,2 | 12,2 | +2,0 |
Stadtwerke Kiel | 14,3 | 13,5 | -0,8 |
Stadtwerke Lübeck | 13,3 | 13,3 | 0 |
Stadtwerke Neumünster | 12,7 | 13,2 | +0,5 |
Weniger Erdgaskunden führen zu höheren Preisen
Experten erwarten mittelfristig einen Anstieg der Gaspreise. Der höhere CO2-Preis ist dabei nur ein Aspekt. Selbst, wenn er mittelfristig stark steigt, läge der Aufpreis bei moderaten vier Cent pro Kilowattstunde. Neubauten, Sanierungen und der allmähliche Umstieg auf Wärmepumpen sorgen aber dafür, dass immer weniger Erdgas verbraucht wird.
Die Kosten für den Betrieb der Gasnetze müssen damit auf weniger Kunden bzw. geringere Absatzmengen umgelegt werden, erklärt Ove Struck von der Schleswig-Holstein Netz AG. Dieser Effekt verstärkt sich selbst, denn bei höheren Preisen dürften noch mehr Kunden nach Alternativen suchen. Noch ist die Abwanderung überschaubar: Die Zahl der Gasanschlüsse der SH Netz AG ist in den vergangenen zwei Jahren um 7.000 auf 210.000 gesunken. Die SH Netz AG betreibt das Erdgasnetz in den meisten Regionen des Landes.
Stilllegung bis zur Klimaneutralität 2040?
Irgendwann könnte die Rechnung aber nicht mehr aufgehen. Der Energieversorger MVV in Mannheim sorgte zum Jahresende für Aufsehen, als er ankündigte, sein Gasnetz 2035 stillzulegen. Schleswig-Holstein soll nach den Plänen der Landesregierung 2040 klimaneutral sein. "Das ist der Zeitrahmen, an dem auch wir als Netzbetreiber uns orientieren," sagt Struck. Teilnetze könnten bis dahin stillgelegt werden. "Allerdings muss erst mal die Politik den Rahmen schaffen."
Kiel hat keine Pläne, Lübeck prüft
Nur sehr vage äußern sich die Stadtwerke Lübeck dazu: "Für uns ist die Versorgungssicherheit der Bürger:innen über die Gasnetze ein sehr hohes Gut. Wir werden dies bei allen künftigen Überlegungen bezüglich möglicher Stilllegung berücksichtigen und im Sinne der Kund:innen prüfen," schreibt eine Sprecherin. Die Stadtwerke Kiel teilen mit: "Derzeit haben wir keinerlei Pläne, die Gasversorgung in absehbarer Zeit einzustellen." Die Gas-Binnenmarktrichtlinie der EU verpflichtet allerdings alle Mitgliedsstaaten, Stilllegungspläne zu erarbeiten und gleichzeitig Kunden zu schützen.
SH Netz AG: Neue Gasheizung ist ein Investitionsrisiko
Ob Biomethan oder grüner Wasserstoff irgendwann einmal als Ersatz in ausreichender Menge und zu einem konkurrenzfähigen Preis durch die Gasnetze strömen, ist derzeit nicht abzusehen. Mehr als die Hälfte aller schleswig-holsteinischen Wohngebäude wurde laut Zensus 2022 zuletzt noch mit Gas beheizt. Laut Schleswig-Holstein Netz AG nimmt der Anteil aber bereits ab. "Wer jetzt noch eine Gasheizung kauft, geht einfach ein Investitionsrisiko ein," mahnt der Sprecher der Schleswig-Holstein Netz AG. Verbraucher sollten besser prüfen, ob sie eine Wärmepumpe installieren können oder ein Fernwärmeanschluss in Aussicht steht.