Pflegeausbildung am Dummy - SkillsLab in Kiel gestartet
Blutdruck messen, Verbände wechseln, Infusionen legen - das sind nur einige Aufgaben von Pflegefachkräften. Was sie in der Theorie lernen, können Auszubildende in der DRK-Pflegefachschule in Kiel jetzt auch praktisch üben.
"Herr Schwindelig, ich bin jetzt mit dem Blutdruckmessen fertig. Sie haben heute Morgen einen Blutdruck von 130 zu 80. Ich finde das sehr gut." Ida Kebang ist Pflegefachfrau im zweiten Ausbildungsjahr. Ihr Patient heute: Karl-Heinz Schwindelig, 65 Jahre alt. Seit drei Tagen liegt er auf einer kardiologischen Station, sein Blutdruck muss regelmäßig kontrolliert werden.
Karl-Heinz Schwindelig kann sichtbar atmen und mit Ida sprechen - und doch ist er nicht echt. Im Krankenbett liegt eine menschenähnliche Puppe.
Nachgestellte reale Bedingungen
Patient Schwindelig ist zentraler Teil des "SkillsLab", einem Ausbildungsraum für Pflegefachkräfte, in dem Ida Kebang und ihre Mitschülerinnen üben. Der Raum ist wie ein Krankenhauszimmer ausgestattet - mit Patientenklingel, Pflegewagen und sogar einem Familienfoto auf dem Nachttisch. Überall sind Kameras und Mikrofone, jeder Handgriff der Auszubildenden wird aufgezeichnet. So beobachtet zu werden ist für viele nicht leicht, soll ihnen aber helfen. Denn anders als bei echten Patienten können im "SkillsLab" Abläufe wiederholt und verfeinert werden. "Das gibt schon Sicherheit beim Umgang mit dem Material und beim Umgang mit dem Behandlungsprozess", sagt Ida Kebang.
Ausbildung am Dummy ist neu für alle
Nur ein paar Minuten braucht sie, um Puls und Blutdruck zu messen. Dabei bleibt auch Zeit für einen Plausch mit Patient Schwindelig. Die Stimme verleiht ihm Pflegepädagoge René Thiel. Der sitzt zusammen mit seiner Kollegin Theresa Wagner im Nebenraum und beobachtet Ida Kebang über die Kameras. René Thiel entscheidet, was Patient Schwindelig sagt - Ida Kebang muss dann darauf reagieren.
Auch für die Ausbilder ist die Arbeit mit dem Dummy etwas ganz neues. "Es ist am Anfang ungewohnt. Aber wenn man in der Rolle drin ist, geht das schnell", sagt René Thiel, "wir hoffen, dass die Schülerinnen dadurch Hemmungen ablegen." Deshalb gibt es im "SkillsLab" auch keine Prüfungen - der Leistungsdruck soll abgelegt werden. "Hier haben wir die Möglichkeit, in einem geschlossenen Raum, in dem Fehler erlaubt sind und gemacht werden dürfen, diese dann auch zu üben und zu verbessern", erklärt Theresa Wagner.
SkillsLabs bald an allen fünf DRK-Akademien
Vor jeder Übung am Dummy bekommen die Auszubildenden Anweisungen - nach der Übung wird direkt besprochen, was gut und was schlecht gelaufen ist. Dabei gucken sich alle zusammen die Kameraaufzeichnungen an und können so direkt lernen. Ida Kebang hat heute nur einen kleinen Fehler gemacht, einmal hat sie die Desinfektion vergessen. "Ich habe mich gut gefühlt - Herr Schwindelig war ein sehr netter Patient, das ist nicht immer so", erzählt sie lachend.
Mit dem SkillsLab soll eine Lücke zwischen Theorie und Praxis geschlossen werden. Denn oft tritt das, was im Unterricht auf dem Stundenplan steht, erst Wochen später in der Praxis auf. Hier kann direkt geübt werden. Neben dem Erfassen der Vitalzeichen können die Auszubildenden an Patient Schwindelig auch Verbände wechseln, Infusionen legen oder die stabile Seitenlage üben. Ziel ist es, sie besser auf den Berufsalltag vorzubereiten und sie selbstsicherer zu machen. Das "SkillsLab" ist in der DRK-Pflegefachschule Kiel erst seit einem Monat in Betrieb. In Zukunft soll es an allen fünf DRK-Akademien im Land solche "SkillsLabs" geben. Das Land Schleswig-Holstein fördert die SkillsLabs an den DRK-Akademien in Kiel und Heide mit 236.900 Euro.