Schule auf dem Segelschiff: Hier lernen Schüler auf dem Atlantik
Für ein halbes Jahr sind 34 Schülerinnen und Schüler aus ganz Deutschland auf der "Thor Heyerdahl" unterwegs. Dort haben sie Unterricht, lernen zu segeln - und sich selbst besser kennen.
Zuhause ist gerade ganz weit weg. Mehr als 9.000 Kilometer. Anton hat seine Familie in Dänischenhagen bei Kiel zuletzt im Oktober gesehen. Jetzt ist er in Panama. Da ist er nicht hingeflogen, sondern hingesegelt. Mit der "Thor Heyerdahl" und dem Projekt "Klassenzimmer unter Segeln" (KUS). Zusammen mit 33 anderen Jugendlichen lernt der 15 Jahre alte Schüler ein halbes Jahr lang Deutsch, Chemie, Geografie, fremde Kulturen und vor allem sich selbst kennen. "Also man lernt vor allem Platzmanagement und sich um sich selbst zu kümmern. Man muss sich den Schlaf gut einteilen und zeitig ins Bett gehen, weil wir auf Nachtwache gehen. Sonst kann man am nächsten Tag nicht aufpassen."
Weihnachten zum ersten Mal ohne Eltern und Geschwister
Das Weihnachtsfest hat Anton zum ersten Mal ohne seine Familie verbracht. Er hat drei Geschwister, die Feiertage sind immer sehr trubelig, erzählt der 15-Jährige. Weihnachten auf der Thor Heyerdahl gab es auch Geschenke und ein Abendessen in großer Runde. Der größte Unterschied: das Wetter. Zuhause in Dänischenhagen (Kreis Rendsburg-Eckernförde) war es kalt und regnerisch. An Heiligabend war die Thor Heyerdahl im Karibischen Meer nördlich von Curaçao. Lufttemperatur: 31,5 Grad, Wassertemperatur: 29,5 Grad. "Es war sehr schöner Abend, aber ich fand, es war ein anderer Abend als Weihnachten", erinnert sich Anton.
Drei Wochen Landaufenthalt in Panama
Die erste Atlantiküberquerung haben die Jugendlichen, die Segelcrew und die Lehrkräfte hinter sich. Jetzt bleiben sie für drei Wochen in Panama. Als erstes steht ein Camp im Regenwald auf dem Programm. Danach gibt es Spanischunterricht. Bei dem Landaufenthalt sind die Schülerinnen und Schüler in Gastfamilien untergebracht. "Wir haben jetzt zwar Spanisch an Bord gehabt, aber man hat nicht so viel Unterricht. Und hier muss man sich auf Spanisch verständigen können", sagt Anton.
Schüler können sich sehr gut selbst reflektieren
Das Projekt "Klassenzimmer unter Segeln" wird von mehreren Pädagogen begleitet. Eine von ihnen ist Corinna Göpfert, sie ist stellvertretende pädagogische Leiterin. Als Schülerin ist sie selbst auf der "Thor Heyerdahl" mitgesegelt. Jetzt in Panama von der 50 Meter langen "Thor Heyerdahl" herunterzukommen, ist auch für sie und die anderen Lehrkräfte eine Abwechslung - und für die Jugendlichen ein wichtiger Programmpunkt. "Weil sie wirklich in die Kultur vor Ort eintauchen können, dadurch auch ihre eigene Kultur, ihre eigene Herkunft reflektieren können. Und genau das ist auf jeden Fall ein wichtiger Teil des Projekts", sagt die Pädagogin.
Ein Trip kostet 25.000 Euro - aber es gibt finanzielle Unterstützung
Billig ist der jährlich stattfindende Trip auf der Thor Heyerdahl nicht. Etwa 3.770 Euro pro Monat fallen laut Veranstalter an Kosten an. Darin enthalten sind unter anderem Verpflegung und Unterkunft an Bord, der schulische Unterricht und Landaufenthalte sowie ärztliche Betreuung an Bord. Wer sich die Gesamtkosten von fast 25.000 Euro nicht leisten kann, hat die Möglichkeit, zinslose Darlehen oder Stipendien in Anspruch zu nehmen. Diese ermöglicht ein spendenfinanzierter Förderverein. "Bisher konnten so alle ausgewählten Jugendlichen am KUS-Törn teilnehmen", heißt es auf der Homepage - unabhängig vom finanziellen Hintergrund. Voraussetzung für die Teilnahme am Projekt ist ein gutes Zeugnis, Offenheit für unterschiedliche Kulturen, auch soziales Engagement ist gerne gesehen.
Über Kuba und die Azoren zurück nach Kiel
Im April wird die "Thor Heyerdahl" zurück in ihrem Heimathafen Kiel sein, und Anton zurück bei seiner Familie in Dänischenhagen. Die Rückreise geht über Kuba und die Azoren. Anton merkt schon jetzt, wie ihn der Trip verändert. "Ich bin gelassener geworden, würde ich sagen. Weniger über die Sachen nachdenken, sondern einfach mal machen."