Schüler-Idee: Wie Wellen für Strom auf Schiffen sorgen könnten
Vier Schüler aus Neumünster haben etwas entwickelt, womit Segler Strom erzeugen können: Piezo Revolution nennen sie das. Zusammen mit dem Kieler Geomar haben sie die Idee schon getestet.
Solarmodule auf vielen Segelbooten sorgen für grünen Strom während der Fahrt auf Nord- und Ostsee. Aber natürlich scheint die Sonne nicht immer: Vier Schülerinnen und Schüler der Walther-Lehmkuhl-Schule in Neumünster möchten daher etwas anderes nutzen: Wellen. "Wir dachten: Die Wellen sind immer da, also passt das ganz gut", erzählen sie.
Sie haben dafür das Element "Pie One" entwickelt und nutzen zur Energiegewinnung den Piezo-Effekt: Eine Keramikplatte liegt auf einer Metallplatte. Kommt Druck durch die Wellen auf die Keramikplatte, findet eine Ladungsverschiebung statt, die als elektrischer Strom abgefangen werden kann. 110 dieser Elemente werden zusammen als Modul an einem Schiffsrumpf angebracht. Zehn Watt klimaneutraler Strom werden so erzeugt.
Gleicher Ansatz auch bei Fußgängerwegen im Einsatz
Auf die Idee kamen Freya Malinowsky, Finn-Jendrik Först, Jarne Wieck und Kjell Buchholz durch Zufall: Sie sahen einen Bericht über Fußgängerwege, bei denen dieselbe Technik angewendet wurde. Auf der Suche nach einem praktischen Schulprojekt entstand dann die Idee, Boote und Wellen zu nutzen. Seit eineinhalb Jahren besuchen die vier zusammen das berufliche Gymnasium der Walther-Lehmkuhl-Schule in Neumünster.
Die Aufgabe der Schüler in diesem Schuljahr: Ein fächerübergreifendes Projekt durchzuführen. Im Vordergrund soll dabei Social Enterpreneurship, also Sozialunternehmertum, stehen, erzählt ihre Wirtschaftslehrerin Linda Grunau: "Es geht darum, ein Produkt zu entwickeln, das einen Mehrwert für die Gesellschaft hat, einen Businessplan zu entwickeln und ein fiktives Unternehmen zu gründen."
Erste Testfahrt mit dem Kieler Geomar
Seit den Sommerferien haben sie ihre Idee getestet und weiterentwickelt - im Unterricht und in ihrer Freizeit. Der Prototyp entstand im Physikunterricht, der Businessplan im Fach Wirtschaft und der soziale Mehrwert wurde in Gemeinschaftskunde herausgearbeitet. Und bei voller Fahrt getestet haben sie ihre Erfindung auch schon: Die Schülerinnen und Schüler durften ihr "Pie One"-Modul an der "Littorina", einem der Forschungsschiffe des Kieler Geomar-Instituts, anbringen. "Das war eine super Erfahrung. Weitere Testfahrten sind auch schon in Planung", erzählen die angehenden Abiturienten.
Denn bei der ersten Testfahrt lief nicht alles nach Plan: Das Modul war nicht direkt an der "Littorina" befestigt, sondern an einem Fender, der außen am Boot hing. Durch die starken Bewegungen lösten sich die Sensoren zum Teil vom Fender und konnten so nicht die gewünschte Energie erzeugen. "Das nächste Mal wollen wir das Modul direkt am Rumpf anbringen, da wo die meiste Kraft herrscht", erzählt Freya. Die Idee dabei: Die 110 Sensoren sind flexibel miteinander verbunden, sodass sie an jeden Bootsrumpf individuell angepasst und festgeklebt werden können. Das Strömungsverhalten der Boote soll sich so nur minimal verändern.
Zehn Watt Strom kann das Modul bisher erzeugen - so viel verbraucht in etwa ein WLAN-Router. "Oder eben ein Notruf. Wenn man in Seenot gerät und keinen Strom mehr hat, kann man so einen Notruf absetzen", sagen die Schülerinnen und Schüler. Genau das sei der gesellschaftliche Nutzen, den ihr Produkt haben soll. In Zukunft könne man das Modul vielleicht auch so weiterentwickeln, dass es für Licht nutzbar sei.
Team erfolgreich bei Wettbewerben
Mit ihrer Unternehmensidee haben die Schülerinnen und Schüler im Februar erfolgreich an gleich zwei Wettbewerben teilgenommen. Bei "Jugend forscht" gewannen sie einen zweiten Preis. Und beim landesweiten Wettbewerb "Start-up-Challenge" standen die Schüler mit ihrer Idee vergangene Woche im Finale. Fast 200 Berufsschülerinnen und -schüler hatten ihre Unternehmensideen eingereicht. Die Neumünsteraner landeten unter den 16 Finalisten.
Vor einer Jury hatten sie nur drei Minuten Zeit, ihre Idee auf der Bühne zu "pitchen", also kurz vorzutragen. Und auch hier standen sie am Ende auf dem Siegerpodest: Wieder wurde es der zweite Platz und 2.000 Euro Preisgeld. "Wir sind total zufrieden, was will man mehr", sagten die vier nach der Siegerehrung strahlend.
Ein Kritikpunkt der Jury: Um im Notfall auf See Hilfe zu holen, gebe es ja GPS-Geräte mit Batterien. Die Idee der Schülerinnen und Schüler steht am Anfang, hat aber Potenzial, das sagt auch ihre Wirtschaftslehrerin Linda Grunau: "Letztendlich ist die Situation so, dass wir das Feedback bekommen haben, auch von den Wirtschaftsjunioren, aber auch von Gründerzentrum, mit denen wir zusammengearbeitet haben, dass der Businessplan so weit ausgereift ist, dass man damit durchaus zum Beispiel bei einer Bank vorstellig werden könnte."
Die vier Schülerinnen und Schüler wollen das Preisgeld in die Weiterentwicklung des Produkts stecken und vielleicht sogar ein Patent anmelden.