Träger der Jugendhilfe in SH schlagen Alarm - Kindeswohl in Gefahr
Träger der Jugendhilfe haben auf die prekäre Betreuungslage von hilfsbedürftigen Kindern und Jugendlichen hingewiesen. Ihr Fazit: "Wir können den gesetzlichen Auftrag nicht mehr erfüllen."
Kinder mit Gewalterfahrungen, Drogenproblemen oder überforderten Eltern - sie alle bekommen Hilfe in der stationären Kinder- Jugendhilfe. Doch die rund 700 Betreuungseinrichtungen in Schleswig-Holstein schlagen Alarm: Es gibt immer mehr betroffene Kinder, aber zu wenige Betreuer und Betreuerinnen. Das sei das größte Problem, sagte der Sprecher des Aktionsbündnisses Kindeswohl in Schleswig-Holstein, Hasko Facklam. "Bis zu zehn Kinder werden von einer diensthabenden Erzieherin oder Erzieher betreut." Die Zahl der jungen Menschen, die Hilfe brauchen, steigt: "Wir haben einen Zuwachs der Inobhutnahme um 40 Prozent im Verhältnis zum Vorjahr." Facklan ist gleichzeitig Geschäftsführer des Kinder- und Jugendhilfeverbunds und der KJSH-Stiftung.
6.300 junge Menschen in SH brauchen stationäre Hilfe
Die Standards der Versorgung sind aus Sicht der Träger Jahrzehnte alt. Die Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen hat sich über die vielen Jahre allerdings dramatisch verändert. Etwa 6.300 von ihnen in Schleswig-Holstein sind auf die stationäre Hilfe angewiesen. "Es ist gesetzlicher Auftrag, die betroffenen Kinder und Jugendlichen zu betreuen", machte Lutz Regenberg klar. Er ist ebenfalls Sprecher des Aktionsbündnisses und gleichzeitig bei der Diakonie beschäftigt. "Unter diesen Umständen können wir unseren Auftrag nicht erfüllen."
Aktionsbündnis: Zu wenig Geld für Mitarbeiter
Es fehlt laut Bündnis nicht nur an Personal, sondern auch an Geld und Platz. Lutz Regenberg fordert, dass die Einrichtungen von den Kommunen finanziell besser ausgestattet werden, damit mehr Vollzeitkräfte eingestellt werden können. "Wir wünschen uns, dass der Mitarbeiter nicht mehr rund um die Uhr allein im Dienst ist, sondern dass wir die Möglichkeit haben, zu bestimmten Kernzeiten eine zweite Mitarbeiterin in den Dienst zu geben", sagte Regenberg. Die Personalausstattung führe im Moment dazu, dass die Mitarbeitenden rund um die Uhr allein mit zehn belasteten Kindern wären, so Regenberg weiter. Außerdem brauche es mehr Gehalt für die Mitarbeitenden der stationären Kinder- und Jugendhilfe, um die anspruchsvollen Jobs attraktiver zu machen. Konkret fordert das Bündnis rund zehn Prozent mehr Gehalt als in anderen pädagogischen Stellen.
Aktionsbündnis mit 16 beteiligten Trägern
Gegründet wurde das Aktionsbündnis Kindeswohl in Schleswig-Holstein vor gut einem halben Jahr. 16 Träger haben sich inzwischen angeschlossen. Das gemeinsame Ziel: Kinder und Jugendliche sollen besser und nachhaltiger in stationären Einrichtungen betreut werden.