Krankenhäuser im Minus: Itzehoes Klinik-Chef hofft auf Reform
Der Direktor des Klinikum Itzehoe, Bernhard Ziegler, rechnet mit Verlusten in Millionenhöhe - wie viele seiner Kollegen. Er erklärt diese mit dem System der Krankenhaus-Finanzierung - und setzt auf Veränderungen.
Mit seinen 2.300 Mitarbeiter zählt das Klinikum Itzehoe zu den größeren Krankenhäusern in Schleswig-Holstein. 2021 musste Klinikdirektor Bernhard Ziegler bereits einen Verlust von 1,8 Millionen Euro bilanzieren - vor allem Corona-bedingt. Jetzt erwartet er für dieses Jahr einen Verlust von vier Millionen Euro. Das liege seinen Angaben zufolge an den hohen Energiekosten und der Inflation. Zudem seien Medikamente teurer geworden.
Wesentlich höher fallen die Defizite beim Universitätsklinikum Schleswig-Holstein mit Standorten in Kiel und Lübeck aus: 122 Millionen Euro waren es 2022, 96 Millionen Euro werden es laut einer Prognose aus dem Dezember in diesem Jahr. 25 Millionen Euro fehlen demnach den Imland Kliniken in Rendsburg und Eckernförde im laufenden Jahr. Auch das Westküstenklinikum in Heide blickt mit Sorge auf dieses Geschäftsjahr und erwartet ein Defizit von sieben Millionen Euro. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnt vor einer Pleitewelle. Sie sieht in diesem Jahr 10 bis 20 Prozent der Krankenhäuser gefährdet.
Kliniken können höhere Kosten nicht weitergeben
Zwei Kliniken in Schleswig-Holstein traf es bereits: Die Diako in Flensburg und die Imland Kliniken in Rendsburg und Eckernförde. "Das sind nicht irgendwelche Kliniken, sondern große leistungsfähige Krankenhäuser. Das spricht doch Bände", meint Bernhard Ziegler und wird deutlich: "Der Bund muss etwas machen. So wird es nicht weiter gehen können." Der Itzehoer Klinikchef und seine Kollegen in Lübeck, Kiel, Heide oder Flensburg können die höheren Kosten aber nicht an die Patienten oder Krankenkassen weitergeben. "Wir haben auf der Ertragsseite festgeschriebene Preise, die Fallpauschalen. Diese Schere kann man nicht mehr zusammenbringen, das ist nicht lösbar." Kliniken finanzieren den laufenden Betrieb aus Zahlungen der Krankenkassen - vor allem über diese Fallpauschalen: Dabei werden Fälle mit gleichen Hauptdiagnosen, Behandlungen und Operationen zu Gruppen zusammengefasst, für die es jeweils die gleiche Summe gibt.
Hoffen auf die Gesundheitsreform
Klinikdirektor Ziegler hofft auf die angekündigte Reform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Nur die könne die desaströse Situation der Krankenhäuser retten. Die Frage ist nur, wann sie kommt und wie sie ausgestaltet wird. Fünf Jahre werde es dauern, sagt Lauterbach, bis die Reform das Gesundheitswesen neu strukturiert hat. Sein Plan sieht vor, dass die Häuser nur noch zu 40 bis 60 Prozent von den Fallpauschalen nach Behandlungen leben. Das würde den Druck von den Krankenhäusern nehmen, möglichst jede Behandlung und Operation anzubieten. Der Rest der Kosten soll über Vorhaltepauschalen gedeckt werden. Heißt: Die Kliniken bekommen Geld dafür, dass sie einfach nur da sind. Das Bereithalten von Ärzten, Chirurgen und Assistenten und moderner Technik soll vergütet werden. "Wir bezahlen die Feuerwehr ja auch nicht nur dann, wenn es brennt", so Ziegler.
Ein weiterer Teil der Reform: Lauterbach will die Krankenhäuser in drei Versorgungsstufen aufteilen: Kleine Häuser für die Grundversorgung, spezialisierte Häuser für bestimmten Behandlungen und die Alleskönner Unikliniken. So werde der Weg zum passenden Krankenhaus eventuell länger, aber die Behandlung werde besser. Mehr Medizin, weniger Ökonomie, verspricht der Minister. "Das halte ich vom Ansatz her für vollkommen richtig", stimmt Ziegler den Plänen zu. Schleswig-Holstein hätte sich bereits auch in diesem Sinne der Dreiteilung aufgestellt.
Zweckverband fängt die Verluste in Itzehoe auf
Bernhard Ziegler wähnt sich im Gegensatz seiner Kollegen in einer komfortablen Situation: Das Klinikum Itzehoe ist in einem Zweckverband organisiert. Träger des Hauses sind die Stadt Itzehoe und der Kreis Steinburg. Das bedeutet für die Klinik: Die Verluste trägt der Kreis und damit der Steuerzahler. "Ich sage eines ganz grundsätzlich: Hier in Itzehoe sind wir mit unserer Rechtsform Zweckverband, die nicht insolvenzfähig ist, auf der sicheren Seite." Er glaube nicht, dass seine Klinik auch in den nächsten Jahren weitere Verluste anhäufen wird. "Wir werden nicht strukturell defizitär werden", hofft er. "Wir sind von unserer Gesamtkonfiguration her, was Größe und Kostenbewusstsein angeht, sehr gut aufgestellt. Ein Haus unserer Größenordnung, wenn das defizitär wird, dann ist der Rest der Krankenhäuser schon untergegangen", so Ziegler weiter.
Steuerzahlerbund fordert wirtschaftliches Handeln
Doch ein Zweckverband ist kein Freifahrtschein. "Auch für eine Klinik in dieser Konstellation gibt es die Verpflichtung, sich ökonomischen Zwängen zu beugen und wirtschaftlich zu handeln", sagt Aloys Altmann, Präsident vom Bund der Steuerzahler Schleswig Holstein. Bei einem Zweckverband habe der Kreistag das letzte Wort über das Geld. Der Zweckverband müsse das Geld beim Kreis beantragen, darüber entscheide die Politik.
Dass ein Kreistag auch mal entscheiden könne, sein Klinikum nicht weiter zu unterstützen, zeige der Fall der Imland-Kliniken. Auch wenn die als gemeinnützige GmbH organisiert seien, seien die Prinzipien letztlich die gleichen. "Hier hat sich der Kreis geweigert, weiterhin Gelder zur Verfügung zu stellen." Außerdem sind die Häuser verpflichtet, sich in puncto Wirtschaftlichkeit überprüfen zu lassen. Es gebe zu viele Kliniken, die nicht kostendeckend arbeiten können. "Es darf gar nicht erst der Eindruck aufkommen, dass Steuergelder unendlich zur Verfügung stehen", macht Altmann deutlich. Deshalb fordert auch der Bund der Steuerzahler eine Krankenhausreform "um die Krankenhauslandschaft auf solide Füße zu stellen". Und bis die Reform in Kraft tritt, müssten die Häuser überprüft und verbessert werden.