Mit Roboter Greta gegen den Fachkräftemangel in der Pflege
In Kaufhäusern oder in der Gastronomie unterstützen Roboter bereits im Alltag. Ein Lübecker Pflegeheim setzt nun auch einen Roboter ein. Er soll entlasten und dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
Ein menschlich aussehender Roboter mit großen Augen und einem Tablet auf der Brust begrüßt zehn Senioren in einem Stuhlkreis: "Guten Morgen, ich begrüße Sie zu unserer heutigen Gruppenstunde", spricht er mit etwas blecherner Stimme. "Schön, dass es heute nicht so warm ist - wie die anderen Tage. Wir wollen zusammen singen, rätseln und auch Bewegungsübungen machen." Greta heißt der Roboter. Gretas Job: die Senioren fit halten und die Pflegekräfte entlasten. Pflegerische Aufgaben wie waschen, wickeln oder umlagern übernimmt der Roboter aber nicht. Dafür spielt er zum Beispiel Musik und schwingt dabei im Takt die Arme und die Hüfte. Zu Beginn der Stunde singt die Gruppe "An der Nordseeküste". Betreuungskraft Jutta Tandler ist die ganze Zeit dabei und bedient Greta.
Roboter macht mehr Arbeit als er entlastet
"Man sieht es zum Beispiel bei den Bewegungsübungen: Wenn ich sie nicht selber vormachen muss, habe ich natürlich Zeit dem Bewohner zu helfen. Ich kann mal einen Senioren mitnehmen, der vielleicht nicht so gerne in eine Gruppe geht, weil man mehr Zeit für ihn hat", erklärt Tandler. In der Praxis bleibt dazu aber oft wenig Zeit, weil manchmal die Technik streikt, die Software des Roboters abstürzt oder weil Tandler Greta zwischendurch immer wieder bedienen muss. Sie startet verschiedene Apps auf dem Tablet, wählt Musiktitel und Rätsel aus. "Das Ziel ist, dass wir das mal mit einer Fernbedienung oder dem Handy steuern können. Daran arbeiten wir gerade." Begleitet wird das Projekt von Forschern der Fachhochschule Kiel. Sie passen die Programmierung des Roboters immer wieder den Wünschen der Pflegekräfte an. So soll Greta ihren Job immer besser lernen. Insgesamt sind in Schleswig-Holstein zwei Roboter in Pflegeheimen im Einsatz. Greta in Lübeck und ein weiterer Roboter in einem Heim in Rendsburg.
Greta soll Bewohner motivieren
"Was geht um die ganze Welt, bleibt aber in einer Ecke?" fragt Greta in die Runde und schaut dabei einem Senioren nach dem anderen direkt in die Augen. Tandler tippt auf das Tablet und Greta sagt die Lösung: "Die Briefmarke." Der Roboter soll die Bewohner motivieren und ihre geistigen Fähigkeiten erhalten, erklärt Prof. Dr. Katharina Scheel von der Fachhochschule Kiel. Sie ist Professorin für Physiotherapie und hat die Software des Roboters mitentwickelt. "Auch das Modell selbst, also der Körper von Greta, ist bewusst gewählt - mit diesen großen Augen, mit diesem Kopf, einer entsprechenden Größe. Man hat festgestellt, dass das die Senioren dauerhaft motivieren kann."
Roboter für Seniorin "etwas ganz Besonderes"
Am Ende der Stunde sind Bewegungsübungen dran: Zähneputzen. "Du schaffst das", motiviert Greta eine Bewohnerin. Die Senioren sind von dem Roboter begeistert. "Ich freue mich auch, dass wir den haben und was unternehmen können, vor allen Dingen Singen", erzählt eine. "Ich bin ja schon über 90 und da ist nicht viel Abwechslung mehr. Da ist Greta etwas ganz Besonderes", schwärmt eine weitere ältere Dame. "Die lassen sich hier immer tolle Sachen einfallen. Ja, der gehört jetzt mit dazu", meint ihr Sitznachbar.
20.000 Euro für die Zukunft
Langfristig soll Greta auch Fachkräfte anlocken. "Man ist das im privaten Umfeld komplett gewöhnt, sich mit digitalen Medien auseinanderzusetzen und im Berufsalltag sind das auch Instrumente, die schon da sind und noch kommen werden und die künftig auch gefordert werden von Mitarbeitenden", meint Doreen Boniakowski von der Diakonie Nord Nordost, die das Pflegeheim betreibt. 20.000 Euro kostet die Anschaffung von Greta. In zwei Jahren endet die Pilotphase. Dann entscheidet sich, ob das Projekt Zukunft hat. Jutta Tandler jedenfalls ist von Greta überzeugt.