On-Demand-Busse: Top oder Flop?
Immer mehr Kommunen setzen auf kleine, flexible Busse, die nur nach Bedarf fahren. In Neumünster ersetzen sie sonntags sogar komplett die Linienbusse. Die Zwischenbilanz ist positiv, doch es gibt auch Zweifel an solchen Konzepten.
Es ist eine kleine Revolution, die jeden Sonntag aufs Neue in Neumünster geschieht. Denn die Stadt ist nach eigenen Angaben die erste in Deutschland, die an Sonn- und Feiertagen die bisherigen Linienbusse komplett abschafft und durch sogenannte On-Demand-Shuttle ersetzt. "Hin&Wech" steht auf den Kleinbussen, die die Fahrgäste flexibel an ihr Wunschziel bringen.
Mehr Fahrgäste als vorher in Linienbussen
Die Stadtwerke Neumünster (SWN), die für die Stadt den Busverkehr betreiben, ziehen nach fünf Monaten eine außerordentlich positive Zwischenbilanz. "Es läuft besser als erwartet und besser als erhofft", schwärmt Saskia Ullrich von den SWN. An durchschnittlichen Sonntagen im Sommer seien vorher mit den Linienbussen rund 400 Menschen unterwegs gewesen. "Jetzt sind es mehr", sagt sie.
On-Demand ist Trend in Schleswig-Holstein
Auch andere Verkehrsbetriebe im Land setzen auf das On-Demand-Konzept. Auch die Stadtwerke Lübeck Mobil etwa bauen ihr On-Demand-Angebot "LÜMO" aus. In der Hansestadt ersetzen die Shuttles aber nicht bisherige Buslinien, sondern fahren zusätzlich zu Zeiten, zu denen bisher kaum oder gar keine Busse unterwegs waren - spät abends und in der Nacht. "LÜMO" ist auch vorab buchbar, so dass nach Angaben der Stadtwerke Lübeck feste Ankunfts- oder Abfahrtzeiten möglich sind.
Flexibilität ist Fluch und Segen
Die Stadtwerke Neumünster sehen in der Flexibilität der On-Demand-Angebote einen großen Vorteil für die Fahrgäste: "Es ist ein Unterschied, ob man zu einem Linienbus geht, der einmal pro Stunde an einer Bushaltestelle anhält, oder in einer App eintippt, von wo nach wo man fahren möchte und dort dann direkt vor die Tür gebracht wird", erklärt Saskia Ullrich. Doch Alexander Montana vom Verkehrsclub Deutschland Nord (VCD) sieht genau darin auch ein Problem. Denn wenn es gerade einmal kein freies Shuttle gebe, könne es im Extremfall eine oder sogar zwei Stunden dauern, bis Fahrgäste abgeholt würden. "Gerade wenn man am Bahnhof einen Anschlusszug bekommen will, ist das sehr ärgerlich." In der Regel seien die Wartezeiten nicht länger als 20 Minuten, heißt es von den Stadtwerken Neumünster. Sie räumen aber ein, dass es unter Umständen auch mal länger dauern kann.
Kritik an Extra-Kosten für Fahrgäste
Ein weiterer Nachteil für Fahrgäste: Die meisten On-Demand-Busse kann man nicht mit einem normalen Nahverkehrsticket nutzen, sondern muss einen Zuschlag zahlen - auch in Neumünster. "Im Sinne der Daseinsvorsorge sollten sie nicht aufpreispflichtig sein", fordert Montana - zumal es für die Verkehrsbetriebe auch noch günstiger sei, On-Demand-Busse zu betreiben statt reguläre Linienbusse. Doch die Zuschläge haben offenbar auch einen ganz anderen Grund: "Der Beitrag ist notwendig, damit ein Missbrauch auch für Kleinstfahrten verhindert wird", heißt es aus dem Verkehrsministerium.
VCD fordert Reform der On-Demand-Angebote
Im Prinzip seien die On-Demand-Busse eine gute Ergänzung zu bestehenden Angeboten, erklärt Alexander Montana vom VCD. Er fordert aber Nachbesserungen. Damit Reisende ihre Anschlüsse bekommen, sollen die On-Demand-Busse zu festen und verlässlichen Zeiten etwa an Bahnhöfen ankommen und abfahren. Dazwischen sollen Fahrgäste die On-Demand-Busse flexibel buchen können. Montana regt außerdem an, dass gerade zu Tageszeiten, an denen wenig los ist, auch Taxen als On-Demand-Busse fahren könnten.
On-Demand-Shuttles werden in Zukunft noch wichtiger
Weg von großen Bussen und festen Linien, hin zu kleinen Fahrzeugen, die flexibel unterwegs sind: Gerade auf dem Land wird es in Zukunft wohl noch mehr solcher On-Demand-Shuttles geben. In der Schlei-Region soll bald ein millionenschweres Pilotprojekt zum Ausbau des Nahverkehrs starten. Neben Expressbussen auf festen Linien sollen auch On-Demand-Shuttles dazugehören. Und auch Neumünster will sein Angebot Hin&Wech weiter ausbauen. "Wir prüfen jederzeit, wo es möglich ist, den Shuttle auszuweiten", meint Saskia Ullrich. Gut möglich also, dass bald auch samstags kleine On-Demand-Autos fahren statt großer Linienbusse.