Verbände fordern Strafgebühr für Terminschwänzer beim Arzt
Einen Termin beim Facharzt zu erhalten, kann mitunter mehrere Wochen dauern. Doch immer öfter würden Patienten dann ohne Absage nicht erscheinen, klagen Praxen. Ob eine von den Krankenkassen gezahlte Ausfallgebühr helfen könnte, dazu gehen die Meinungen auseinander.
Der Praxisbetrieb von Jan Löhler ist minutiös getaktet. Regelmäßig klingelt das Telefon, das Wartezimmer ist beinahe bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt aus Bad Bramstedt (Kreis Segeberg) versucht seine Sprechstunde möglichst effizient zu gestalten, um möglichst vielen Patientinnen und Patienten helfen zu können. Umso ärgerlicher, wenn der Ablauf durcheinandergebracht wird, weil Menschen ihre Termine nicht wahrnehmen, ohne abzusagen. "Grundsätzlich kann das ja mal passieren, dass etwas dazwischen kommt und man vergisst, der Praxis Bescheid zu geben. Aber in der Häufigkeit, in der wir das Schwänzen erleben, ist es wirklich problematisch", so Löhler. Rund zehn Prozent seiner Patientinnen und Patienten verpassen jeden Tag ihre Termine, ohne vorher abzusagen. Und gefühlt werden es laut Löhler immer mehr. "Ich beobachte durchaus, dass das in den vergangenen Jahren zugenommen hat", meint der Arzt. Für seinen laufenden Praxisbetrieb bedeuten Terminschwänzer nicht nur kurzfristiges Umplanen im Ablauf, sondern auch einen Verdienstverlust.
Problem für Ärzte und Patienten
"Insbesondere in Facharztpraxen gibt es Behandlungen, für die aufwendiges Gerät oder speziell geschultes Personal für einen Termin bereitgestellt wird. Wenn das dann nicht zum Einsatz kommt, ist das umso ärgerlicher", sagt Löhler. Zudem gibt es einen Facharzt- und Fachkräftemangel, weswegen die Terminsituation laut Löhler in seiner Praxis ohnehin schon angespannt ist. Umso ärgerlicher ist es daher, wenn Patientinnen und Patienten Termine blockieren, die andere vielleicht dringend benötigt hätten. Neben Löhler beklagen auch weitere Fachärztinnen und -ärzte aus Schleswig-Holstein die teilweise zunehmende Unzuverlässigkeit ihrer Patientinnen und Patienten, wie Axel Schroeder von der Ärztegenossenschaft Nord sagt. "Wir stehen im engen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen verschiedener Fachrichtungen. Viele berichten, dass die Nichteinhaltung der Termine in den letzten Jahren zugenommen hat", so Schroeder.
Forderung nach Ausfallgebühr
Laut einer Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) klagen sieben von zehn Praxen über sogenannte No-Shows. Der Vorstandsvorsitzende der KBV, Andreas Gassen, hatte sich deshalb bereits im August für eine Ausfallgebühr ausgesprochen. Seine Forderung: Wenn Patientinnen und Patienten ihre Termine verstreichen lassen, sollte die jeweilige Krankenkasse dafür zahlen. Die Ärztegenossenschaft Nord begrüßt diesen Vorschlag grundsätzlich. Aber: "Es kann aber nicht sein, dass diese Gebühren dann von den Ärztinnen und Ärzten eingetrieben werden müssen. Da sehen wir ganz klar die Krankenkassen in der Verantwortung", so Vorstandsmitglied Axel Schroeder. Grundsätzlich sei es jedoch von Vorteil, zunächst an die Vernunft der Patientinnen und Patienten zu appellieren - und nicht an deren Geldbeutel.
Kritik von Patientenschützern
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisiert den Vorschlag einer Gebühr für Terminschwänzer. Das eigentliche Problem sei die mangelnde Erreichbarkeit von Kassenärzten. Zudem verlangten heute schon viele Praxen Strafgebühren für ausgefallene Termine. Jetzt noch eine zweite Gebühr von den Versichertenbeiträgen zu fordern, sei "Abzocke".