Mehr Unfälle mit Senioren: So steuern Fahrschulen gegen
Die Zahl der Unfälle mit Autofahrern ab 65 Jahren ist gestiegen. Eine Fahrschule in Ahrensburg zeigt, wie sich Senioren wieder fit fürs Autofahren machen lassen können.
Hochkonzentriert steuert Frank Tetzlaff seinen schwarzen Volvo durch die Straßen von Ahrensburg. "Oh ja, das mit dem Schulterblick, das hätte ich jetzt tatsächlich besser machen können“, wundert er sich und blickt noch einmal in den Rückspiegel. Der 82-Jährige absolviert heute den "Fahrfitnesscheck" für ältere Verkehrsteilnehmer. Neben ihm: seine Fahrlehrerin Tina Behrend. Sie hat alles, was Herr Tetzlaff heute im Auto macht, genau im Blick.
"Ich bietet dieses Training seit 10 Jahren an. Meine 'Schüler' fahren 45 Minuten mit mir und ihrem eigenen Auto durch die Gegend und ich habe ein Auge auf das, was sie tun." Während der Fahrt unterhalten sich beide. So kann Tina Behrend sehen, ob der Fahrer sich währenddessen vielleicht ablenken lässt oder sich gut konzentrieren kann. Eingreifen kann sie nicht. Denn Doppelpedale vor dem Beifahrersitz, wie bei einem Fahrschulauto, gibt es nicht. Während der Fahrt macht sie dann auch darauf aufmerksam, wenn sie etwas beobachtet, was in dem Moment nicht so gut geklappt hat. So wie der leicht verbesserbare Schulterblick von Herrn Tetzlaff.
Die Zahl der Unfälle ist gestiegen
Und dass es bei den Senioren nicht immer so gut klappt, das zeigt auch der Verkehrssicherheitsbericht der Polizei Schleswig-Holstein. So hat es in der Altersgruppe der ab 65-Jährigen einen Anstieg bei den Verkehrsunfallbeteiligungen gegeben: Die Zahl der Verkehrsunfälle dieser Autofahrer ist von 5.044 (im Jahr 2022) auf 5.439 (im Jahr 2023) gestiegen. Das sind fast 8 Prozent mehr.
Eine bislang gute Fahrthistorie
Frank Tetzlaff ist schon lange auf den Straßen unterwegs: 1960 hat er seinen Führerschein gemacht. "Direkt beim ersten Versuch bestanden", lacht der Mann, dem man sein Alter nicht anmerkt. Unfälle habe er auch schon gehabt. "Zwei Kleinere“, wie er schmunzelnd sagt. Zwei Unfälle in 64 Jahren: "Ein gute Bilanz“, finden Herr Tetzlaff und seine Fahrlehrerin.
Und damit die auch so bleibt, besucht Herr Tetzlaff bereits zum zweiten Mal den Kurs von Tina Behrend.
"Ich mache das freiwillig. Obwohl ich mich bisher beim Fahren nicht unsicher fühle. Aber so ein Auto muss ja auch alle zwei Jahre zum TÜV. Warum sollte man das als Fahrer nicht auch tun." Frank Tetzlaff, Fahrschüler
Außerdem, so erklärt er, fände er es wichtig, wenn auf seine eigene Einschätzung nochmal jemand "geschult-objektives" drüberschaut. So wie eben Tina Behrend.
"Manche Fahrer brauchen Alternativen"
Und die heißt diese Eigeninitiative mehr als gut. "Im Alter klappt es oft mit der Beweglichkeit nicht mehr so gut. Auch das Halten der Fahrspur funktioniert bei einigen nicht mehr zuverlässig. Das kann man trainieren.“ Wer etwa seinen Kopf für den Schulterblick nicht mehr so gut drehen könne, der könne etwa seinen ganzen Körper mitdrehen. "Man kann andere Bewegungsabläufe üben und in den Fahralltag einbauen“, erklärt sie.
Wenn es nicht mehr anders geht, sollte Schluss sein
Aber, betont sie, auch das habe natürlich seine Grenzen. Wer zum Beispiel starke Arthrose in den Fingern hat und das Lenkrad nicht mehr umfassen kann oder ein eingeschränktes Gesichtsfeld hat, für den sei das eigenständige Autofahren dann wohl vorbei. 40-45 Senioren machen pro Jahr den Fahrfitnesscheck bei ihr. Diese Zahl habe sich in den vergangenen 10 Jahren auch nicht wirklich verändert, sagt sie. Wohl aber das Alter der Teilnehmer. Tina Behrend hat auch schon 92-Jährige neben sich gehabt.
Eine Idee für den Umgang mit Älteren im Auto
Doch, wie sollte der Gesetzgeber mit Senioren am Steuer umgehen? Verpflichtende Gesundheitstests ab einem bestimmten Alter? Führerschein weg, ab einem bestimmten Alter? "Nein“, sagt das Bundesverkehrsministerium. Staatliche Vorgaben, etwa die Verpflichtung zu einer regelmäßigen Prüfung der Fahrtauglichkeit, gibt es nicht und es gebe "für solche Maßnahmen auch keinen Grund“. Auch Tina Behrend, die im Fahrlehrerverband Schleswig-Holstein tätig ist, hat eine klare Haltung.
"Was eine gute Möglichkeit wäre, wäre, dass sich Autofahrer alle fünf Jahre einem Gesundheitscheck unterziehen. So wie Fahrerlehrer, Busfahrer oder auch LKW-Fahrer. Die müssen das ab dem 50. Lebensjahr tun." Tina Behrend, Fahrlehrerverband Schleswig-Holstein
Überschaubare Kosten für die Sicherheit
Herr Tetzlaff hat nun noch die letzten Minuten und Meter vor sich, um sich selbst und seine Begleiterin wieder sicher abzusetzen. Doch da gibt es plötzliche Komplikationen: Die Straße ist gesperrt, eine Umleitung ausgeschildert; ein leicht unübersichtlicher Schilderwald öffnet sich vor Herr Tetzlaffs Augen. "Ach, das ist für mich gar nicht so das Problem. Viel mehr ist es irritierend, dass ein Reporterteam in meinem Auto sitzt“, lacht er. Das Training kostet für ADAC-Mitglieder 75 Euro. 95 Euro wenn man kein Mitglied ist.
Das Fazit: durchweg positiv
Gekonnt parkt Herr Tetzlaff nach der Fahrt sein Gefährt vor der Fahrschule ein und bekommt das Feedback von Tina Behrend. "Ich kann hier bei allen Punkten der Checkliste meinen Haken setzen. Sie haben "stets“ die Lichtzeichen und Stoppschilder beachtet. Haben "stets“ den Abstand zum Vordermann und zur Seite gehalten und beim Abbiegen keine Kurven geschnitten“, resümiert sie.
Frank Tetzlaff geht so aus seiner Auffrischungsfahrt raus, wie er reingegangen ist: Positiv gestimmt. "Ich fühl mich gut, das lief doch prima“, meint er. Und: er wird wiederkommen. Im Sommer will er bei einem Theorieseminar mitmachen; sicher ist sicher.