Ökosystem Ostsee bedroht: Forscher warnen vor Sauerstoffmangel
Die Nährstoffbelastung in der Ostsee hat zwar abgenommen, doch steigende Wassertemperaturen verhindern, dass sich das Ökosystem erholt. Das zeigt eine neue Studie des Geomar.
Überdüngung und steigende Wassertemperaturen machen der Ostsee zu schaffen. Forschende des Geomar Helmholtz-Zentrums in Kiel haben in einer neuen Studie festgestellt, dass der Sauerstoffmangel in der Ostsee zugenommen hat - und das, obwohl die Nährstoffbelastung gleichzeitig leicht gesunken ist. Die bisherigen Bemühungen reichten nicht aus, um die Auswirkungen der Klimakrise auszugleichen, so die Botschaft der Studie.
Langzeitmessung über 28 Jahre
In der Studie haben die Forschenden die Daten der Geomar Messstation in Boknis Eck genutzt. Bereits seit Ende der 1950er-Jahre werden dort kontinuierlich Messungen für die Meeresforschung durchgeführt. Für den Zeitraum von 1991 bis 2019 haben die Forschenden auf dieser Grundlage jetzt untersucht, wie sich die Umweltbedingungen entwickelt und was diese Veränderungen wiederum für das Leben im Wasser bedeutet haben. Dabei lag ein besonderer Schwerpunkt laut Geomar auf der bakterielle Biomasseproduktion - also auf Bakterien und anderen Mikroorganismen, die organische Nährstoffe abbauen und Sauerstoff verbrauchen.
Tiefere Schichten besonders betroffen
Die Ergebnisse sind laut den Wissenschaftlern eindeutig: Bei höheren Temperaturen steigt die Aktivität der Bakterien, die Sauerstoff verbrauchen. Der Sauerstoffmangel in der Ostsee hat dadurch zugenommen, und das besonders in den tieferen Wasserschichten.
"Wir sehen in den letzten Jahren immer mehr sogenannte Sauerstoffminimumereignisse. Das ist immer dann, wenn der Sauerstoff in den Bodentiefen ganz niedrig wird. Das kann sich dann zum Beispiel in Fischsterben äußern, das wir in Schleswig-Holstein ja immer wieder beobachten." Umweltwissenschaftlerin Dr. Helmke Hepach
Erwärmung macht Erfolge zunichte
Die Daten zeigten zwar auch, dass sich die Phosphor- und Stickstoffeinträge in die Ostsee in den vergangenen Jahren um 18 bis 22 Prozent verringert hätten. Die Einträge seien jedoch immer noch zu hoch, da die kleinen Erfolge bei der Nährstoffreduktion durch die steigenden Wassertemperaturen wieder zerstört würden, erklärt die Umweltwissenschaftlerin Helmke Hepach. Die Forschenden empfehlen deswegen, die Nährstoffeinträge stärker zu reduzieren.
Landwirtschaft gefragt
Während sich in der Abwasserbehandlung schon viel getan habe, sei gerade die Landwirtschaft eine Stellschraube, an der man noch deutlich drehen könne, so Helmke Hepach. Die in dieser Woche geschlossene Zielvereinbarung von Landesregierung und Landwirtschaft, die den landwirtschaftlichen Nährstoffeintrag in die Ostsee verringern soll, sieht die Wissenschaftlerin deswegen auch als Schritt in die richtige Richtung.