Mystery Packs aus dem Automaten: Was hinter dem Trend steckt
In Schleswig-Holstein stehen mehrere Automaten mit Retourenpaketen, genannt Mystery Packs, Mystery Box oder Secret Packs. Was Kundinnen und Kunden beim Kauf beachten sollten.
Mitten im Wald bei Altenhof steht einer der ersten sogenannten Mystery-Pack-Automaten Schleswig-Holsteins. Das Besondere daran: Man kauft dort ein sogenanntes Retourenpaket, weiß aber vorher nicht, was drin ist. Vom Smartphone über Kopfhörer bis hin zu Socken oder Paillettenkleidern ist alles möglich. Groß ist die Hoffnung auf ein gutes Schnäppchen - genau dieser Reiz macht es für viele so spannend.
Automaten sprießen wie Pilze aus dem Boden
Die Pakete, die im Automaten landen, haben oft eine lange Reise hinter sich. Sie wurden einst zurückgeschickt, nie abgeholt oder konnten nicht zugestellt werden - und sind deshalb noch ungeöffnet. Die Idee für die Retourenautomaten fing im Allgäu an. Durch die sozialen Netzwerke entwickelten sich Mystery-Pack-Automaten dann zu einem echten Trend. Mittlerweile gibt es in ganz Deutschland solche Automaten, und seit einigen Wochen auch in Schleswig-Holstein. Viola und Sven-Ole Blunck haben ihren Automaten in Altenhof (Kreis Rendsburg-Eckernförde) vor etwa einem Monat eröffnet.
Für fünf bis acht Euro bekommt man an ihrem Automaten ein Paket. Das Mysteriöse, das man nicht weiß, was man bekommt, das begeistert Viola daran. "Es ist ein bisschen wie Weihnachten." Bislang sind sie mit dem Geschäft zwischen einem Restaurant und einem Hochseilgarten zufrieden, verrät das Paar. "Das Ganze wird gut angenommen, vor allem am Wochenende." Regelmäßig müssen sie die Pakete wieder auffüllen, manchmal sogar jeden zweiten Tag. Social Media trägt zusätzlich zur Popularität bei.
Pakete werden vorher nicht geöffnet
Die beiden kaufen die Pakete von Zwischenhändlern ab. Diese wiederum bekommen die Retouren in großen Mengen von verschiedenen Logistikunternehmen - meist sind das Amazon, DHL oder Hermes. Die Pakete bleiben so, wie sie ursprünglich waren, beteuern Sven-Ole und Viola. Das heißt, dass sie vorher "ganz sicher nicht in die Pakete reinschauen" - dafür sei der Aufwand auch viel zu groß, so die beiden. Auch den Datenschutz müssen sie beachten. Sie erzählen, dass sie die Pakete meist mit komplett geschwärzter Adresse der ursprünglichen Käufer erhalten. Anderenfalls machen sie es einfach selbst, zum Beispiel mit einem schwarzen Stift.
Was, wenn einem der Inhalt nicht gefällt?
Für viele Kundinnen und Kunden liegt der Reiz also im Überraschungseffekt - vielleicht ist ja etwas Brauchbares drin. Aber was, wenn einem der Inhalt doch nicht gefällt? Anders als beim Onlinehandel ist zurückgeben oder umtauschen nicht möglich, verrät Katrin Reinhardt von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. Das Widerrufsrecht gelte bei stationären Automaten nicht. "Da muss man sich mit dem abfinden, was man bekommt" - oder auf die Kulanz der Betreiber hoffen, so Reinhardt.
Aber sie betont: "Wenn man in einem Mystery Pack ein defektes Produkt hat, dann gelten die ganz normalen Gewährleistungsrechte." Das heißt, die Automatenbetreiber müssen bei Reklamation eine Reparatur oder einen Ersatz für das Produkt anbieten. "Der Anbieter des Automaten sollte deutlich dran stehen, damit man weiß, wen man kontaktieren muss." So erkenne man seriöse Anbieter, erklärt Reinhardt.
