Weltweite IT-Störung: UKSH muss Operationen verschieben
Eine Sicherheitssoftware des US-Unternehmens Crowdstrike steckt offenbar hinter den weltweiten IT-Problemen. In SH ist vor allem das UKSH betroffen. Aber auch viele Kreisverwaltungen haben Probleme.
Auf den ersten Blick sieht am Freitagmorgen alles ganz normal aus am Haupteingang des Universitätsklinikums in Kiel. Ärzte und Patienten laufen umher. Doch schon gleich hinter dem Eingang - dort, wo die Besucher eine Nummer ziehen, wird es voll. Patienten und Angehörige stehen um zwei Frauen von der Zentralen Patientenaufnahme. Denise Schröter erklärt immer wieder geduldig, was passiert ist: Ein globaler IT-Ausfall, auch das Universtiätskrankenhaus Schleswig-Holstein (UKSH) mit seinen beiden Strandorten Kiel und Lübeck ist betroffen. "Wir bitten die Patienten, in die jeweiligen Ambulanzen zu gehen, um sich dort zu informieren. Gegebenenfalls müssen sie dann leider einen neuen Termin bekommen." Ärgerlich ist es vor allem für diejenigen, die eine weitere Anreise hatten. "Die meisten Patienten zeigen aber Verständnis", meint Denise Schröter.
10.000 Computer sind am UKSH ausgefallen und alles läuft nun händisch. Klinik-Chef Jens Scholz steht vor dem Haupteingang und gibt Fernseh-, Radio- und Zeitungsinterviews. Alles laufe digital, und wenn solch ein System plötzlich ausfalle, dann sei das schon heftig. Am UKSH trat das Problem schon ganz früh am Morgen auf, sagte Scholz: "Das ist eine völlig unangenehme Situation." Aber es sei am Ende nichts zusammengebrochen. "Das System funktioniert. Es war eine gute Probe, aber ich hätte drauf verzichten können", sagt Scholz.
Operationen werden also verschoben. Bis spätestens Montag soll aber laut UKSH alles wieder im Normalbetrieb laufen. Schon am Freitagnachmittag wurde alles wieder nach und nach hochgefahren. "Aber das dauert eben", seufzt Klinik-Chef Scholz. Auch die Ameos Kliniken im Kreis Ostholstein meldeten am Freitag Schwierigkeiten Datennetze nach außen anzuwählen, um beispielsweise Röntgenbilder anzusehen.
Auch viele Kreisverwaltungen lahmgelegt
Auch Kreisverwaltungen in Rendsburg-Eckernförde, Schleswig-Flensburg, Nordfriesland und Pinneberg konnten zwischenzeitlich überhaupt nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt arbeiten. Wer im Kreis Pinneberg am Freitag im Straßenverkehrsamt und bei der Zuwanderungsbehörde einen Termin hatte, bekam laut Kreissprecherin kurzfristig einen neuen. Im Kreis Nordfriesland waren unter anderem die Kfz-Zulassungsstellen in Husum und Niebüll betroffen. Am Freitagnachmittag liefen die Systeme nach Angaben des Kreises aber wieder. Auch die Kreisverwaltung Schleswig-Flensburg meldete am Freitagnachmittag, dass die Störung behoben sei. Die Stadt Kiel berichtete von Störungen im E-Mail-Programm.
Störung tritt weltweit auf
In vielen anderen Ländern sind auch Banken, Geschäfte oder Rundfunksender betroffen. In Großbritannien meldet beispielsweise ein Bahnunternehmen IT-Probleme, in Australien waren neben dem Flugverkehr auch Rundfunksender und Supermarktketten betroffen. In vielen Ländern - darunter USA, Spanien, Niederlande und Indien - wurde der Flugverkehr teils weitgehend eingestellt. Noch bis 15 Uhr fallen wegen des Computerproblems auch alle Eurowings-Flüge innerhalb Deutschlands und nach Großbritannien aus.
Flughafen Hamburg ebenfalls betroffen
Auch am Hamburger Flughafen kommt es zu Auswirkungen. Bei den vier Fluggesellschaften Eurowings, Ryanair, Vueling, Turkish Airlines gibt es Probleme bei den An- und Abflügen, sagte eine Sprecherin des Flughafens. Tickets gebe es erstmal nur am Schalter. Das dauert nach Angaben etwa 30 Minuten länger als sonst. Die Flughafensysteme würden aber alle laufen. Am Hauptstadtflughafen BER in Berlin-Schönefeld konnten am Morgen keine Maschinen starten oder landen. Der Flugbetrieb ist aktuell eingestellt.
Störung offenbar ausgelöst durch Sicherheitssoftware
Verantwortlich für die weltweiten IT-Probleme ist offenbar eine Sicherheitssoftware des US-Unternehmen Crowdstrike. Der US-Softwarekonzern Microsoft teilte mit, der Fehler sei mittlerweile behoben. Es gebe aber weiterhin weltweite Auswirkungen. Die Systeme befinden sich in einer "endlosen Absturzkette", aus der jeder betroffene Computer händisch befreit werden müsse, erklärt der Kieler IT-Sicherheitsexperte Martin Seeger. "Das heißt, die Organisationen stehen jetzt vor der großen Herausforderung weltweit an Hunderten teilweise Tausenden von Standorten zu reagieren und dort Leute hinzubringen, die sich zutrauen, diese Operation durchzuführen." Privatpersonen seien nicht von den Störungen betroffen, da das Programm vorwiegend in der Wirtschaft beziehungsweise Verwaltung eingesetzt werde. Seeger rechnet damit, dass das IT-Problem einige Unternehmen noch bis Sonnabend beschäftigen wird, an Flughäfen könne das noch bis "weit ins Wochenende" dauern.