Völkerkundesammlung in Lübeck wird umbenannt
Die Völkerkundesammlung der Lübecker Museen wird in "Sammlung Kulturen der Welt" umbenannt. Für ihren Leiter Lars Frühsorge ein längst überfälliger Schritt - der alte Name sei nicht mehr zeitgemäß.
Noch steht "Völkerkundesammlung" auf dem Schild neben der Eingangstür. Das wird sich allerdings ändern, sagt Frühsorge: "Wir betreiben heute eine andere Wissenschaft und eine andere Ausstellung als in der Zeit, als das Völkerkundemuseum gegründet wurde." Das war 1893, damals sei man davon ausgegangen, dass Menschen aus Europa Menschen aus Asien und Afrika überlegen seien. Auch für Historikerin Stella Barsch, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Sammlung arbeiten wird, ist der Name "Völkerkundesammlung" problematisch.
"Das Konzept kommt aus einer Zeit, wo wir Sammlerinnen, Sammler und Ausstellende haben, die meistens weiß sind und zum Teil sehr rassistische Einstellungen haben." Historikerin Stella Barsch
In der Völkerkundesammlung in der Nähe des Lübecker Doms sind mehr als 30.000 Objekte aus allen Kontinenten verwahrt. Nicht öffentlich, zugänglich ist sie für Studierende und Forschende, gelegentlich finden Sonderausstellungen in anderen Lübecker Museen statt. Der neue Name steht schon fest: "Sammlung Kulturen der Welt". Auch die Lübecker Gesellschaft für Geographie und Völkerkunde, unter anderem Förderverein der Völkerkundesammlung, will sich umbenennen in "Gesellschaft für Kulturen der Welt". Dafür hat am Donnerstagabend die Bürgerschaft mit großer Mehrheit gestimmt.
Besseres Image, mehr Fördergelder
Das ehemalige Berliner Museum für Völkerkunde wurde 2000 zum "Ethnologischen Museum", vor sieben Jahren hat sich auch das ehemalige Völkerkundemuseum in Hamburg umbenannt in "Museum am Rothenbaum - Kulturen und Künste der Welt", kurz MARKK. Laut MARKK-Direktorin Barbara Plankensteiner war das wichtig fürs Image.
"Wir tun uns viel leichter, Fördermittel unter anderem bei Stiftungen einzuwerben. Mit etwas, das 'Völkerkundemuseum' heißt, wollten sich viele Fördergeber nicht verbinden." MARKK-Direktorin Barbara Plankensteiner
Diskussionen um Umbenennungen gab und gibt es an vielen Orten. In Lübeck sei besonders, dass die Verantwortlichen des Museums selbst diesen Prozess angestoßen hatten: "Viele deutsche Städte hatten sogenannte postkoloniale Bewegungen", sagt Völkerkundesammlungs-Leiter Frühsorge. "Häufig Menschen mit Migrationshintergrund, engagierte Studierende oder Wissenschaftler, meistens aus dem linken Spektrum. Sie sind den Museen auf den Leib gerückt und haben gesagt: Ihr müsst eure Kolonialgeschichte aufarbeiten. So etwas hat es hier in Lübeck nicht gegeben."
Leiter der Völkerkundesammlung: "Wir wollen ein modernes Museum sein"
Das letzte Wort zur Umbenennung der städtischen Sammlung hatte die Lübecker Bürgerschaft. Über die Umbenennung herrsche ein breiter Konsens, sagt Frühsorge im Vorfeld der Abstimmung. Im zuständigen Kulturausschuss hatte zuvor lediglich die AfD dagegen gestimmt. Oliver Marten von der Lübecker AfD-Fraktion findet, der alte Begriff "Völkerkunde" sei "nicht negativ behaftet und bringe klar und verständlich die Thematik zum Ausdruck".
Die Lübecker Sammlung soll künftig nicht einfach nur anders heißen, betont Frühsorge, die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte sei auch wichtiger Teil der Forschungsarbeit und dazu eine Frage der Haltung. Man wolle unangenehme Forschungsergebnisse nicht einfach in der Schublade verschwinden lassen - im Gegenteil. "Diese Objekte sind nicht nur Zeugnisse vergangener Kulturen aus anderen Weltgegenden. Sie erzählen über Globalisierung, über aktuelle Probleme und Herausforderungen, die Menschen haben. Und das wollen wir, wir wollen ein modernes Museum sein und dafür ist der Name ein wichtiger Schritt."