Kreis Pinneberg: Streit um Senkung der Kreisumlage

Stand: 04.05.2023 08:32 Uhr

Es ist eine ungewöhnliche Aktion: Alle 49 Städte, Ämter und Gemeinden im Kreis Pinneberg haben sich zusammengetan und gehen gegen die Kreispolitik vor. Denn: Sie wollen künftig weniger Geld an den Kreis zahlen.

von Katharina van der Beek

Sieben Bürgermeisterinnen und Bürgermeister unter anderem aus Schenefeld, Elmshorn, Quickborn, Rellingen und Tornesch haben dazu stellvertretend für alle Gemeinden eine Resolution unterzeichnet. Die Forderung: eine Senkung der sogenannten Kreisumlage. Denn die Frustration vieler Bürgermeister ist groß. Jahr für Jahr zahlen die Kommunen durch die Kreisumlage Geld an den Kreis. Dieser soll dadurch Aufgaben wie die Abfallentsorgung, Sozialhilfe oder auch kreiseigene Schulen finanzieren können. Die Kritik der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aber: Der Kreis baue sich durch die Umlage immer weiter Rücklagen auf, während es in vielen Kommunen an Geld fehlt.

Überschüsse beim Kreis sorgen für Ärger

"Der Kreis hat in den vergangenen Jahren immer Überschüsse erwirtschaftet, aber sie nicht gleichermaßen ausgekehrt", erklärt Torneschs Bürgermeisterin Sabine Kählert (parteilos). "Darüber sind wir verärgert." Allein im vergangenen Jahr hat der Kreis durch die Umlage rund 150 Millionen Euro eingenommen. Ginge es nach den Städten, Ämtern und Gemeinden würde die Kreisumlage um zwei Prozent gesenkt. Tornesch, wo es jetzt schon ein Haushaltsdefizit von rund 6,5 Millionen Euro gibt, hätte dann, rechnet Kählert, etwa 440.000 Euro mehr zu Verfügung - genug, um eine 6-gruppige Kindertagesstätte ein Jahr lang zu unterhalten. "Wir haben bestimmte Maßnahmen zurückgestellt und uns auf das Wichtigste beschränkt. Wir würden sehr gerne bei der Mobilitätswende mehr tun können, wir möchten Schulplätze und Kitaplätze schaffen."

Auch in Rellingen fordert Bürgermeister Marc Trampe (parteilos), dass mehr Geld in seiner Gemeinde bleibt. Zehn Millionen Euro zahle die Gemeinde aktuell an Kreisumlage. Dabei könne das Geld gut in eine neue Grundschule und eine Sporthalle investiert werden, aktuell geht das nur, wenn sich die Gemeinde Geld leiht. "Jeden Euro, den wir nicht an den Kreis zahlen müssen, müssen wir auch weniger Kredite aufnehmen. Deswegen ist das für uns eine ganz einfache Rechnung: möglichst geringe Kreisumlage und das Geld dann vor Ort investieren."

Kreistag offen für Gespräche

Kurz vor der Kommunalwahl fordern die Gemeinden also, dass sich die Fraktionen im Kreistag positionieren und eine Zusage zur Senkung der Kreisumlage geben. Die Resolution wurde am Mittwochabend im Kreistag zur Kenntnis genommen. Über einen Antrag zur Senkung, den die AfD und die Kreiswählergemeinschaft Pinneberg eingereicht hatten, wurde allerdings nicht abgestimmt. Laut der Hauptausschussvorsitzenden Heike Beukelmann wurde dieser kurzfristig von der Tagesordnung gestrichen. Eine Umsetzung so kurz vor der Wahl sei nicht möglich, so Beukelmann. Zunächst müsse es Anhörungen der Kommunen zu ihrer finanziellen Situation geben. Inhaltlich sei sie offen für eine Senkung der Umlage, so die CDU-Fraktionsvorsitzende im Kreis, aber erst zum Nachtragshaushalt in der kommenden Legislaturperiode: "Bei jedem Haushalt wird geguckt: können wir die Kreisumlage senken? Und wie sieht das aus, das Verhältnis zu den Kommunen? Also es wird auf jeden Fall Thema sein."

Kreisumlagen in den vergangenen Jahren gesunken

In den vergangenen Jahren ist die Kreisumlage bereits mehrfach gesenkt worden - im Kreis Pinneberg um sieben Prozent. Aber auch in vielen anderen Kreisen in Schleswig-Holstein wurde sie gesenkt. Laut Reinhard Sager (CDU), dem Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages und Landrat in Ostholstein, habe sich durch erhöhte Steuereinnahmen die finanzielle Lage vielerorts verbessert. "Und dieser neue Spielraum ist auch genutzt worden, um immer wieder die Kreisumlage in den Gemeinden und Städten zu senken", so der Landrat. Größeren Streit um die Kreisumlage sei ihm aus anderen Kreisen auch nicht bekannt. "Da es ums Geld geht, ist das mitunter eine konfliktträchtige Angelegenheit", meint er. Ein Streitthema sei es aber selten.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 04.05.2023 | 08:30 Uhr

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