Kolumne: Von Dating, Liebe und anderen Schwierigkeiten
Schmetterlinge im Bauch, Herzchen in den Augen - laut einer Studie verlieben sich die meisten im August. Ohne rosarote Brille betrachtet findet unsere Kolumnistin aber, dass mit der Liebe derzeit ziemlicher Missbrauch betrieben wird.
Laue Sommerabende, Sternschnuppennächte, barfuß durch den Sand - hinter uns liegt ein Monat der romantischen Extraklasse, ein Monat zum Verlieben. Eine Studie des Instituts Allensbach hatte schon vor längerem ergeben, dass sich die meisten Deutschen im August verlieben. Wir können also davon ausgehen, dass dieser Tage mehr Mitmenschen als sonst liebestoll durch die Welt taumeln, die Gehirne vom Hormoncocktail geflutet, die Stimmung euphorisch. Ich will das nicht schlecht reden, ich persönlich finde Verliebtsein auch einen der schönsten Daseinszustände, den es gibt. Mir fällt nur auf, dass in unserer Parallelwelt Internet, in der wir alle (fast alle) so viel Zeit verbringen, aktuell ziemlich spezielle Ideen zum Thema Liebe kursieren, auch ziemlich gefährliche.
Verführung
Fakt ist: Ganze 24 Prozent der Umfrage-Teilnehmenden einer Statista-Umfrage für Deutschland im Jahr 2022 gaben an, ihre Partnerinnen oder Partner über das Internet oder eine Dating-App gefunden zu haben. Bei den Online-Dating-Anbietern belegt dabei Tinder den Spitzenplatz. Die App, bei der man mithilfe seines Daumens aus einem schier endlosen Katalog potenzieller (Geschlechts-)Partner wählen kann. Die jeweilige Eigenwerbung der Willigen: "Aussagekräftige" Fotos, kurze biografische Stichpunkte, witzige Sprüche als vermeintliche Essenz der Persönlichkeit. So ungefähr sieht der Prozess des 'sich kennenlernens' für sehr viele im Jahre 2023 aus. Ein Beispiel menschlicher Effizienz in seiner Reinform. Die Balz des Homo Sapiens, der Paarungstanz der "Krone der Schöpfung": heruntergebrochen aufs Mindeste.
Verblendung
Und da kommt auch schon das erste Problem ins Spiel. Denn innerhalb dieser Auswahl, die man wie Karten in der Hand hält, gibt es viele, die wollen sich gar nicht verlieben, die wollen nur Geld. Und die Verschleierungstaktiken, mit denen sich Trickbetrüger Online ihre Opfer suchen und diese verführen sind noch weitaus ausgefuchster als es jeder Paradiesvogel in seiner exzentrischen Balz könnte. Das wohl berühmteste Beispiel, der "Tinder Schwindler" Simon Leviev. Der blendete seine Online-Eroberungen so sehr mit seinem angeblichem Reichtum und Interesse, dass sie ihm teils alles gaben, was sie besaßen, und mehr. Und auch bei uns im Norden kommt es immer häufiger zu Betrug mit vorgetäuschter Liebe, dem "Love oder Romance-Scamming".
Verdammnis
Liebe ist halt am Ende des Tages auch einfach ein gutes Geschäft. Warum? Weil sie nicht einfach zu finden ist. Wenn es nicht so viel von etwas gibt, möchten viele Leute es haben. Merkt man auch daran, dass der "Pick-Up-Artist" Trend gerade wieder einen Aufschwung erlebt: Männer, die mit manipulativen Tricks, die sie oft in Online-Kursen gelernt haben, versuchen Frauen herumzukriegen. Selbst ernannte "Dating Coaches" tummeln sich in den Sozialen Medien. Der Wunsch nach Verliebtheit ist groß - nicht nur im August. Dabei nimmt die Zahl der Single-Haushalte immer weiter zu, während die Mehr-Personen-Haushalte in Deutschland kontinuierlich weniger werden. Spitzenreiter mit den meisten Single-Haushalten in Schleswig-Holstein ist laut einer aktuellen GfK-Studie Flensburg. Die Hälfte aller Flensburger lebt in einem Single-Haushalt.
Vergebung
Wenn es also im Dschungel des Internets einerseits so leicht ist, sich feilzubieten, andererseits aber auch, ausgenutzt zu werden, könnte eine Lösung das echte Leben sein. Über gemeinsame Freunde lernten die meisten, also rund 28 Prozent der Statista-Befragten ihre Partner kennen und Disco, Bar oder Party - sind laut der Studie mit etwa 16 Prozent der dritthäufigste Ort des Kennenlernens. Und wie sorgt man dann dafür, dass aus der Flamme Liebe wird? Vielleicht ja mit der "Push and Pull"-Strategie. Diese ist laut Online-"Experten" angeblich die ultimative Verführungsmethode für Männer. Das vermeintliche Geheimrezept: ein Wechselspiel aus Desinteresse und Interesse. Zitat: "Versuche immer eine Balance zwischen "Push" und "Pull" zu finden. Zu viel "Pull" und du vermittelst ihr den Eindruck, dass du ein viel zu leichtes Spiel für sie bist. Zu viel "Push" und sie wird denken, dass du kein Interesse an ihr hast." Was das bei Ihnen verursacht, liebe Lesende, ob Schmetterlinge oder Schmerzen im Bauch, lasse ich mal so stehen.