Drei Frauen sitzen im Gespräch vor einem Austeler mit dem Titel "Trauer". © NDR Foto: Christiane Strauss
Drei Frauen sitzen im Gespräch vor einem Austeler mit dem Titel "Trauer". © NDR Foto: Christiane Strauss
Drei Frauen sitzen im Gespräch vor einem Austeler mit dem Titel "Trauer". © NDR Foto: Christiane Strauss
AUDIO: Wie ein Lübecker Verein trauernde Angehörige begleitet (4 Min)

Unterwegs mit der Trauerbegleiterin: So spendet Bruni Jürss Trost

Stand: 18.04.2025 06:00 Uhr

Trauerbegleiterin Bruni Jürss ist da, wenn Menschen Halt, ein offenes Ohr und Zuspruch in schweren Zeiten brauchen. Nicht immer kann das eigene Umfeld diese Form von Trauerhilfe leisten. Ein Verein in Lübeck bietet wertvolle Unterstützung.

von Christiane Stauss

"Bruni und die Malgruppe für Trauernde geben mir Halt. Ich kann mich ausdrücken, mich mitteilen und mich austauschen," erzählt Sabine Rasch. Die Sozialpädagogin ist 66 Jahre alt. 2021 verlor sie ihre Mutter. Nur zwei Jahre später verstarb ihr Vater. Bruni Jürss ist 67 Jahre alt und sie ist für Sabine die Stütze, die sie manchmal braucht. Denn Bruni Jürss ist Trauerbegleiterin. Trauerbegleiter tun genau das, was der Name schon verrät: Sie begleiten Menschen in ihrer Trauer - sind für sie da, hören zu, spenden Trost. Seit über zehn Jahren bietet der Verein "Lübecker Hospizbewegung e.V." Unterstützung beim Umgang mit Trauer und der aktiven Trauerbewältigung.

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"Hervorgegangen ist dieses Angebot aus dem Angebot unserer Sterbebegleitung. Tod und Trauer gehören zusammen. Und wir haben gemerkt, dass die Nachfrage nach einer Begleitung für die Trauernden immer mehr wuchs", erklärt Koordinatorin Andrea Halbmann-Merz. Trauerbegleiterin Bruni Jürss hat sich vor vier Jahren dazu entschieden, Menschen in ihrer Trauer zu unterstützen, ihnen eine Begleitung zu sein. Ihre Motivation? Ihre eigene Biografie.

Wie läuft die Ausbildung zur Trauerbegleitung ab?

Was hat Bruni Jürss in ihrer Ausbildung zur Trauerbleiterin gelernt?

Einer der Schwerpunkte in der Ausbildung lag auf dem Erlernen und Einüben von Gesprächsführungsmethoden mit Trauernden. Außerdem hat sie durch Rollenspiele gelernt, wie man am besten mit Ablehnung umgeht.

Warum wurde Bruni Jürss Trauerbeleiterin?

"Ich hatte Phasen, in denen ich selbst geballt mit Trauerfällen konfrontiert war und mich mit Trauer auseinandersetzen musste", sagt sie. Sie habe dann auch gemerkt, wie schwer es vielen anderen trauernden Menschen fällt, sich mit dem Thema zu beschäftigen. "Obwohl es früher oder später sicher jeden einmal treffen wird." So war es auch bei Sabine Rasch. Der Tod der Mutter habe sie total umgehauen. Zwei Jahre habe sie gebraucht, um darüber hinweg zu kommen. Dann starb der Vater. Die psychische Belastung wurde so groß, dass sie sich dazu entschied, in die Malgruppe für Trauernde von Bruni Jürss zu gehen.

Umgang mit Trauer ist individuell

Sieben trauernde Menschen treffen sich einmal im Monat. Drücken ihre Gefühle in Bildern aus. "Der gemeinsame Verlust ist ein gemeinsames Fundament", sagt die Trauerbegleiterin. Nicht jeder Mensch in Trauer will reden; manche brauchen Bilder, um das eigene Innenleben wieder einigermaßen zu stabilisieren. Gesprochen wird in der Gruppe trotzdem - wer mag, teilt mit, wie es ihm geht, zeigt sein gemaltes Bild, in dem sich oft auch andere Teilnehmer mit ihren Emotionen wiederfinden. Doch immer wieder stehen viele trauernde Menschen vor den gleichen Problemen: die Ungeduld ihres Umfelds und: Feiertage.

Feiertage erschweren oft die Trauer

"Feiertage wie Weihnachten oder Ostern sind immer noch eine zusätzliche Belastung", erklärt die Trauerbegleiterin. "Bei vielen Familien gibt es an Feiertagen bestimmte Rituale, die man gemeinsam begeht. Wenn dann ein Familienmitglied fehlt, dann können solche Tage noch viel trauriger und schrecklicher sein." Insbesondere ältere Trauernde wissen an Feiertagen nicht, wie sie diese ohne den geliebten Menschen gestalten sollen. Seien dann nochmal besonders einsam. Sabine Rasch hat Glück. Sie hat ein soziales Umfeld, das sie, zusätzlich zu der Trauerbegleiterin, auffangen kann. Doch das ist nicht immer selbstverständlich.

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Das Unverständnis des Umfelds

"Oft hören Trauernde Sätze wie "Mensch, du trauerst schon so lange, das muss doch mal reichen." Oder Floskeln wie "Da kann man doch nichts machen, das geht vorbei", weiß Andrea Halbmann-Merz. Trauerbegleiter wie Bruni Jürss sind dann da und fangen auf. 21 Trauerbegleiter arbeiten bei dem Verein - ehrenamtlich, spendenfinanziert. Wer nach dem Tod eines geliebten Menschen nicht weiter weiß, kann beim Verein anrufen. Dann wird gemeinsam geschaut, was der Trauernde braucht und welche Art der Begleitung zu ihm passt. Es gibt neben der Malgruppe zum Beispiel auch eine Einzelbegleitung oder ein Trauercafé.

Der Heilung immer näher kommen

Sabine Rasch ist froh, dass sie vor einem Jahr den Mut fand, den Telefonhörer zu nehmen und sich Unterstützung zu holen. Der Austausch mit Gleichgesinnten, die Gespräche mit Bruni Jürss, all das stabilisiert. Und die Bilder, in denen sie ihre Emotionen ausdrückt? "Die habe ich zu Hause aufgestellt. Sie begleiten mich im Alltag. Ich kann von außen drauf schauen und sehen, wie es in mir aussieht und was sich verändert hat." Und so kann sie Stück für Stück heilen und die Trauer überwinden.

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