Eine zweite Chance für Retourenpakete
Auch Viola und Sven-Ole Blunck haben ihre Kontaktdaten am Automaten befestigt: Denn manchmal bleibt ein Paket hängen oder der Automat meckert. Die beiden betreiben den Automaten im Alleingang. Für sie ist es ein spannendes Projekt. "Es ist harte Arbeit, aber es macht Spaß", verrät Sven-Ole. Viola war zunächst etwas skeptisch, aber: "Wir fanden den Gedanken der Nachhaltigkeit schön" - also Dingen, die sonst entsorgt werden würden, eine neue Chance zu geben.
Mystery-Pack-Automaten: Tatsächlich nachhaltig?
Wie nachhaltig der ganze Prozess rund um die Mystery-Pack-Automaten in Wirklichkeit ist, bleibt jedoch fraglich. Der Grundgedanke, Retouren wieder in den Handel zu bringen, sei grundsätzlich gut, so Steffen Kroschwald vom Institut für Verbraucherforschung und nachhaltigen Konsum der Hochschule Pforzheim. Er bezweifelt jedoch den echten nachhaltigen Nutzen des Trends.
Ob Käuferinnen und Käufer der Mystery Packs die Produkte tatsächlich benötigen oder verwenden können, hänge letztlich vom Zufall ab. "Auch wenn mitunter mal ein Treffer vorkommt", Kroschwald vermutet, dass ein erheblicher Teil der Produkte doch ungenutzt bleibe oder im Müll lande. Nachhaltiger sei es deshalb, den "Ressourcenverbrauch an sich zu reduzieren" - also nur das zu kaufen, was man wirklich braucht.
Keine Altersbeschränkung für Mystery-Pack-Automaten
In der Regel haben die Mystery-Pack-Automaten keine Altersbeschränkung. Um sicherzugehen, dass sich keine gefährlichen Inhalte in den Paketen befinden, befühlen sie nochmal jedes Paket einzeln, wenn sie den Automaten befüllen. Und: Von den Händlern würden sie nur jugendfreie Inhalte bekommen, versichert Viola.
Manfred Patzer-Bönig von der Landesstelle für Suchtfragen Schleswig-Holstein sieht den freien Zugang für Kinder und Jugendliche dennoch etwas problematisch. Er bezweifelt, dass immer gewährleistet werden könne, ob die Inhalte der Pakete jugendfrei und ungefährlich seien. Der Suchtexperte fordert deshalb eine allgemeine Altersgrenze für die Automaten, ähnlich wie an Zigarettenautomaten.
Er sieht für junge Menschen durchaus Risiken durch die glücksspielähnlichen Mechanismen der Automaten - Kinder und Jugendliche seien dafür anfällig. Vor allem Social Media verstärke das noch: "Die Faszination ist, wenn sie auf Instagram oder TikTok sehen, dass da jemand ein iPhone auspackt. Das ist sehr kritisch", sagt Patzer-Bönig. Und vor allem bei Automaten, bei denen die Pakete bis zu 20 Euro und mehr kosten, sei das Geld schnell weg.
"Das Feedback der Leute ist toll"
Für Sven-Ole und Viola steht dennoch der Spaß im Vordergrund. Die Resonanz von den Kundinnen und Kunden in Altenhof ist positiv. "Die meisten haben ihre Freude daran. Die Leute finden es toll, dass so etwas angeboten wird", sagt Sven-Ole. Der Überraschungseffekt wecke jedenfalls die Neugier.
Dennoch ist Viola und Sven-Ole Blunck eines wichtig: "Man muss sich drauf einlassen und darf keine zu hohen Erwartungen haben." Nicht jeder gewinne hier ein Smartphone, das müsse klar sein. "Und vielleicht kann man trotzdem mit einem Geschenk für den Opa nach Hause gehen", sagt Viola. Wie die kommenden Wochen laufen werden, wenn das Wetter schlechter wird, bleibe spannend, so die beiden. Sie bleiben aber optimistisch, dass der Trend weiter anhält.
Mystery-Pack-Automaten: Was sollte man alles beachten?